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Schöne Bescherung
oder:
Irgendwann mitten in der Nacht steht plötzlich die hübsche Bonde von Tic Tac Toe an meinem Bett und gröhlt mir ins Ohr: "Ich find dich Sch...". Nachdem ich Ihr erklärt habe, daß ich nicht Scheiße heiße und Sie gefälligst das Radio ausmachen soll, fällt mir ein, daß heute der 23. Dezember ist und ich noch ganz dringend die Weihnachtsgeschenke kaufen muß. Also Kaffeemaschine einschalten und schnell ab zum Bäcker um die Ecke. Nun ja, um die Ecke komme ich noch, allerdings stark schlingernd und mit den Armen wedelnd. Jetzt hat es auch mein Allerwertester begriffen: Glatteis! Glatteis?? Mist, morgen wollen wir uns doch auf dem Johanniskreuz treffen!
Am nächsten Morgen sind immer noch nicht alle Weihnachtgeschenke eingekauft und die KTM ist nicht nur von 1 cm Eis bedeckt, sondern auch noch eingeschneit. Also ab in die Dose und den Straßenzustandsbericht erfahren. Gegen 11 Uhr stehe ich dann bewaffnet mit Handfeger, Eiskratzer und Föhn vor dem Bock um Ihn zum Anspringen zu überreden: Schnee abfegen, Sitzbank und Armaturen vom Eis befreien und mit dem Föhn etwas Vergaserheizung spielen. Dann wollen wir mal: Tritt, tritt und ... läuft! Ich kann es fast nicht fassen: Meine Hoffnung, daß die KTM bei diesem Sauwetter nicht anspringt, ist dahin. Na denn, rein in die Thermoklamotten, tanken und ab durch die Mitte, padon, den Schnee!
Bereits innerorts beginnt das Chaos, die Straße bergauf Richtung Johanniskreuz besteht scheinbar nur aus aufgewühltem Schneematsch. Sämtliche Dosen, die wegen des entgegenkommenden Müllwagens halten müssen, kommen nicht mehr von der Stelle. Das ist meine Change: Gang rein und dann mit vollem Drift den Berg hoch! Ha jetzt wissen die Dosentreiber wie das ist, wenn ein armer Moppedfahrer mit Schneematsch beworfen wird! Am Ortsausgang bessert sich die Situation, in der scharfen Linkskurve ist gut gestreut. Anschließend läuft es wie geschmiert oder sollte ich sagen: läuft alles glatt!? Mit Spikesreifen auf der KTM läßt es sich auch bei geschlossener Eisdecke auf der Fahrbahn gut fahren.
Während ich mit 20-40 km/h den Berg hinauf krieche wünsche ich mir, daß ich wirklich Spikes hätte. Zum Glück liegt wenigstens bergauf in vielen Kurven ein wenig Streusand. Also vor jeder Kurve vorsichtig Gas wegnehmen und laaangsam im 2. Gang um die Ecke fahren. Ich komme immer mehr in Übung, lasse beim aus der Kurve beschleunigen auch mal das Hinterrad durchdrehen und fahre Rekordgeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h auf langen Geraden. Es ist schon ein tolles Gefühl mit einem vibrierenden Eintopf einsam durch den verschneiten Winterwald zu kriechen und zu spühren wie die Kälte in Finger und Füße kriecht. Zum Glück sorgen gelegentliche Adrenalinschocks bei Slides und Seitenwind rasch für eine Erwärmúng derselben.
Einige Zeit und zwei Anrufe später beschließen wir, daß alle anderen Moppedfahrer Weicher sind und Waldi kommt nur aufgrund des gereichten warmen Kaffees knapp an dem Titel Dosenfahrendes Weichei vorbei. Immerhin ist er wenigstens aufgetaucht, alle anderen sind nicht mal mit der Dose erschienen! He Dominik, heute hättest Du dir Deinen Titel Hardendurist verdienen können!
Es ist immer wieder ein Vergnügen die wärmende Wirkung des Endurofahrens zu erleben, vor allem wenn beim Antreten der Killschalter auf OFF steht. Gut erwärmt machen ich mich auf den Heimweg. Wieder 16 km eisbedeckte Fahrbahn, diesmal allerdings bergab und ohne Streusand in den Kurven. Unterwegs kommen mir noch zwei freundlich grüsende Gespanne entgegen, immerhin sind es dann 5 Moppeds die an diesem Tag auf Johanniskreuz waren. Während mir auf den relativ freien Straßen Richtung Worms die Kälte in Finger und Füße kriecht, freue ich mich schon auf ein wärmendes Fußbad und eine Tasse heißen Grog!
Schöne Bescherung, Frohe Weihnacht und einen Guten Rutsch.
Ihr Weicheier !
kay(o)rrr.de, 02.01.99, Kay Marquardt