Yamaha
TZR 125 R
Marlboro
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Die Ausgangslage... TZR 125 R (Belgarda) "Marlboro" nach Komplettzerlegung und Sichtung der
brauchbaren Teile ...
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... und das Ziel: die TZR in den Farben der
1990er GP-Maschine YZR-500 OWC1 des Weltmeisters Wayne Rainey
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Das Angebot
in ebay für eine komplette TZR im seltenen Marlboro-Design
Zitate:
"Kilometerst.: 14000(hat aber schon einen neuen Zylinder"
"Im Moment kann man damit nicht fahren [...] kein Problem sein, sie wieder flott zu bekommen "
"der "neue Zylinder" hat auch schon 3000km runter. Wurde also bei 10000 gewechselt. "
"Das Motorrad [...] hat also auch ein paar Macken: z.B. ist ein Riss in der linken Verkleidungsseite,
aber nichts extremes. ..."
Laut Angaben des Verkäufers wurde der Zylinder vor 4 Jahren in einer Werkstatt gewechselt.
Die Realität:
Bereits beim Abholen stach der vergammelte Zustand der TZR schmerzhaft ins Auge, das Motorrad hatte vermutlich 2-3
Jahre im Freien gestanden. Die Gabel steckte völlig fest und bewegte sich erst unter dem massiven Zug der
Spanngurte auf dem Anhänger um immerhin 2-3 cm. Das Vorrderrad ließ sich mit der Hand gut
1/2 cm frei auf der Achse bewegen.
Der Lack von Rahmen und Schwinge war teilweise entfernt, das Alu stark oxidiert, die Farben der
Verkleidung mit "irgendwas" nachgemalt, fleckig und verblichen.
Die Demontage oder das Schleifscheibenmassaker
- Gabel
Das Gabelrohr mit der Dämpfung ließ sich problemlos zerlegen, aber jenes mit der Feder
ließ sich nur nach zwei Tagen Schwerstarbeit überhaupt erst wieder bewegen. Die Trennung
von Tauch und Standrohr gelang dann aber selbst nach wochenlanger chemischer Behandlung und Einsatz
rohester Gewalt nicht. Letztendlich kam die Flex zum Einsatz, um wenigstens die "Innereien"
fürs Ersatzteillager zu retten.
- Motor
Gemäß den Papieren war der Motor für die deutsche Erstzulassung durch Einziehen einer
kleineren Laufbuchse auf 80 ccm reduziert,
später durch erneuten Wechsel der Laufbuchse wieder auf 125 ccm erweitert worden.
Am Zylinderfuß fand sich die ursprünglich bei der Erstzulassung auf Grund
der 80ccm-Reduzierung eingeschlagene und in den
Papieren vermerkte Zahlenkombination, d.h. der Zylinder war also seit 9 Jahren defintiv
nicht erneuert worden - entgegen dem Anzeigetext.
Die Laufbuchse wies Rostlöcher und Furchen auf, einzig der Kolben war einigermaßen OK.
Da die 80ccm Laufbuchsen ca. 2 mm über den oberen Zylinderrand hinausragen, besitzt der
Zylinderkopf eine entsprechende Senkung.
Beim Wechsel von 80 auf 125 ccm wurde nun offentsichtlich der 80ccm-Zylinderkopf weiterverwendet, der
aber durch die Senkung auf der planen 125ccm Buchse gar nicht aufsitzt und so über dieser einen
Hohlraum bildet!
Zylinderköpfe von links nach rechts:
TZR 125 4DL
DT 125
TZR mit 80ccm-Buchse
Bei letzterem sieht man deutlich die durch die Senkung
"vergrößerte" Kalotte und die wesentlich kleinere Dichtfläche.
Dies kann natürlich nie und nimmer dichten (mit der Folge, daß das Kühlsystem
komplett vol Öl gelaufen war). Mit einem letzten Aufgebot von Intelligenz war wohl
versucht worden, dem Kopf mit Dichtmasse bei zu bekommen, diese fand sich nun ebenfalls
im Kühlkreislauf wieder und hatte gleich noch die Wasserpumpe geschrottet.
Auch scheinen sich einige "Tuner" über den Motor hergemacht zu haben, so findet sich eine
per Aluplatte um 1,5 mm erhöhte Fußdichtung und ein entsprechend abgeplanter Zylinder, das
ganze sollte wohl Steuerzeiten verschärfen.
- Rahmen, oder das Trennscheibenmassaker, Teil 1
Offensichtlich war bei komplett zusammgebautem Motorrad versucht worden, den Rahmen mit
Schleif-bzw Trennscheiben an den zugänglichen Stellen zu "polieren".
Als Resultat waren sämtliche Schweißnähnte abgeflext, im Bereich der
Lenkkopfaufnahme und des Schwingenoberzuges fehlte massiv Material.
- Schwinge, oder das Trennscheibenmassaker, Teil 2
Das Trennscheibenschicksal ereilte auch die Schwinge.
Deren Schweißnähte waren stellenweise sogar durchgeflext.
- Gabelbrücke, oder das Trennscheibenmassaker, Teil 3
Auch diese ist vom Polierversuch der Vorbesitzer nicht verschont geblieben...
- Fußrasten oder das Trennscheibenmassaker, Teil 4
Selbst hier haben die Berserker nicht halt gemacht: sämtliche Oberflächen waren
ab- oder besser kaputtgeschliffen.
- Lager
Die Schwingenachslager sahen aus wie auf dem Fotorechts:
Die Lager vom Vorderrad hatten sich schlichtweg im Rost aufgelöst, die des Hinterrades waren
teilweise wiederverwendbar.
Das Lenkkopflager war sogar... neu!!
- Farbe
Die Felgen waren überzogen mit einer Art weißen Acryllack, mit dem offensichtlichen
Faible, sich mit Dreck und Kettenfett zu einer optisch "ansprechenden" Melange zu verbinden. Die
Verkleidung war ebenfalls mit einem undefinierbaren Gemisch aus Malerfarben und Klarlacken
veredelt, die allesamt durch Umwelteinflüsse und Licht einen fleckigen, fahlen Gelbton angenommen
hatten.
Die Nachverhandlung
Im Wissen um den tatsächlichen Zustand des Teils hätte natürlich niemand den Preis bei
ebay gezahlt. Der Verkäufer zeigte
sich absolut fair und entgegenkommend. Offensichtlich wurde er selber zwei Jahre vorher beim Kauf der
TZR von dem Händler kräftig über den Tisch gezogen, der ihm die TZR mit "neuem Zylinder und
Kolben" verkaufte. Hier kann man nur sagen Pfui-Deibel, Schande über solche Gauner, die Jugendlichen,
die sich jeden Heller mühsam ersparen, derart schamlos das Geld aus der Tasche ziehen!!
Der Wiederaufbau
Zunächst mal ging es ans Trennen der noch verwertbaren Teile und Entsorgung des Schrotts:
Rahmen und Schwinge waren ein Fall für den Schrotthändler.
Deshalb wurde ein neuer Rahmen mit Fußrasten und Schwinge gekauft. An diesem wurden
die Lager der Schwingenachse und der Dämpferhebeleien erneuert.
Die Gabel war, wie schon gesagt, zerstört und wurde durch eine komplett
überholte, einstellbare SP-Gabel ersetzt.
Die obere Gabelbrücke konnte durch richtiges Polieren gerettet werden.
Die Räder wurden in einer mehrtägigen Aktion von ihrer weißen Farbe gereinigt. Der darunter
zum Vorschein kommende Originallack war in befriedigendem Zustand. Die Radlager wurden erneuert.
Die Bremssysteme wurden komplett demontiert und gereinigt, Fuß- und Handpumpe innen poliert.
Der Zylinder wurde auf das 2. Übermaß gebohrt und gehohnt. Die Überströmer
wurden begradigt/entgratet, Trennwände und Kanten verdünnt, Auslaß und
Auslaßwalze poliert.
Als Kolben wurde ein Woessner Schmiedekolben eingesetzt.
Die Vergaser wurden demontiert und gereinigt.
Der Kühlkreislauf (Zylinder, Zylinderkopf, Schläche, Kühler) wurde unter Einsatz von
rund 20 (!!) Litern Benzin von Dichtmasse und Öl befreit.
Risse in der Verkleidung wurden geklebt/verschweißt und teilweise begonnen, die aufgekleckerte Farbe
zu entfernen.
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Optimierter Zylinder |
Der Aufbau des Rahmens beginnt |
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Rahmen, Räder, Gabel, könnte als Trial durchgehen... |
plus Motor, plus Verkleidung.
Langsam bekommt der Haufen Schrott eine Form, an der Verkleidung ist noch einiges zu tun |
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© RRR.DE - Franky