From: Chrissi Herzog, herzog@sdm.de
Subject: Endlich: Urlaubsbericht aus Portugal...
Date: Tue, 02 Sep 1997 10:53:25 +0200
Organization: sd&m

Hi d.r.m!
Endlich hab ich mal ein bißchen was über den Portugalurlaub
zusammengeschrieben.
Aktueller Anlaß war, daß mich jemand angemailt hat, der ein paar Infos
über
Portugal wollte und weil ich schon im Schreiben drin war, hab ich gleich
alles
geschrieben und poste jetzt einfach den ganzen Bericht mal hier. Es
würde mich
interessieren, ob jemand von Euch auch schon mit dem Mopped dort war und
ähnliche
Erfahrungen gemacht hat, oder ob es nur mir so ging...:
Erstmal zu den Straßen: wir hatten eigentlich ziemlich üble 
Straßenqualität erwartet, muß bis vor einigen Jahren auch noch
echt schlimm gewesen sein. Davon kann heute keine Rede mehr 
sein, die Straßen sind in bestem Zustand, die wenigen,
die noch nicht so toll sind, werden gerade neu gemacht!
Früher muß das auch so gewesen sein, daß man im Norden, wenn
man durch die Pampa fährt, weit und breit kein Haus sieht.
Auch das ist nicht mehr so, das Land ist ziemlich zersiedelt
inzwischen, die reichen Leute aus den Großstädten bauen sich
da ihre Wochenendhäuschen hin. Was extrem wild an Portugal ist,
ist die Fahrweise der Portugiesen. Ich kenne an Verkehr wirklich
so ziemlich alles in Europa (Paris, Rom, Athen, Istanbul usw.)
und ein paar karibische Städte... und komme eigentlich mit der
südländischen Fahrweise super zurecht, fast besser als in Deutsch-
land. Man fährt zwar etwas chaotischer, aber irgendwie wird auch
mehr auf den anderen geschaut, fand ich immer gut!
Nicht so in Portugal: Vorweg muß vielleicht gesagt werden, daß
Portugal die höchste Rate an Unfalltoten in Europa hat, ich glaube,
auch mit der Anzahl Unfälle liegen sie ziemlich vorn. Der Grund 
dafür ist wohl, daß die Portugiesen extrem schnell und extrem 
rücksichtslos fahren. Wenn man also z.B. mit 90 durch eine Ort-
schaft fährt (links und rechts parkende Autos, vielleicht ein
paar Fußgänger und Kinder) dann finde ich das fast schon kriminell,
mach das aber selbst auch mal. In Deutschland gehört man bei diesem
Tempo auf jeden Fall zu den schnellsten, in Portugal hängt einem der
nächste an der nicht vorhandenen Stoßstange, als würde man 20 fahren
und man hat das Gefühl, er will einen anschieben (bei 90!!) Und das
sind keine Einzelfälle, von denen ich hier erzähle, sondern das 
passiert ständig! Oder man fährt gemütlich mit 120 auf der Landstraße 
und wird mit einem Seitenabstand von ca. 30 cm Überholt oder man will
auf der Autobahn einen Lastwagen überholen, schert rechtzeitig links
aus und wird dann noch rechts überholt und dann brutal geschnitten...
Die portugiesischen Motorradfahrer fahren so, daß man sich wundern muß,
daß es überhaupt noch welche von ihnen gibt, z.B. fahren sie auf der
Autobahn bei Tempo 150 zwischen zwei Autos durch, wie man sich an der
roten Ampel halt so vordrängelt, aber halt bei 150 km/h! und die Spuren
sind eher schmäler als bei uns auf der Autobahn. Oder vor der Kurve,
wenn ich mir als Motorradfahrer denke, nee, das schaffst Du nicht 
mehr, das wird zu knapp ist es mir so manches Mal passiert, daß von 
hinten noch ein Auto zum Überholen angesetzt hat und dann in einer 
völlig unübersichtlichen Kurve überholt hat, wenn einer entgegenge-
kommen wäre - Pech gehabt... An Stop-Schilder (davon gibt es in
Ortschaften massig) wird mit Tempo 80 oder so hingefahren und falls
wieder erwarten doch jemand kommt und man ihn auch sieht halt eine
Vollbremsung gemacht - für einen Moppedfahrer jedes Mal ein halber
Herzinfarkt. Also, mit Adrnalin hat mein Körper in diesem Urlaub 
nicht gegeizt :-) Das i-Tüpfelchen war dann noch, daß mich noch ein
Lieferwagen von hinten gerammt hat, ich stand ganz links eingeordnet
und hab zum links abbiegen geblinkt und er ist mir halt hinten rein,
Mopped ziemlich verbeult aber noch fahrtüchtig, aber viel G'schiß mit
der Versicherung. Das hört sich irgendwie so an, als wäre ich die
total unsichere ängliche Motorradfahrerin, die sich besser nicht
ins Ausland wagen sollte, wer schon mal mit mir gefahren ist, weiß,
daß das nicht der Fall ist, eher im Gegenteil: ich ärgere mich oft
genug über mich selbst, weil ich wieder zu knapp überholt hab ect.
Noch ein Wort zu den portugiesischen Motorrädern: das war genau das
Gegenteil von USA. Chopper und Goldflügel und sowas sieht man gar
nicht, dafür massig CBRs, Ninjas, VFR... und ansonsten so superkleine
Gelände-Rasenmäher (vor allem DTs, 50er oder 80er, aber auch ein paar
125er, aber das sind ja keine Motorräder ;-) )
Aber zu Portugal gibt es auch viel Positives zu sagen: Die großen
Städte Lissabon und Porto haben mir suuuper gefallen, echt sehenswerte
Städte! Die Küste und die Strände sind sehr schön, wir haben allerdings
die supertouristische Algarve gemieden und sind nur nördlich von
Lissabon gewesen. Es gibt traumhafte Bergstrecken, wenig Verkehr dort
und wenn man gerne Fisch ist, kann man sich dort für extrem wenig
Geld jeden Tag an Fisch sattessen :-) Wo es superschön war, wir hatten
leider nicht mehr genug Zeit, um mehrere Tage dort zu bleiben war der
Nationalpark Peneda Geres im Norden an der spanischen Grenze. Das ist
wirklich schön dort, lauter kleine Orte in den Bergen außen rum...
Sobald man dann die spanische Grenze überquert, ist schlagartig der
Verkehr cool, easy, ganz normal südländisch halt. Nach dem Schock in
Portugal kamen mir die Spanier vor wie die rücksichsvollsten Fahrer
der Welt :-) (die Spanier fahren aber auch wirklich super, finde ich)
Wir sind dann noch hoch an die Spanische Costa Verde, wo es traumhaft
war, hat mir fast am besten vom ganzen Urlaub gefallen (schöner Paß
zwischen Leon und Gijon) und dann natürlich noch durch die Pyrenäen
(sowieso traumhaft!!) mit kurzem Einkaufsbummel in Andorra zurück 
nach Narbonne, wo wir unsere Moppeds wieder auf den Zug verfrachtet
haben. Die Autoreisezugvariante war übrigens eine der besten Ent-
scheidungen an dem Urlaub: kostet unwesentlich mehr als selber fahren
(Reifen, Sprit, AB-Gebühr, einfache Übernachtung, einfaches Frühstück,
vielleicht noch Verschleiß/Wertverlust des Moppeds bei 3000km) wenn
man nicht gerade zur Hochsaison am WE fährt. (wir sind am Freitag los
und am Montag zurück, Preis: exact die Hälfte von August am WE) Man
kommt supererholt am Vormittag dort an (Narbonne) und ist in kürzester
Zeit bereits in Spanien :-) 
Fazit des Urlaubs: Portugal und Spanien hat mir super gefallen, 
spanische Costa Verde und Pyrenäen werde ich sicher nochmal mit
dem Mopped hinfahren aber nach Portugal fahre ich ziemlich sicher
nicht mehr mit dem Mopped.
Das sind natürlich nur subjektive Eindrücke, mein Freund fand es 
nicht soo schlimm mit dem Verkehr(obwohl sie auch ihn ein paarmal 
fast runtergefahren hätten...) Das Land ist auch sicherlich schön
zum Motorradfahren, ich kann nur sagen: vorsichtig, vorsichtig, 
vorsichtig. Wenn man eine Handlung eines Autofahrers für völlig
ausgeschloßen hält ("Das kann er doch nicht machen, nein, das macht
er bestimmt nicht"), ist die Chance, daß er's doch macht ca. 50%,
also immer mit allem rechnen, dann kommt man gut zurecht.
UUps, ganz schön lang geworden :-) aber endlich fertig!
CU Chrissi