From: Martin Ostermann, Martin.Ostermann+412|address^*is*^correct+@comnets.RWTH-Aachen.de
Subject: "Wie ich lernte die Schraubrei zu lieben" (saulang)
Date: 13 Oct 1998 07:46:43 GMT
Organization: Communication Networks, Aachen University of Technology

oder: 

        "Vielleicht haette ich jemanden fragen sollen, 
                der sich mit sowas auskennt?"


                    Ein Stueck in 5 Akten.

PROLOG:

Aber von vorne: Noch als ich meine Mopped kaufte, witzelte ich 
ja rum, dass ich eigentlich eines mit Wartungsvertrag braeuchte.
Erstens von wegen zweier linker Haende, zweitens von wegen 
dreckinger Finger und so -- ekelhaft! Nun denn, die als die ersten
Wartungarbeiten auf dem Plan standen, begannen meine festen Ansichten
angesichts der zu erwartenden Werkstattkosten zu broeckeln. Ausserdem
hatte ich schon waerend meines ersten Urlaubs rumfrikeln muessen,
wahrscheinlich weil die Werkstatt beim Drosseln Murks gebaut hatte.
Die Ansaugstuzen waren von den Vergasern abgesprungen, weil sie 
nicht richtig am Luftfilterkasten angebracht waren. Und fuer so'nen
Murks auch noch Geld bezahlen?! Nichts, kommt nicht in die Tuete.

Schliesslich kann man fehlendes Fachwissen durch gesteigerte Sorgfalt
ausgleichen!

ERSTER AKT:

Also hab' ich damals mit meinen ersten Schraubereien angefangen:
Feder einer Fussraste zurechtgebogen, die Kette gespannt und den
Luftfilter gereinigt und geoelt. Einziges Manko dabei war, dass ich
eine Nut des rechten Seitendeckels abgebrochen habe (seitdem schon 
alles versucht, von Sekundenkleber bis Heisklebepistole, nur noch
nichts anstaendiges, aber haelt ja auch noch so ...), und eine 
Schraube am Bremsanker ueberdreht habe. War schnell ersetzt. Verluste 
gibt's halt immer, wo gehobelt wird, fallen Spaenne.

ZWEITER AKT:

Ausgleichen konnte ich die repariert/zerstoert Bilanz dann beim 
Ventile einstellen. Eigentlich wollte ich das Ventielspiel ja nur
pruefen und das Einstellen der Werkstatt ueberlassen, weil dazu
die Nockenwellen ausgebaut werden muessen. Aber nachdem ich das 
Ding einmal aufhatte, konnte ich es ja schlecht offen in die 
Werkstatt bringen, und bei dem Gedanken, dass die DM 40.- fuer
eine Ventildeckeldichtung verlangen, wurde mir schon wieder so uebel 
... Mit der gleichzeitigen Entdrosselung lag ich dann wieder
im Plus :-)

Bis Freitag, da entschloss ich mich, endlich den Oelwechsel in die
Wege zu leiten, womit das Elend seinen Lauf nahm ...

DRITTER AKT:

Klar -- natuerlich habe ich das alles vor mental durchexerziert, mich
seelisch auf die Ueberkopfhaltung eingestellt, und die angemessene 
innere Ruhe angelegt. Also schoen das Mopped warmlaufen lassen,
dann schon mal den Oeleinfuelldeckel geloesst, damit es auch so 
richig flutscht. Ausserdem die Schraube schon mal mit Spruehoel bearbeitet, 
weil sie da ja seit 14Mm im Schmoder steckte. Ist ja klar, dass die sich 
nicht so einfach loesst. OK, los geht's ... Oh, stop falsche Richtung. 
Nein, doch nicht, ist ja ueberkopf ... Hm, loesst sich nicht?! Hat sie
sich nicht eben bewegt? Nein, wohl doch nicht. 

Da das Mopped mittlerweile wieder kalt wurde, hab ich also noch mal
eine Warmlaufphase zwischengeschoben -- mehrmals. Irgendwann zwischen-
durch hab' ich dann 

        b) eine Verlaengerung fuer den Schluessel gefunden, und  
        a) die Drehrichtung gewechselt. 

Also, ich hab' die Schraube losgekriegt, so lose, dass ich sie schon mit
den Fingern drehen konnte. Nur leider kamm sie nicht raus. Nach etwa
500 Umdrehungen begann ich nachdenklich zu werden ...

        Aaaaaaaaargh!

Im Rueckwaertsgang, mit Zangenhilfe, kamm sie dann doch raus. Dann war
auch sonnenklar wer gewonnen hatte: Stahlschraube siegt deutlich vor
Alugehaeuse :-(

Das nunmehr wieder kalte Oel plaetschert lustlos aus dem Gehauese,
denn zwischenzeitlich war die Oeleinlassoeffnung natuerlich wieder
zu ...

INTERMISSION

Denn Rest des Abends verbrachte ich mit einer 3/4 Flasche Smirnoff. Die
stand noch von meiner Wohnungseinweihungsparty vor 2 1/2 Jahren rum, auch
diverse andere Feiern zwischendurch konnten sie nicht bezwingern, doch
das war zu viel. Ausserdem wird das Zeug ja auch irgendwann schlecht.
Und Whiskey ist zum Besaufen zu teuer.

VIERTER AKT

Ein neuer Tag! Sanft rinnt das Wasser der Dusche ueber die noch taube
Haut. Die Erkenntnis, dass die Zephyr eine Oelauffangwanne besitzt, 
sickert durch. Also sollte sich das komplette Zerlegen des Motors
eruebrigen, die Kosten im Rahmen bleiben. Uff.

Nach Konsultationen mit erfahrenen Schrauberkollegen ("kleb' doch 
'nen Kaugummi rein...") entfaltet sich der Rettungsplan: Altes 
Gewinde ausbohren, neues Gewinde in neuer Groesse (M14) schneiden,
und 'ne neue Schraube nehmen. Kein Problem, die Oelwanne auszubauen 
dauert zwar (Auspuff demontieren, gegen klebrige Dichtungen ankaempfen),
ist aber nicht handwerklich anspruchsvoll. 

Das Problem war dann aber: "Ich hab' nur Gewindebohrer bis M12", sollte 
ich noch oefter zu hoeren bekommen. Nun denn,
Lehrgeld will bezahlt werden, also flugs in den Handwerkerbedarf und
einen Satz Gewindebohrer in M14x1.25 besorgt. Siebzig Ocken. Feingewinde, 
damit im schmalen Alu genuegend Gewindegaenge Platz finden. Ausserdem 
hatte ich im Kopf, dass es solche Schrauben im Zubehoer zu kaufen gab.
Huch, die Schraube! Hm, Mist, vergessen, egal, gibt's ja ueberall ...

Das Gewinde war fix geschnitten. Wenigstens etwas, was auf Anhieb klappt!

FUENFTER AKT:

Zurueck im Handwerkerbedarf: "M14 Feingewinde? Noe, wir haben nur 
normale metrische Gewindeschrauben. Aber versuchen Sie's doch mal 
beim KfZ-Bedarf um die Ecke..." --- "Oelablassschraube mit Feingewinde?
Gibt's nicht, fuer welchen Wagen soll dass den sein? Motorrad? Dann
probieren Sie's doch mal bei Motorrad Meyer..." --- "M14x1.25? Da
kann ich nicht mit dienen, das gibt's an keiner Maschine! Hoechstens
M14x*1.5*! Fuer was fuer 'nen Mopped soll das denn sein?"

Mir wird schon leicht schwindlig "Das Gewinde hab .. " -- nein, 
als Superdeppen brauchst Du dich hier jetzt nicht auch noch vorzu-
stellen --, ".. ich meine, das wollte ich da selbst als Ersatz 
reinschneiden!" - "Nee, so Schrauben gibt's also wirklich nicht". 

Blass verlasse ich den Laden. Auf dem Nachhauseweg quaelende Selbst-
zweifel. "Wenn's M14x1.25 Gewindebohrer gibt, dann muss es doch auch
die passenden Schrauben geben! Oder nur die passenden Gewindeschneider?!
Nochmal 70 Eier?!

EPILOG:

Zuhause die Erloesung beim Blick in den Katalog: Bei Yamaha/Honda 
gibt's wirklich nur M14x1.5, aber Suzuki verbaut standardmaessig auch 
M14x1.25. Auwei, noch mal Schwein gehabt.

Die Ablassschraube hat dann mit neuer Dichtung gerade mal DM 3.05 
gekostet. Die neue Oelwannendichtung fuer DM 17.xx + MwSt ist 
bestellt. Die Auspuffdichtungen sind auch vorraetig. Donnerstag 
wird die Karre wieder fahren, und dann faengt auch wieder schoenes 
Wetter an. 

Und der naechste Oelwechsel steht erst nach weiteren 28Mm an! 
Wozu gibt's denn die guten Synthetikoele schliesslich ;-)

FAZIT:

Fuer gerade mal DM 120.- (inklusive Vodka) spielend eine knappe Woche 
Regen ueberbrueckt! Ist das etwa nichts?!

Gruesse, Martin ("alter Schrauber [tm]")

PS.: Frank, Steffen: schiebt Euch das Grinsen vom Gesicht...
-- 
Martin Ostermann  -  93'er Kawasaki Zephyr 550 seit 12Mm (von 28Mm)
Meine Homepage    :  http://www.comnets.rwth-aachen.de/~ost
Mopped-Infos, FAQ :  http://www.rrr.net/bike/index.htm 
Erste Hilfe Kurs  :  http://www.rotkreuz.de/ehonline/index.html