From: Volker Bartheld, bartheld@mppmu.mpg.de
Subject: *** Vergaser-FAQ *** (laenglich)
Date: Sat, 03 May 1997 15:22:26 +0200
Organization: MPI fuer Physik

This is a multi-part message in MIME format.

--------------21658AE7790
Content-Type: text/plain; charset=us-ascii
Content-Transfer-Encoding: 7bit

Hallo d.r.m. !

Von einigen Seiten wurde ich ermutigt, mal eine
Vergaser-FAQ mit meinen Tips und Erfahrungen rund
um das Thema 'Vergoosae' zu verfassen. Hier also
die Fruechte meiner schlaflosen Naechte. Evtl. habt
ihr ja die eine oder andere Ergaenzung, fuer die
Richtigkeit kann ich natuerlich nicht garantieren.

Waere super, wenn wir die neue d.r.m.-FAQ mit
diesen Erweiterungen noch rechtzeitig vor der
d.r.m.-CD-Pressung fertig kriegen wuerden.

Also mal ran an die Bouletten, die FAQ gelesen und
'raus mit der Sprache.


Ein Superwochenende wuenscht euch

der Guru !

-- 
|     xxxxxxxxxxx Volker Bartheld     |
|   Max-Planck-Institut fuer Physik   |
| Foehringer Ring 6, D-80805 Muenchen |
| Tel.: (+49)89/32354-441, -386, -325 |

--------------21658AE7790
Content-Type: text/plain; charset=us-ascii; name="Vergaser.txt"
Content-Transfer-Encoding: 7bit
Content-Disposition: inline; filename="Vergaser.txt"

Vergaser-FAQ (V. 1.0, 03.05.1997)
=================================

* zusammengestellt, bearbeitet und erweitert von Volker Bartheld, *
*                email: bartheld@mppmu.mpg.de                     *


0.  Einleitung
    Diese Sammlung haeufig gestellter Fragen (F_requently A_sked
Q_estions) zum Thema 'Vergaser' soll den Einstieg in das schwierige
Sachgebiet erleichtern helfen.

1.  'Was ist ein Vergaser?'
    Ein Vergaser dient - aehnlich wie eine Einspritzanlage - dazu, einem
Benzinmotor in idealerweise allen Lastzustaenden das richtige
Kraftstoff-Luftgemisch zuzufuehren. Dabei wird eine brennbare
Fluessigkeit verdampft ('vergast') bzw. in den Ansaugkanal oder den
Brennraum selbst eingespritzt (Einspritzanlage) und mit einer exakt
abgestimmten Menge Umgebungsluft gemischt um ein optimal zuendfaehiges
Gemisch zu erhalten.

Es soll bespielsweise Benzol (C6H6), das auch in herkoemmlichem Benzin
enthalten ist, verbrannt (oxidiert) werden. Dazu dient der
Luftsauerstoff (O2). Idealerweise wird Benzol nach folgender Gleichung
in Wasser (H2O) und Kohlendioxid (CO2) ueberfuehrt:

    2C6H6 + 15O2 ---> 12CO2 + 6H2O

Zwei Benzolmolekuele reagieren also mit fuenfzehn Luftsauerstoffmolekuelen
zu zwoelf Kohlendioxidmolekuelen und 6 Wassermolekuelen. Werden
Sauerstoff und Benzol im Vergaser also im (Volumen)Verhaeltnis 15:2
gemischt, so erfolgt die Verbrennung vollstaendig (stoechiometrisch).

Strenggenommen ist in der Umgebungsluft zu nicht unerheblichem Teil
Stickstoff (N2, etwa 75%) enthalten; daher entstehen bei der Verbrennung
auch Stickoxide (NOx) und - infolge unvollstaendiger Verbrennung des
Kraftstoffes Kohlenmonoxid (CO), doch dazu spaeter mehr in den Kapiteln
'Arbeiten am Vergasers' und 'Abgasreinigung'.

2.  'Wie funktioniert ein Vergaser?'
2.1 Der 'Minimalvergaser'
    Bei allen Vergasern wird der im Motor, vom auf- und ablaufenden Kolben
erzeugte Unterdruck genutzt um 1.) Umgebungsluft durch den Luftfilter
und 2.) Kraftstoff durch eine oder mehrere duenne Durchgaenge (Duesen)
anzusaugen und zu vermischen. Abhaengig von der Luftfuehrung
unterscheidet man _Fallstrom_- oder _Querstrom_vergaser. Bei den hier
ausfuehrlicher behandelten Motorradvergasern handelt es sich - wegen der
geringeren Abmasse - zumeist die Querstromvariante, bei der die
Luftfuehrung waagerecht vom Luftfilter in die Einlasskanaele des
Zylinderkopfes verlaeuft. Innerhalb des Vergasers stroemt die Luft durch
einen etwa zylindrischen Kanal, haeufig mit einer Einschnuerung in der
Mitte. Durch diesen Querschnittsverlauf erzielt man einen Druckverlauf
mit Unterdruckmaximum am Punkt minimalen Querschnitts. An diesem Punkt
ist/sind auch die sog. Hauptduese(n) angebracht - kleine, schraub- (und
daher austauschbare) Messingstuecke mit definierter Bohrung - durch die
der Kraftstoff in den Kanal einstroemt.

2.2 Leistungsregelung
Ein solcher 'Minimalvergaser' wuerde seinen Motor immer mit der - durch
seinen kleinsten Querschnitt und die Duesengroesse bestimmten -
Maximalleistung betreiben. Zur feinfuehligen Drehzahl- und
Leistungsdosierung sind Regulationsmechanismen erforderlich, die die
gefoerderte Luft und Kraftstoffmenge reduzieren ('drosseln'). Diese
Funktion uebernimmt eine sog. _Drosselklappe_, die den
Vergaserquerschnitt und damit die Luftmenge reduziert. Die Drosselklappe
kann als z. B. zylindrischer Verdraengungskoerper, der aus einer
Nebenkammer in den Ansaugkanal abgesenkt wird, ausgefuehrt sein
(Schieber) oder als gekenkig gelagerte Klappe, die bei Vollast parallel
zum Luftstrom steht und bei Leerlauf durch Drehung innerhalb ihres
Gelenks den Kanal mehr und mehr verschliesst.

2.3 Gemischregulierung
    Wie wird nun die zu jeder Drosselklappenoeffnung exakt passende
Benzinzuflussmenge erreicht ? Man koennte annehmen, dass durch den bei
fast geschlossener Drosselklappe minimalen Unterdruck auch entsprechend
wenig Benzin durch die Duese(n) angesaugt werden wuerde und diese Menge
bei groesser werdendem Querschnitt kontinuierlich ansteigt und der Motor
sich damit die passende Benzinmenge selbst 'sucht'. Diese Annahme ist
nur zum Teil richtig. Im Unterdruck-/Drosselklappenoeffnungsverlauf
liegt das Unterdruckmaximum bei etwa _halb_geoeffneter Drosselklappe,
darueber nimmt der Unterdruck wegen der geringer werdenden
Querschnittsdifferenz wieder ab um bei ganz geoffneter Klappe fast auf
Leerlaufniveau abzusinken (Anm.: In der Physik ist diese
Gesetzmeassigkeit auf das Poissonsche Gesetz zurueckzufuehren, nach dem
Druck, Querschnitt und Stroemungsgeschwindigkeit eines _laminar_, d. h.
verwirbelungsfrei stroemenden Gases in Beziehnug stehen.).

Es ist also eine weitergehende, mechanische Kontrolle ueber die
einstroemende Kraftstoffmenge erforderlich. Zu diesem Zweck ist der
Duesenkanal mit einem zylindrischen Messingkoerper (meist mit
Zerstaeubungsbohrungen) ausgestattet, dessen Bohrung weit ueber dem
Dueseninnendurchmesser liegt. In diese sog. _Nadelduese_ taucht die
_Duesennadel_, eine schlanke, mit dem Gasschieber mechanisch verbundene
Nadel mit wohldefiniertem Querschnittsverlauf ein. Abhaengig von der
Gasschieberstellung wird die Duesennadel aus der Nadelduese gehoben und
gibt so mehr oder weniger des Duesenquerschnitts frei. Bei maximaler
Oeffnung des Schiebers haengt die Nadel frei und die
Gemischzusammensetzung wird nur noch von der Groesse der Duese bestimmt.

2.4 Drosselklappensteuerung
    An diesem Punkt muss noch auf zwei konzeptionell verschiedene
Moeglichkeiten der Drosselklappensteuerung hingewiesen werden: Sie kann
ausschliesslich manuell, z. B. ueber Bowdenzuege vom Gasgriff aus
betaetigt werden. In diesem Fall handelt es sich um den klassischen
'Schiebervergaser', bei dem die Parameter 'Vergaserquerschnitt'
(= Drosselklappenoeffnug), 'Duesennadelhoehe'/'Duesenquerschnitt'
(= max. Kraftstoffzuflussmenge) ueber die Gasgriffstellung in fester
Beziehung zueinander stehen.
    Beim sog. 'Gleichdruck- oder unterdruckgesteuertern Vergaser'
bestimmt der Fahrer am Gasgriff nur die Drosselklappenstellung. Die
Position des Gasschiebers und der Duesennadel wird ueber eine unter-
druckgesteuerte Membrane eingestellt, die sich so deformiert, dass vor
und hinter der Drosselklappe der jeweils _gleiche Druck_ herrscht.
Beim Gasgeben steigt der Unterdruck, die Membrane wird deformiert, hebt
die Duesennadel und gibt so einen groesseren Duesenquerschnitt frei. Die
Gleichdruckkonfiguration gewaehrleistet weiches Ansprechen des Motors
und damit eine gleichmaessige Kraftentfaltung. Wegen des unter Punkt 2.3
angesprochenen Druckverlaufs wird der Gleichdruckvergaser haeufig noch
um einen konventionellen Schiebervergaser ergaenzt, um
Leistungseinbrueche speziell bei grosser Drosselklappenoeffnung und
hohen Drehzahlen zu verhindern. Eine derartige Verbindung wird oft
faelschlicherweise als 'Doppelvergaser' bezeichnet. Beim
_Doppelvergaser_ finden sich - im Gegensatz zu den obigen Ausfuehrungen
aber _zwei_ unabhaengige Vergaser in _einem_ gemeinsamen Gehaeuse, z. B.
fuer Motorraeder mit mehreren Zylindern. Richtig ist die Bezeichnung
'Registervergaser', bei der die Gemischaufbereitung in mehreren Stufen,
den _Registern_ erfolgt.
    Den oben beschriebenen Vorteilen des Registervergasers steht ein
wesentliche Nachteil gegenueber: Die Membransteuerung ist empfindlich
gegenueber Beschleunigungen (Fliehkraft, Spruenge) und die
Drosselklappensteuerung erfolgt zeitversetzt - ein schnelles Ansprechen
des Motors ist also nicht immer gewaehrleistet. Aus diesem Grunde sind
Sportmotorraeder und Gelaendemaschinen oft nur mit Schiebervergasern
ausgestattet, man nimmt die etwas 'spitze' d. h. im oberen Lastbereich
lokalisierte Leistungs_spitze_ in Kauf.

2.5 Leerlauf
    Prinzipiell kann bei den beschriebenen Vergasern eine Einstellung
der Leerlaufdrehzahl ueber den Drosselklappenanschlag erfolgen, der die
Drosselklappe selbst bei in Ruheposition befindlichen Gasgriff noch
etwas geoeffnet haelt. Die modernen, abgasarm und kraftstoffsparend
eingestellten Verbrennungsmotoren laufen mit einer darartigen
Leerlaufeinstellung aber ausgesprochen schlecht und erforden ein hohes
Leerlaufdrehzahlniveau. Es ist ein separates Leerlaufsystem mit
Leerlaufluftkanaelen und Leerlaufduese erforderlich, dass bei niedrigen
Drehzahlen und geringen Drosselklappenoeffnungen die Gemischbildung
uebernimmt. Hierzu sind im Vergaser Nebenstromkanaele angebracht, durch
die Luft am Gasschieber vorbei in den Motor gelangen kann. Weiters wird
ueber die Leerlaufduese Kraftstoff angesaugt und der Nebenluft
beigemischt. Die Gemischzusammensetzung kann ueber die Groesse der
Leerlaufduese oder ein Absperrventil, das wahlweise den
Leerlaufluftkanal oder den Leerlaufgemischkanal verengt, erfolgen.

2.6 Schwimmerkammer
    Die Mehrzahl der Vergaserkonzepte erlaubt kein Ansaugen des
Kraftstoffes ueber Schlaeuche aus dem Tank in den Vergaser. Der hierzu
benoetigte Unterdruck kann durch die winzigen Duesenbohrungen nicht
erreicht werden. Aus diesem Grunde benoetigt man ein 'Vorratsgefaess'
fuer den zur Verbrennung heranstehenden Kraftstoff, dessen Niveau
konstant zu halten ist um Druckschwankungen und damit
Gemischbildungsfehler zu vermeiden. Dieses Vorratsgefaess nennt man
_Schwimmerkammer_. Der Name ruehrt von der Art der Niveauregulierung
her. Ein Auftriebskoerper, der _Schwimmer_ verschliesst ab einem
gewissen Fluessigkeitsniveau ueber ein Ventil den Zulauf und gibt ihn
beim Absinken des Pegels wieder frei.

2.7 'Choke'
    Beim Kaltstart eines Benzinmotors sind spezielle Vorkehrungen
erforderlich um den veraenderten Betriebsbedingungen gerecht zu werden.
Bei niedrigen Temperaturen verdampft der Kraftstoff nur schlecht,
zusaetzlich kommt es zur Rueckkondensation an den kalten
Vergaserwaenden. Schliesslich muss, um die hoehere innere Reibung im
Motor und die damit verbundenene Tendenz zum 'absterben' auszugleichen,
die Leerlaufdrehzahl angehoben werden. Diese Aufgaben uebernimmt ein
Kaltstartanreicherungssystem, das im einfachsten Fall aus einer
zusaetzlichen Drosselklappe (dem _Choke_) besteht, die den Unterdruck im
Vergaser erhoeht und damit das Gemisch mit Kraftstoff anreichert. Die
Chokeklappe ist mechanisch betaetigt und soll mit warmlaufendem Motor
mehr und mehr in ihre Ruheposition gebracht werden, um die mit einem zu
stark angereicherten (zu 'fetten') Gemisch verbundenen Nachteile wie
hoher Verbrauch, abfallende Leistung, unruhiger Motorlauf zu vermeiden.
Modernere Vergaser sind mit Kaltstartsystemen ausgestattet, die mit dem
Choke nur noch den Namen gemeinsam haben. Ueber Membranpumpen wird
zusaetzlich Kraftstoff eingespritzt, Vergaserwaende und Ansaugkruemmer
sind elektrisch und/oder kuehlwasserbeheizt um dem Kondensationseffekt
entgegenzuwirken, die angesaugte Luft wird vorgewaermt um der
_Vergaservereisung_ vorzubeugen (s. unten) und ein mit der
Motortemperatur gekoppeltes System sorgt ueber Bimetallstreifen (zwei
verbundene Metallstreifen mit unterschiedlichem
Temperaturausdehnungskoeffizienten - es kommt zu einer
temperaturabhaengigen Verbiegung des Sandwichs) oder Wachsdruckdosen
fuer eine Anhebung der Leerlaufdrehzahl.

2.8 Schiebebetrieb
    Bei sich schliessender Drosselklappe und hoher Drehzahl
(_Schiebebetrieb_) neigen Viertaktmotore dazu, in den Auspuff zu
knallen. Dies liegt am zu 'mageren' (zu gering angereichertem) Gemisch,
das keine Verbrennung mehr zulaesst. Es sammelt sich Kraftstoff im
Abgaskanal der spontan und explosionsartig verbrennt, sobald eine
zuendfaehige Konzentration erreicht wird. Eine Gegenmassnahme bietet die
sog. _Schubabschaltung_, bei der die Gemischzufuhr im Schiebebetrieb
gaenzlich - z. B. durch ein mit der Leerlaufsteuerung verbundenes
Membransystem -  unterbrochen wird. Im Gelaendesport disqualifiziert
sich die Schubabschaltung durch verzoegertes Ansprechen des Motors aus
dem Leerlauf. Daher wird der umgekehrte Weg beschritten und - z. B.
durch ein sog. 'Luftabsperrventil' - die Leerlaufluftmenge reduziert und
damit sichergestellt, das das Gemisch auch im Schiebebetrieb zuendfaehig
bleibt.

2.9 Beschleunigungsanreicherung
    Um einen spontanen Leistungsabfall beim ruckartigen Aufreissen der
Drosselklappe entgegenzuwirken, sind manche Vergaser noch mit einer
Beschleunigungsanreicherung versehen, die ueber eine
unterdruckgesteuerte Membranpumpe bei hohen Druckdifferenzen Kraftstoff
in den Vergaser spritzt. Diese Strategie wird vor allem bei
grossvolumigen Motoren (z. B. Kfz) verfolgt, deren niedrigerer
Wirkungsgrad solche Massnahmen verlangt.

3.  Arbeiten am Vergaser
    Einfuehrend und zur Warnung sei angemerkt, dass Arbeiten am Vergaser
eine ausreichende Sachkenntnis gepaart mit Fingerfertigkeit und ein
solides Mass an Geduld voraussetzen. Weiterhin ist absolute Sauberkeit
und einwandfreies Werkzeug unumgaenglich. Die feinen Kanaele, Bohrungen
und Duesen sind schnell verstopft oder verklebt, die sensiblen
Messinggewinde mit geringstem Kraftaufwand abgerissen, Schlitzschrauben
und Dichtsitze nur zu schnell ruiniert. Vergasermodifikationen sind
*** GRUNDSAETZLICH *** Schritt fuer Schritt vorzunehmen, ausreichend zu
protokollieren und anhand von Probefahrten auf ihre Wirksamkeit hin zu
ueberpruefen. Abschliessend ist noch zu erwaehnen, dass bei
eigenmaechtigen Veraenderungen am Gemischbildungssystem zumeist die
Werksgarantie erlischt und das Fahrzeug ohne Eintragung bei TUeV oder
DeKra mangels Betriebserlaubnis im oeffentlichen Verkehr nicht mehr
bewegt werden darf. Ich will niemanden zum Gesetzesbruch ermutigen,
die hier geschilderte Tips und Vorgehensweisen dienen nur der persoenlichen
Information - fuer die Richtigkeit der Angaben und eventuell entstehende
Schaden kann und will ich keine Haftung uebernehmen. Schrauben ohne
Sachverstand gefaehrdet Mensch und Maschine. Dazu spaeter mehr.

3.1 Werkzeug
    Fuer Schraubereien am Vergaser ist hochwertiges, sauberes und exakt
passendes Werkzeug Voraussetzung. Im Umgang mit der Materie hat sich
folgender Grundstock an haeufig benoetigtem Zubehoer bewaehrt:
    - Satz Kreuzschlitzschraubendreher mit gehaerteter, eingesetzter
    Spitze. Die gehaertete Spitze ist nicht wegen dem hoeheren
    Anzugsdrehmoment, sonder wegen ihrer schraubenschonender
    Eigenschaften zu waehlen.
    - Satz Schlitzschraubendreher mit gehaerteter Spitze.
    - Kurze(r) Vergaserschraubendreher. Vergaserschraubendreher haben
    einen kurzen, kugeligen Griff und geringe Schaftlaengen. Sie eignen
    sich daher besonders fuer z. B. die schlecht zugaenglichen
    Schwimmerkammerschrauben oder eine Einstellung des Leerlaufgemischs
    ohne Abbau des Vergasers.
    - Knarrensatz mit Stecknuessen 4 mm bis 12 mm und Inbus, 2 mm bis
    5 mm.
    - Langhaarpinsel (kraftstoffestaendig),
    - Glasschaelchen (zum Ablassen der Schwimmerkammer und zum
    Reinigen),
    - Pinzette,
    - Flachzange(n),
    - Druckluftspray,
    - Silikonspray.
    Fuer 'schwerere Faelle' (und groessere Geldbeutel) - vor allem bei
    emsigen Vergaserschraubern - lohnt sich die Anschaffung oder der
    Zugang zu
    - einem (oelfreien) Luftkompressor (2-5 bar) und
    - einem Ultraschallreinigungsbad.
Auch die Anschaffung einiger Vergaserduesen in Standardgroessen (5x
fetter, 2x magerer) auf Vorrat kann lohnen. Bei japanischen
Vergasern (Mikuni, Keihin) sind Ersatzteile oft mit einer
beachtlichen Gewinnspanne belegt und im Ausland (Amerika) haeufig
fuer einen Bruchteil des hiesigen Preises zu beziehen. Oft lohnt
sogar ein Import.

In den folgenden Abschnitten sollen die Grundlagen der
Vergasereinstellung, wie sie bei annaehernd allen Modellen anfallen,
umrissen werden. Besonderheiten und Abweichungen sowie Einstellmasse
sind den Werkstatthandbuechern zu entnehmen. Einschlaegige
Schrauberbuecher liefern hier oft nicht die gewuenschte Information;
Luftdruck- und Temperaturkorrekturtabellen sucht man vergebens.

3.2 Grundvoraussetzungen
    Vor dem Schrauben am Vergaser ist darauf zu achten, dass die
    uebrigen Fehlerquellen, die den Motorlauf beeinflussen koennten,
    vermieden bzw. ausgeschlossen werden. Kontrolliert werden:
    - Luftfilter (Sauberkeit),
    - Auspuff (Durchgaengigkeit, Verschmitzung, Dichtigkeit),
    - Zuendkerzen (Sauberkeit, Waermewert, Elektrodenabstand,
    Anzugsmoment),
    - Motoroel (Viskositaet, Oelstand),
    - alle Flansche, Verbindungen, Dichtungen und Schlaeuche (auf festen
    Sitz, Beschaedigungen, korrekte Verlegung, etc.).

3.3 Schwimmerstand
    Vor Reparatur- und Optimierungsmassnahmen am Vergaser ist der
Schwimmerstand zu kontrollieren, da z. B. ein zu hoher
Schwimmerstand ueber den gesamten Last- und Drehzahlbereich ein zu
fettes Gemisch bewirkt. Glueck haben diejenigen, deren
Schwimmerkammer mit einer Ablasschraube nebst zugaenglichem Stutzen
vorfinden. Mittels eines am Stutzen angeschlossenen, durchsichtigen
Schlauch, z. B. aus der Scheibenwaschanlage des Pkw, der U-foermig
gebogen wird, kann mit geoeffneter Ablasschraube der Schwimmerstand
bei laufendem Motor ermittelt werden. Bezugsmarke fuer den
Fluessigkeitspegel ist meist die umlaufende Trennfuge zwischen
Vergaserkoerper und Schwimmerkammerdeckel. Der Abstand zwischen Fuge
und Fluessigkeitspegel ist der _Schwimmerstand_. Eine Korrektur des
Schwimmerstandes ist nur nach Ausbau des Kammerdeckels, z. B. mit
dem kurzen Vergaserschraubendreher moeglich. Hierbei wird die sog.
_Angel_, das ist der Betaetigungshebel, der das Schwimmerventil
betaetigt, vorsichtig verbogen.
    Soll der Schwimmerstand bei ausgebautem Vergaser ermittelt werden
oder ist eine Ablasschraube nicht vorhanden oder zugaenglich, so kann
man sich an der Distanz zwischen unterem Schwimmerende und der Trennfuge
des Kammerdeckels orientieren, sobald der Schwimmer das Ventil soeben
geschlossen hat (Vorsicht: Die Ventilfeder nicht komprimieren!).

3.4 Vergasersynchronisation
    Bei Kraftraedern mit Doppel- oder Registervergaser ist die
Abstimmung (Synchronisation) der einzelnen Stufen erforderlich. Ein
Doppelvergaser wird an seinem Unterdruckmessanschluessen (zumeist mit
Stopfen verschlossen) mit Unterdruckmessuhren verbunden und mittels der
Gemischregulierungsschrauben auf gleichen Unterdruck eingestellt. Diese
Einstellung sorgt fuer gleiche Fuellung der Zylinder und einen
vibrationsfreien Motorlauf. Nach allen Massnahmen am Vergaser, die eine
Veraenderung der Gemischregelung zur Folge haben koennten ist eine
Neusynchronisation angeraten. Ich will im folgenden vom einfachstem
Fall, einem einzelnen Schiebervergaser ausgehen. Bei Motorraedern mit
aufwendigeren Anlagen sind die Methoden ggf. anzupassen, d. h. parallel
oder sinngemaess anzuwenden.

3.5 Hauptduese
    Die Groesse der Hauptduese hat Einfluss auf das obere 1/3 bis 1/4
des Lastbereichs, also den Bereich ab dem sich die Duesennadel
weitestgehend aus der Nadelduese (dem _Duesenstock_) gehoben hat und so
nicht mehr zum Querschnitt der Hauptduese beitraegt. Fuer Testfahrten
suche man sich eine Strecke, die mit Vollgas befahren werden kann. Nach
einer ausgiebigen Warmlaufphase ist diese Strecke mehrfach zu befahren.

    Zeigt der Motor Symptome, die an Kraftstoffmangel erinnern, klingelt
er oder zeigt das Zuendkerzengesicht nicht die optimale, leicht
braeunlich/graue Farbe sondern ist hellweiss evtl. sogar mit
Schmorstellen oder Schmelzkuegelchen ueberzogen, so ist das Gemisch zu
mager eingestellt. Ein derartiger Gemischbildungsfehler erweist sich als
besonders fatal, da er die Brennraum- und daher die Motortemperatur
unzulaessig nach oben treibt. Es fehlt ausserdem die Innenkuehlung der
Einlassventile durch das kuehle Kraftstoff- Luftgemisch. Beim 'Klingeln'
entzuendet sich das Gemisch bereits an der (zu heissen) Zuendkerze oder
dem heissen Kolbenboden oder den Zylinderwaenden, noch bevor der
Zuendfunke eine Zuendung einleiten soll. Die abwaertslaufende
Flammenfront schlaegt auf den aufwaertslaufenden Kolbenboden auf und
uebt mechanische Kraefte auf Kolben, Pleuel, Kurbelwelle und Lager aus
und fuehrt laengerfristig zu Motorschaeden durch ruinierte Lager oder
durchgebrannte Kolben.

    Abhilfe schafft hier eine groessere Hauptduese. Als
Faustregel darf gelten, dass eine Vergroesserung der Hauptduese um
dieselbe Schrittweite, wie sie - in entgegengesetzter Richtung - bei
einem Hoehenanstieg von ca. 1000 m lt. Hoehenkorrekturtabelle angeraten
waere, bereits merklichen Einfluss zeigt. Das entspricht typischerweise
etwa 2 bis 5 Prozent, eine 152er Hauptduese koennte man also testweise
auf 158 erhoehen. Abstufungen erfolgen im ...0...2...5...8...0...
Intervall, fuer eine Grobabstimmung reichen Duesen mit Endung 0 und 5.

    Verliert der Motor bei Vollgas an Leistung, ruckt oder russt er
anormal und tendiert beim leichten Schliessen des Gasgriffes zum
Beschleunigen und das Zuendkerzengesicht zeigt eine russige, schwarze
oder sogar leicht oelig/feuchte Faerbung, so ist das Gemisch zu fett und
die Hauptduese zu verkleinern. Eine zusatzliche Pruefung des
Luftfiltereinsatzes ist angezeigt, da verstopfte oder veroelte Filter
aehnliche Auswirkungen haben koennen.

    Zweitaktmotoren liefern im allgemeinen ihre hoechste Leistung bei
einem eher mager eingestellten Gemisch. Viertaktmortoren zeigen die
besten Laufeigenschaften bei eher etwas fetterem Gemisch. Insgesamt
laesst sich sagen, das eine leichte Gemischanfettung mit weniger
gravierenden Nachteilen (z. B. ein Abwaschen des Oelfilms von den
Zylinderwaenden, verrussende Zuendkerzen, hoeherer Kraftstoffverbrauch)
verbunden als das gegensaetzliche Extrem (Motorschaden!).

3.6 Duesennadel
    Die Position und Form der Duesennadel beeinflusst den Motorlauf im
mittleren Lastbereich, also beim kraftvollen Beschleunigen aus mittleren
Drehzahlen. Entstehen hier 'Loecher', dreht also der Motor nicht weich
hoch, klingelt es (Beschleunigungsklingeln), russt es oder haengt das
Kraftrad nicht gut am Gas, so ist eine Veraenderung der Nadelhoehe in
Erwaegung zu ziehen. Die meisten Duesennadeln sind hierzu mit etwa 5
ringfoermigen Rillen im Abstand von etwa 0.5 mm ausgestattet, in die ein
Sicherungsring eingclipst werden kann und die Position der Nadel im
Schieber fixiert. Haengt man die Nadel tiefer, ragt also das spitze Ende
weiter in den Duesenstock hinein (durch Anheben des Sicherungsrings um
eine oder mehrere Position), so wird das Gemisch im mittleren
Lastbereich abgemagert, da bei gleichbleibender Schieberstellung der
effektive Duesenquerschnitt reduziert wird. Im Gegensatz kann die Nadel
durch Unterlegen von speziellen Beilagscheiben um halbe Positionen oder
Umhaengen des Rings um ganze Positionen erhoeht und damit das Gemisch
angefettet werden.

Weiters liefern einige Tuning- und Zubehoerfirmen

    (Dynojet: http://www.dynojet.com)

und Vergaserhersteller auf den Motorradtyp abgestimmte Duesennadeln, die
mit einem anderen Profil (Leistungscharakteristik), geringerem
(Anfettung) oder hoeherem (Abmagerung) Durchmesser ausgestattet sind.
    Eine Veraenderung der Nadelhoehe oder gar des Typs wird in der
Mehrheit der Faelle nicht erforderlich sein und eine Abstimmung ohne CO-
Messgeraet (s. weiter unten) ist schwierig und vom Hobbybastler meist
nicht zufriedenstellend gelingen.

3.7 Leerlaufgemisch
    Startet das Motorrad nur unwillig, ist der Kaltleerlauf unruhig,
patscht der Motor im Schiebebetrieb kraeftig in den Auspuff oder stirbt
die Maschine beim Gasgeben sogar ab, kann moeglicherweise eine
Neujustierung des Leerlaufsystems Abhilfe schaffen.

Dazu ist der Vergaser mit einer Leerlaufdrehzahlregulierungsschraube und
einer Leerlauf[luft][kraftstoff][gemisch]regulierungsschraube (je nach
Ausfuehrung) ausgestattet. Zunachst ist zu pruefen, ob der warme Motor
bei leicht erhoehter Leerlaufdrehzahl (Schraube!) auf Variationen des
Leerlaufgemischs ueberhaupt reagiert. Gelegentlich sind kurze Gasstoesse
erforderlich, um den Vergaser von angereichertem Benzindampf zu
saeubern. Reagiert er, so kann eine Neujustierung nach folgendem Rezept
erfolgen:

    - Hinausdrehen der Leerlaufemischregulierungsschraube (LGRS,
    sinngemaess) bis die Drehzahl abfaellt.
    - Hineindrehen der LGRS, bis die Drehzahl erneut bis auf diesen Wert
    abfaellt.
    - Einstellen der LGRS auf die Mitte zwischen beiden Extremen.

Grundeinstellung der LGRS ist bei vielen Vergasern etwa 1 bis 2 volle
Umdrehungen vom ** LEICHTEN ** Ansitzen auf dem Lagersitz.

Funktioniert obiges Verfahren nicht, so muss die Leerlaufduese angepasst
werden. Der volle Stellbereich der LGRS (von 0.5 bis etwa 2.5
Umdrehungen) ist damit etwa einer Duesengroessenintervall
gleichzusetzen. Ist etwa die LGRS ganz zu schliessen, dann fuehrt eine
Vergroesserung/Verkleinerung (je nachdem, ob es sich um eine LGRS oder
eine LLRS oder eine LKRS handelt) der Leerlaufduese um eine Groesse zum
gewuenschten Ergebnis.

Wie erkennt man ein zu mageres oder zu fettes Leerlaufgemisch generell?

Allgemein laesst sich sagen, dass
    - Auspuffpatschen,
    - spontanes Absterben im Warmleerlauf,
    - Drehzahleinbruch beim Wegbeschleunigen aus den Leerlauf
    (Schluckauf),
    - schlechtes Startverhalten ohne Choke, selbst im Warmzustand und
    - eine 'kaesige' Zunedkerze im Leerlauf
Anzeichen fuer ein zu mageres und
    - Kaltstartschwierigkeiten (sehr sensible Reaktionen auf den Choke,
    nasse Zuendkerzen)
    - russender Warmleerlauf und
    - traeges Beschleunigen
Anzeichen fuer ein zu fettes Leerlaufgemisch sind.

Den genauesten Aufschluss ueber die Gemischzusammensetzung erhaelt man
freilich nur auf dem _Pruefstand_.

3.8 Der Pruefstand
    Die Prinzipien einer Vergasereinstellung mittels Pruefstand, d. h.
CO-Test und gebremsten Abtriebstrollen sollen im folgenden erlaeutert
werden. Wir unter Abschnitt 1 bereits besprochen, erfolgt die
vollstaendige Verbrennung von Benzol nach der chemischen Gleichung

    2C6H6 + 15O2 ---> 12CO2 + 6H2O .

Infolge der hohen Prozesstemperatur entstehen aber unter anderem auch
nur kurzkettiger Kohlenwasserstoffe (HC) und Kohlenmonoxid - letztere
nach der vereinfachten Gleichung

    2CO2 <---> 2CO + O2 .

Abhaengig vom Benzolanteil im Gemisch verschiebt sich der
Reaktionsschwerpunkt mehr oder weniger Richtung Kohlenmonoxid. Ein
fetteres Gemisch beguenstigt eine Entstehung von CO. Nimmt man nun eine
in etwa konstante Brennraumtemperatur an, so kann man vom prozentualen
CO-Gehalt im Abgas auf die Gemischzusammensetzung schliessen. 4-Takt
Motoren laufen mit etwa 1.5 bis 2.0 Vol-% CO optimal.

Mittels eines gebremsten Pruefstandes kann ueber die gesamte Lastkurve
der jeweilige CO-Gehalt ermittelt und protokolliert werden und eine
gleichmaessige Analyse und optimale Korrektur des Gemischs ist moeglich.
Derartige Arbeiten fuert die Fa. Dynojet (s. oben) durch. Die erhebliche
Erfahrung auf dem Gebiet der Vergaserabstimmung rechtfertigt wohl auch
die stolzen Preise der fachmaennischen Beratung.

4.  Vergaserreinigung
    Beim Ueberwintern oder gar laengerfristiger Stillegung des
Motorrades ist der Vergaser zu entleeren und ggf. zu saeubern. Die
Entleerung kann behelfsweise durch fahren mit geschlossenem
Kraftstoffhahn oder ein Oeffnen der Ablasschraube erfolgen.

Ist durch ein Versaeumnis Benzin im Vergaser eingetrocknet (die
schwerloeslichen Oele verkleben Schwimmernadeln, Duesen und Kanaele)
oder Ablagerungen durch rostige Tanks oder Verunreinigungen im
Kraftstoff oder der Ansaugluft in den Vergaser gelangt, muss er
gereinigt werden. Dazu ist er auszubauen und moeglichst komplett zu
demontieren (Einstellungen und Ausbaureihenfolge protokollieren).
Klebrige Ablagerungen koennen durch Einlagern in Reinigungsbenzin an-
und abgeloest werden. Die Verwendung von anderen Verduennungsmitteln
(Nitro, Terpentin, Petroleum) ist kritisch, da O-Ringe, Lagerbuchsen u.
U. nicht resitent gegen sie sind. Nach einer gut bemessenen
Einlagerungszeit sind die Teile mit Pinzette und Pinsel zu reinigen.
Vorsicht: Auch Reinigungsbenzin wirkt beim Einatmen und Hautkontakt
krebserregend! Ggf. Handschuhe benutzen! Lassen sich Ablagerungen in
Luftkanaelen oder Bohrungen nicht beseitigen, so hilft der Gang zum
Optiker, der mit einem Ultraschallreinigungsbad ausgestattet ist.Als
Loesungsmittel eignet sich Ethanol oder besser Isopropanol
(wasserfrei!). Nach einer gruendlichen Reinigung sind alle Oeffnungen
mit Druckluft freizublasen. Dabei bitte auf Filzdichtungen zur
Durchfuehrung von Wellen achten. Die Druckluft treibt die Dichtungen aus
ihren Sitzen. Eine Wiedereinbau ist dann oft nur schwer moeglich.
Anschliessen wird der Vergaser *** MIT NEUEN DICHTUNGEN *** und ggf. mit
neuen O- und Dichtringen wieder zusammen zu bauen (Dichtsatz kaufen).

Alle nach aussen fuehrenden Schrauben (z. B. die LGRS) sind mit O-
Ringen, Druckfedern und Beilagscheiben ausgestattet. Auf
Vollstaendigkeit ueberpruefen!

Lager, Wellen, O-Ringe, Dichtpapier und Schieber *** AUF KEINEN FALL
EINFETTEN ***! Der Staub bindet sich an das Fett und wirkt wie eine
feine Schleifpaste, die in kuerzester Zeit saemtliche Lager ruiniert.
Durch ausgeschlagene Lager kann dann Falschluft in den Vergaser
eindringen. Falls unbedingt ein Gleitmittel notwendig ist (z. B. zum
Montieren von O-Ringen) kann mit Reinigungsbenzin angefeuchtet werden.
Notfalls hilft ein Spritzer Silikonspray.

Nach der Grundeinstellung (Notizen!) sollte sich ein ausgiebiger
Funktionstest mit Gemischueberpruefung anschliessen, da durch die nun
fehlenden Ablagerungen Veraenderungen eingetreten sein koennten.

Noch ein Ratschag: Verstopfte Duesen sind - auch nicht behelfsmaessig -
*** NICHT MIT DRAHTSTUECKEN O. AE. *** zu reinigen. Das weiche Messing
erleidet Deformationen, die die Abstimmung des Vergasers zum Alptraum
werden lassen!

5. Abgasreinigung
    Die bei der Verbrennung entstehenden Nebenprodukte (CO, HC, NOx,
etc.) bergen ein gesundheitliches Risiko. In Abgasreinigungsanlagen
werden sie daher katalytisch zu CO2, H2O und N2 nachverbrannt (KAT).
Damit ein KAT funktioniert, muss er eine gewisse Temperatur erreichen
und die Gemischzusammensetzung stimmen. Geregelte KATs (G-KAT) erfordern
Einspritzanlagen oder elektronische Vergaser, die fuer ein
intervallweise leicht ueberfettetes Gemisch sorgen, wie es fuer die
Nachverbrennung erforderlich ist. Vergaserabstimmungen erfolgen hier
meist ueber eine Veraenderungen des Kennfeldes der Anlage durch eine
Ueberarbeitung der im Speicher des Systems abgelegten Werte.
Hobbybastler ohne Detaillierte Erfahrungen sollten deshalb von
Eingriffen in Ansaug- und Abgaswege absehen.

Der - wenn ueberhaupt - bei Motorraedern haeufiger anzutreffende KAT ist
ungeregelt (U-KAT), d. h. Eingriffe seitens des Vergasers erfolgen
nicht. Der Wirkungsgrad des Systems ist, verglichen mit der
obenstehenden Variante, etwas eingeschrankt. Bei der Abstimmung einer
U-KAT-Anlage nach der 'Gefuehlsmethode' ist, ausser einem leicht erhoehten
Staudruck im Abgastrakt, der das Gemisch aufgrund des verzoegerten
Abgastransports etwas anfettet, nichts grundsaetzliches zu beachten.
Erfolgt die Abstimmung mit dem CO-Tester, ist der moeglicherweise
reduzierte CO-Gehalt zu beruecksichtigen, oder _vor_ dem KAT, z. B.
mittels eines verschliessbaren Diagnoserohrs zu messen.

6.  Duesenreibahlen und Duesenlehren
    Nach erfolgter Vergaserabstimmung kann der Innendurchmesser der
verwendeten Duesen mit einer Duesenlehre ermittelt und eine
'serienmaessige' Duese mittels Reibahle auf die passende Groesse
gebracht werden. Das diese Vorgehensweise nicht der Verschleierung von
Modifikationen vor den strengen Augen des Gesetzes sondern nur einer
efizienten Materialwirtschaft dient (man hat noch weitere Duesen fuer
zukuenftige Tests uebrig), muss wohl nicht extra erwaehnt werden.  ;-)

7.  Fragen und Antworten
    Dieses Kapitel beschaftigt sich mit haeufig gestellten Fragen und
Antworten zum Thema 'Vergaser'. Die Punkte erscheinen in ungeordneter
Reihenfolge - daher sind fuer weitere Informationen die obigen
Sachverhalte und Ratschlaege zu beherzigen.

F: Mein Motorrad springt nicht mehr an. Der Anlasser dreht aber durch
und Sprit ist auch im Tank. Die Zuendkerzen habe ich ueberprueft. Was
tun?
A: Vergaser oeffnen, auf Verunreinigungen und Ablagerungen untersuchen.
Duesen und Kanaele mit Druckluft freiblasen, alle Flaechen mit
Reinigungsbenzin auswaschen. Duesen mit Duesenlehre [s. oben   ;-) ]
kontrollieren. Vergaser mit neuen Dichtungen zusammenbauen,
Grundeinstellung. Falschluft ausschliessen. Abgastest.

F: Der Warmleerlauf ist unruhig. Was tun?
A: Falschluft ausschliessen. Beduesung ueberpruefen. Zu mager?

F: Das Mopped stirbt warm oft ab. Warum?
A: Anderes kaufen. Oder: S. oben!

F: Ich habe mein Mopped entdrosselt. Irgendwie erreiche ich aber BEI
WEITEM nicht die vorgesehene Endleistung. Was tun?
A: Ablagerungen in Motor, Auspuff und Vergaser koennen die Ursache sein.
Freifahren bzw. Reinigen. Wurde die Beduesung angepasst? Der Vergaser
eingestellt? Irgendwelche Modifikationen z. B. durch den Vorbesitzer?

F: Ich habe einen Poserauspuff der Firma XYZ montiert. Mein
Supersportler geht jetzt aber schlechter statt besser. Warum?
A: Viele Sportmotorraeder sind herstellerseitig bereits gut optimiert.
Ein anderer Auspuff aendert die Gemischbildung. Im besten Fall kann man
mittels akribischer Abstimmung noch etwas PS herauskitzeln, im
schlechtesten Fall ist das Ding nicht nur lauter sondern auch noch
langsamer!

F: Mit den neuen Luftfiltern hoert sich mein Chopper zwar prima an, er
laeuft aber heiss und hat weniger Leistung. Warum?
A: Das Gemisch ist mit fast 100%iger Sicherheit zu mager. Bitte rasch
groessere Duesen einbauen, sonst wird der Motor ruiniert!

F: Ich habe jetzt statt einem Gleichdruckvergaser mit 38 mm
Oeffnungsdurchmesser einen Flachschieber mit 45 mm eingebaut. Im unteren
Drehzahlbereich ruehrt sich jetzt aber nicht mehr viel.
A: Selber schuld. Die hoehere Spitzenleistung (soll heissen:
Spitzenluftdurchsatz) erkauft man sich meistens mit einer 'spitzeren'
Charakteristik, d. h. 'unten rum' nix, dafuer 'oben rum' Granate. So ist
das Leben!

F: Wie funktioniert eine Drosselung ueber Gasschieberanschlaege?
A: Der maximale Membranhub des Schiebers wird eingeschrankt, d. h. der
effektive Vergaserdurchmesser und der effektive Hauptduesendurchmesser
verringert.

F: Nachdem ich meinen Drosselsatz eingebaut habe, laeuft meine Kiste
total mies. Was tun?
A: Evtl. hilft eine Umbeduesung. Die modernen Vergaser reagieren extrem
empfindlich auf Einschnuerungen des Luftstroms vor und hinter der dafuer
eigentlich vergesehenen Stelle. Es kann zu Rueckstaus und jeder Menge
anderen interessanten Phaenomenen kommen. Viel Glueck!

F: Mein Motor macht beim Beschleunigen komische Geraeusche. Hoert sich
an, als ob die Kette irgendwo schleift. Woher kommt's?
A: Moeglicherweise liegt 'Beschleunigungsklingeln' vor. Evtl. mal
den Choke leicht einschalten und pruefen, ob das Klingeln weggeht. Falls ja,
ist das Gemisch deutlich zu mager. GROESSERE DUESEN, ABER DALLI!!

F: Kann ich mit 'Normal Bleifrei' fahren, obwohl mein Motor fuer 'Super
Bleifrei' oder 'Super Plus' vorgesehen ist?
A: Ja, aber bitte sehr schonend. Durch die hohe Kompression neigt des
Motor bei nicht genug ROZ/MOZ (ResearchOktanZahl/MotorOktanZahl) zum
klingeln.

F: Mein Motor ist fuer 'Normal Bleifrei' spezifiziert. Erklingelt aber.
Soll ich jetzt 'Super Plus' tanken?
A: Dem Klingeln ueber die ROZ abzuhelfen ist immer zweite Wahl. Wenn ein
Motor klingelt, ist immer etwas faul. Lieber etwas weniger Leistung
durch fetteres Gemisch, als einen durchgebrannten Kolben. Faehrst Du
Rennen?

F: Kriege ich mit mehr ROZ auch mehr Leistung?
A: Evtl. minimal mehr, eher nicht. S. o.

F: Warum muss man Vergaser synchronisieren?
A: Wenn wenn sich die Versorgung der Zylinder unterschiedliche Vergaser
'teilen', dann muessen diese gleichmaessig abgestimmt sein, damit die
Zylinder einheitlich gefuellt werden.

F: Ich moechte in die Berge. Was muss ich beachten?
A: Es gibt Temperatur- und Hoehenkorrekturtabellen. Da kann man seine
Hoehe ueber dem Meeresspiegel (0 m) und die Mittelumgebungstemperatur
eintragen. Aus dem Korrekturfaktor (z. B. 0.9) kann man errechnen, um
wieviel die Duesen zu verkleinern sind. Z. B. bei Faktor 0.9 muss die
serienmaessige Hauptduese 152 auf 0.9*152 verkleinert werden. Evtl. ist
das Leerlaufgemisch und/oder die Duesennadel neu zu justieren. Haendler
fragen oder im Werkstatthandbuch nachsehen.

F: Was ist Vergaservereisung?
A: Durch den Unterdruck im Vergaser und das verdampfende Benzin kuehlen
die Waende ab. Speziell bei feuchtkaltem Wetter kann die
Luftfeuchtigkeit ausfrieren und die Duesen oder Luftkanaele verstopfen.
Symptom: Motor stirbt in der Warmlaufphase ab und ist erst nach
erheblicher Wartezeit (bis das Eis schmilzt) wieder zu starten. Abhilfe:
Vergaservorwaermung einbauen, Foen.

F: Schaut der TUeV die Beduesung nach?
A: Eher nicht.

F: Erschlischt bei einer Beduesungsaenderung der ABE?
A: Nein. Aber Deine B)etriebs E)rlaubnis, was auf's selbe 'rauskommt. Du
musst die Beduesungsaenderung eintragen lassen. Abgasgutachten
erforderlich !

F: Mein Motorrad saeuft unuelich viel Sprit. Was tun?
A: Luftfilter sauber? Vergaser korrekt eingestellt? Betrieb in grosser
Hoehe (s. o.)?

F: Was ist Colortune?
A: Eine Optik, mit der man das Verbrennungsbild beobachten kann. Ideal
zur richtigen Gemischeinstellung. Einen Pruefstand braucht man
allerdings immer noch, es sei denn, man moechte bei Tempo 200 in die
Zuendkerzenbohrung schauen...

F: Wird es diese FAQ auch fuer Einspritzanlagen geben?
A: Nein.

F: Wohin wende ich mich mit Korrekturen und Ergaenzungen?
A: An den Hueter der d.r.m.-FAQ oder bartheld@mppmu.mpg.de .

8.  Schlusswort
    Ich habe mich ein einem laengeren Kraftakt bemueht, alles
wesentliche zum Thema 'Vergaser' zusammenzutragen. Sicherlich kann und
will diese Sammlung nicht vollstaendig sein. Hoffentlich ist sie
trotzdem oder gerade deswegen ein Anstoss fuer persoenliche Kreativitaet
und hilft, die Angst vor der unbekannten Materie etwas zu mildern. Ich
habe den Vergaser meiner Honda XR600R inzwischen schon mehrfach
ausgebaut, zerlegt, modifiziert und wieder installiert und kann vom
Arbeitsaufwand aber auch den Erfolgen ein Lied singen. Uebung macht wie
immer und so auch hier den Meister!

Lasst mich also eure Erfolge und Misserfolge wissen, ergaenzt diese FAQ
mit euren Tips und Anregungen, damit sich moeglichst viele stolze
Moppedbesitzer mit dem Innenleben des silbergrauen Kaestchens vor dem
Einlass beschaeftigen. Meine Devise lautet: Lieber ein optimal
eingestellter und illegaler als ein verpfuschte und legaler Vergaser,
der zudem - und da werden mir die Profis Recht geben - mehr Schadstoffe
in die Umwelt pustet als ersterer.


Happy Biking !


Muenchen, 03.05.1997                                    Volker Bartheld

--------------21658AE7790--