From: H S, ee@e.eee
Subject: Michelin Race3 auf der Rennstrecke
Date: 13 Jul 1998 14:18:12 GMT
Organization: Ericsson Eurolab Germany


Hi!

Ich wurde von einigen in letzter Zeit nach Reifenberichten gefragt.
Da ich mal wieder neue Erfahrungen sammeln konnte, wollte ich auch
gleich meinen Bericht ins Netz posten.

Diesmal hatte ich den Michelin TX15/25 Race 3 (also nicht den normalen
Strassenreifen TX15/25) auf der Rennstrecke in Assen (NL) auf der Felge.
Allerdings muss ich noch ein paar Hintergrundinfos loswerden.
Ich habe derweil naemlich die CBR600 (PC25) etwas fuer Rennstreckenbetrieb
umgebaut. Es sind Oehlins Gabelfedern und Stahlflex-Bremsleitungen
drangekommen. Als Bremsfluessigkeit habe ich die suendig teure Castrol
SRF (rd. DM 60,- pro Liter) drin. Eine leichte Sebimoto-Rennverkleidung,
kein Hauptstaender mehr, auch keine Beleuchtung mehr und eben
den Michelin Race3 vorne im 70er-Querschnitt.

Der Race 3 soll keine Kalthaftung besitzten also in Richtung Slick gehen.
Es reicht aber alle Male, um damit schon in der ersten Runde nicht gerade
langsam fahren zu muessen. Ein paar erfahrene Leute gaben mir den Tip,
die Reifen auf ca. 6km warm zu fahren. Also knapp zwei Runden. Danach habe
ich dann in die vollen gegriffen. Die CBR liegt derartig neutral in 
Kurven, dass man jegliches Gefuehl fuer Schraeglagen verliert.
Kein Kippeln, Wackeln oder sonstwas. Dabei ist der Reifen beim Einlenken
ebenso handlich, wie der BT56 als Strassenreifen. Aufstellmoment
beim Bremsen haelt sich auch stark in Grenzen und ist kaum zu spueren.
Der Warm-Grip ist exorbitant und ueberfordert bei weitem meine Faehigkeiten.
Die Bremspunkte sind derartig spaet zu setzen, dass ich einfach nicht den
Mut aufbringe, das Gas noch weiter stehen zu lassen. Ich habe mich schon
gezwungen spaet und dann noch heftiger in den Hebel zu greifen
als ich es jemals bei einem Z1, Pirelli Dragon oder BT56 geschafft haette
und der Reifen machte nicht ansatzweise Mucken oder liess ein Schlupfgefuehl
aufkommen. Bei den Bremsversuchen mit extra spaetem Bremspunkt aus ca.
180-200km/h konnte ich so stark herunterbremsen, dass ich die Einfahr-
geschwindigkeit in die Kurven deutlich unterschritt und dort dann versiebte
(zu langsam). Ich muss also noch ueben!
Herausbeschleunigen ist ein Gedicht. Fuer Fahrer, die bisher einen Strassen-
reifen gewohnt waren, ershliessen sich nun auch Beschleunigungsorgien
in richtiger Schraeglage.
Naja, ich habe diesmal fast alles am Boden gehabt. Ein heftiger Aufsetzter
mit dem Auspuftopf der CBR und das bei deftigen Hang-off.

Diesmal haderte ich nicht mit irgendwelchen verpatzten Linien, sondern
nur damit, dass ich (trotz deutlich hoeherer Kurvengeschwindigkeit) einfach
deutlich unter dem Limit blieb. In vielen Kurven dachte ich nur, dass
ist viel zu langsam - statt 'uiuiuiuiui, ganz schoen schnell'.

Was in der 'PS' geschrieben wurde kann ich unterschreiben:
"mit 98PS ist die Haftungsgrenze nicht auszuloten - der Bremsgrip ueberfordert
die Gabel trotz Optimierung!"
Man merkt, dass es sich hier um einen Rennreifen handelt - der Verschleiss ist
natuerlich entsprechend hoch (wobei Strassenreifen wegen der hohen Reifentemp.
mind. genauso schnell verschleissen). Der Kaltgrip ist maessig und erfordert
Aufmerksamkeit (auf den ersten km).
Nasshaftung (leider musste ich dies auch testen) scheint ganz tauglich zu sein.
Zumindest hatte ich bei gemaessigterer Fahrt keine Probleme und einige
der Rennhansels meinten auch, dass er, der Race3, auch taugen sollte.
Ich probierte es diesmal aber nicht, da ich erst letztlich in Assen bei
Regen mich langgemacht hatte.

BTW: wer wissen will, wie ich in Assen gefahren bin:   1:41.


   /Hardy