From: MAG (Thomas Hellmuth-Schirnhofer), tomagvie@xpoint.at
Subject: MAG Austria-Erfolg: Kolonnenvorfahrt erlaubt (lang)
Date: Sat, 27 Jun 1998 20:38:53 +0200
Organization: Motorrad Aktionsgruppe Austria

WIR HABEN ES GESCHAFFT

Seit ihrem Bestehen kampft die MAG Austria fur die Erlaubnis, an stehenden
Kolonnen vorbeifahren zu durfen. Das ist nicht etwa die Forderung nach einem
Biker-Privilleg, sondern lediglich eine Gleichstellung mit den Radfahrern.
Endlich, am Dienstag, dem 16. Juni hat der osterreichische Nationalrat die
20. Novelle der Straßenverkehrsordnung beschlossen, in der uns nun dieses
Recht eingeräumt wird.

Lassen wir uns den Gesetzeswortlaut auf der Zunge zergehen:
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* 12 Abs. 5 StVO lautet:

"(5) Mussen Fahrzeuge vor Kreuzungen, Straßenengen, schienengleichen
Eisenbahn-Übergängen und dergleichen angehalten werden, so dürfen die
Lenker einspuriger, später ankommender Fahrzeuge NUR DANN NEBEN
ODER ZWISCHEN DEN BEREITS ANGEHALTENEN FAHRZEUGEN
VORFAHREN, UM SICH MIT IHREN FAHRZEUGEN WEITER VORNE AUFZUSTELLEN, wenn für
das Vorfahren ausreichend Platz vorhanden ist
und die Lenker von Fahrzeugen, die ihre Absicht zum Einbiegen angezeigt
haben, dadurch beim Einbiegen nicht behindert werden."
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Die Verordnung tritt mit deren Veröffentlichung im Amtsblatt in Kraft.

In sonst keinem Land ist dies per Gesetz erlaubt. Das heißt nicht, daß
es dort nicht genauso praktiziert wurde. Im Gegenteil, es ist ja auch
nicht wirklich verboten. Deshalb kommt auch niemand auf die Idee, so
ein Verhalten als Vergehen zu ahnden. Ein Motorrad fährt durch, weil
es eben ein Motorrad ist, also schlank, wendig und spurtstark.

Unsere deutschen Nachbarn sind da gründlicher.
Die größte Motorradzeitung der BRD hat im Juni eine Umfrage an den
Verkehrspolitischen Sprechern  der im Bundestag vertretenen Parteien
durchgeführt. Aber keiner von ihnen wollte sich fur eine so unanständige
Freizügigkeit erwärmen. Zu gefährlich, wie sie glauben.
Dabei wissen wir, wie sehr sich die bundesdeutschen Motorradfahrer für
die Entwicklung der heimischen Situation interessieren. Vielleicht ist
ihnen der Österreichische Weg nun eine bessere Argumentationshilfe.

Nur in Belgien läßt die Interpretation einer Kombination mehrerer
Verkehrsgesetze den Schluß zu, daß Kolonnenvorfahren erlaubt ist.
Diese Tatsache war uns bei unseren Vorsprachen überaus hilfreich,
wofür wir unseren Freunden der MAG Belgien auch herzlich danken wollen.

Diese Forderung der MAG ist so alt wie sie selbst.
Insgesamt 10 Jahre hat diese Geburt nun gedauert.
Erstmal 1988 kam es im Rahmen der Änderungsvorschläge zur 15.
StVO-Novelle zu ersten Einreichung, die aber wieder verworfen wurde.
1992 gab es wieder einen positiven Anlauf.
Bei einer MAG-Motorradkundgebung in Wien wurde auch eine Petition
im Bundeskanzleramt ubergeben. Darauf sprachen sich wieder einige
Politiker dafür aus. Auch das KfV hatte nichts einzuwenden.
Seitdem blieb das Thema in den Köpfen der Verkehrspolitiker.
Zum endgültigen Durchbruch kam es nach dem MAG-Volksbegehren
'Pro Motorrad', als der damalige Verkehrsminister Viktor Klima
das klare Versprechen gab, sich dafür einzusetzen.
Das tat er übrigens auch fur das Wechselkennzeichen Auto/Motorrad - wie
wir uns aber erinnern, hat er diesen Teil des Versprechens nicht gehalten:
Später, nun als Finanzminister, zog er seinen eigenen Vorsatz wieder zurück.

Daß sich der Ablauf in den letzten Jahren doch noch ziemlich in die
Länge gezogen hat, lag am Gerangel an der 0,5/0,8-Promille-Grenze.
Jetzt sind die Fronten klar, der Weg fur die Beschlußfassung der 20.
StVO-Novelle war geebnet.

Den Abgeordneten zum Nationalrat sei fur ihr Augenmaß bei einer
realitätsnahen, modernen Verkehrsgesetzgebung gedankt, die
Motorradfahrer bitten wir weiterhin um höchstmogliche Rücksichtnahme
anderen Verkehrsteilnehmern gegenuber. Zu wertvoll ist diese
Errungenschaft, als sie gedankenlos bis zum Äußersten auszunutzen.

Ing. Edwin Hofbauer
Prasident der MAG
Motorrad-Aktionsgruppe Austria