From: Volker Bartheld, bartheld@mppmu.mpg.de
Subject: Loeten oder quetschen ? (war: Re: Werkzeug)
Date: Sat, 15 Mar 1997 09:51:47 +0100
Organization: Max Planck Institut fuer Physik

Hi Matthias und Hobby(nicht)loeterkonsorten !

Matthias Kohrs wrote:
> Am 12.03.97 schrieb schaell:
> JS> der "Ubergangswiderstand einer guten Quetschverbindung ist niedriger,
> JS> d.h. die Verluste sind geringer als bei L"otstellen!

Ach herrje ! Das alte (und leidige) Thema...    ;)

> Ich weigere mich, das zu glauben. Oxidschichten sind bei einer sauberen
> Lötstelle kein Thema, weil nicht vorhanden. Die Kontaktfläche einer
> Lötstelle ist grösser als die einer Quetschverbindung. Wo soll ein höherer
> Übergangswiderstand herkommen?

> JS> Weiterhin l"auft beim L"oten immer etwas Zinn in die Litze. Diese wird
> JS> dadurch steif und anf"allig f"ur Vibrationsbr"uche.

> Das ist nun allerdings hundertprozentig richtig. Aber, wie jemand anders
> bereits geschrieben hat, kann man das umgehen, indem man die Spitze der
> Litze anlötet (sparsam mit dem Lot umgehen!) und sie dann als
> Zugentlastung und Knickschutz weiter hinten einquetscht.

Ihr habt beide Recht:
In der Tat gibt es eigentlich nur zwei Gegenargumente gegen das
Festloeten
von Kabeln in Steckverbinder, als da waeren:

1) Das wegfuehrende Kabelende verliert durch das 'angesaugte' Zinn an
   Flexibilitaet

2) Das Kupfer-Zinn- ('Zinn' stimmt eigentlich nicht. Im 'Loetzinn' ist
Zinn,
   Blei, evtl. Nickel und etwas Flussmittel=Kolophonium drin ! Daempfe
nicht
   einatmen, wird im Koerper deponiert !) Lokalelement baut im feuchten
   (besser noch: sauren) Milieu ein Kontaktpotential (Spannungsgefaelle)
auf,
   der zu Elektrolyseschaeden fuehren kann, die ihrerseits die
Kupferlitze
   vergammeln lassen und *SO* den Uebergangswiderstand erhoehen.

Aus dieser Sichtweise erscheint 'nur quetschen' als der bessere Weg.
Tja,
das stimmt allerdings nur dann, wenn man

1) Ein *professionelles* Quetschwerkzeug (also nicht das 10,-- bis 30,--
   ALDI-/OBI-/PRAKTIKER-/ etc. -Teil sondern wirklich das HIGH-$$-Item,
   das gegen DM 200,-- kostet, exakt auf den Steckschuh abgestimmt ist
   und das die Hersteller verwenden...)

2) und keine vernuenftige Isolierung der Steckverbindung
(=Wasserzugange)

verwendet. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Kombination
- Abisolieren, quetschen
- festloeten und einschrumpfen
immer hervorragend funktioniert hat. Ich reinige mein Mopped mit dem
Hochdruckreiniger (ja, auch unterm Sitz, auch hinter der Frontmaske und
auch die hintere Lampeneinheit...), die XR ist mir schon mal in's Wasser
gefallen und weder das Motorrad noch mein Golf (habe ich seit etwa 6
Jahren) zeigen irgendwelche Kontaktprobleme/Elektrolyseschaeden. Im Ge-
genteil. Die (gequetschte) Verkabelung der Zentralelektrik im Auto ist
mir mal wegen zu hohen Uebergangswiderstand und deswegen hoher Waerme-
entwicklung abgeraucht. Ursache: Falsche Materialkombination !

Man sollte nur folgende Fehler nicht machen:

1) Kabelende erst verzinnen, dann quetschen (gibt keinen guten Kontakt.
   nur die Loetstelle haelt die ganze Verbindung),
2) zuviel Loetzinn verwenden (kriecht in das Kabel und macht es un-
   flexibel),
3) magelhafte Isolierung.

Zum Punkt 3) noch ein paar Erlaeuterungen: Fuer Steckschuh-Steckzunge-
Verbindungen koennte man eigentlich die passenden und vorgefertigten
Isolierhuelsen nehmen. Sieht professionell aus, ich bin aber davon ab-
gekommen, da die meisten nicht 100%-ig dicht sind. Bewaehrt hat sich
bei mir ein buntes Sortiment an Schrumpfschlaeuchen (die neue Gene-
ration schrumpft 3:1 und kann hohe Querschnittsveraenderungen ab-
fangen), die ich ueber den Steckschuh stuelpe (mit ausreichend 'Kragen'
als Knickschutz) und dann festschrumpfe.

Die Perfektionisten unter euch koennen klebstoffbewehrte Schrumpf-
schlaeuche nehmen, die haben auf ihrer Innenseite zusaetzlich eine
Klebstoffschicht, die sich bei Schrumpftemperatur verfluessigt. Damit
kriegt man z.B. geflickte oder angestueckelte Kabel wieder 1000%-ig
dicht.

Ich loete inzwischen am Motorrad und Auto nur noch mit meiner
Weller (glaub 150 W) Loetpistole (die Loetspitze ist eine Trafosekun-
daerwicklung) mit Spitzenbeleuchtung. Diese hat geringe Aufheiz- und
Abkuehlzeiten und ist vom Leistungsniveau auch fuer groessere
'Projekte' (d.h. Querschnitte) geeignet. Zum Einschrumpfen tut's
ein Feuerzeug (nicht braten, das Kabel immer drehen, Flamme bewegen),
wer hat, der nimmt einen Heissluftfoen mit Rohr-(Rundstrahl-)duese.

Ach ja, noch was:
Im KFZ-/KRAD-Bereich verlegt man Kabel *IMMER* in Schutzschlaeuchen.
Das hilft durchgescheuerte Kabel und Kurzschluesse zu vermeiden.
In siphonartigen, d.h. U-foermigen Situationen ist u.U. am tiefsten
Punkt eine kleine Ablaufoeffnung im Schlauch (vorher !) anzubringen,
damit z.B. Kondenswasser ablaufen kann. Auch meine Blinker habe ich
unten mit kleinen Oeffnungen versehen, da keine derartige Lampenein-
heit wirklich dicht ist.

Wie ziehe ich nun Kabel in die Schlaeuche ein ?
- Den Schlauch ablaengen (Durchmesser etwa das 1.25- bis 1.5-fache
des max. Kabelaussendurchmessers) mit etwas Silikonspray versetzen.
- Ziehdraht durchfaedeln, am Ende den (sauberen) Kabelbaum fest-
  machen. Diesen ggf. auch leicht mit Silikonspray einspruehen
- Das gegenueberliegende Ziehdrahtende irgendwo befestigen und
- das Kabel gerade und ohne Verdrehungen durch Ziehen am
  Schlauch einziehen. Ggf. manchmal etwas nachfassen.

Voila ! (Schwierig wird's allerdings wenn zum bereits vorhandenen
Kabelbaum weitere Verbindungen dazukommen sollen. Das klappt nur,
wenn wirklich viiiiel Platz frei ist und der Schutzschlauch nirgends
genickt ist oder um Ecken gefuehrt wird. ===> Unwahrscheinlich !
Daher empfehle ich, lieber einen neuen Schlauch mit den neuen Kabeln
parallel zu verlegen und ggf. Kabelbinder und Spiralbaender (s.
unten) zu verwenden.

Die neue Taktik einiger japanischer Hersteller, Kabelbaeume nur mit
Klebeband zu umwickeln, finde ich salopp gesagt beschis^H^Heiden !
Fuer besonders gefaehrdete Stellen (Blinkerdurchfuehrungen am Rahmen-
heck, Lenkkopf, Anlasserkabel), die z.B. Steinschlag, Dreck und
Spritzwasser ausgesetzt sind, empfehle ich zusaetzlich noch eine
Spiralband, dass man um den Kabelbaum schlingt. So kann man z.B.
auch Steckverbindungen, die naturgemaess die Schwachstellen sind,
am Auseinanderfallen hindern.

> JS> Zuguterletzt: eine Quetschzange nimmt unterwegs weniger Platz weg als
> JS> L"otwerkzeug und braucht keinen Stromanschlu/3 (und keine
> Gaskartuschen).

Da hast Du natuerlich Recht. Unterwegs ist meine Vergehensweise
allerdings
nicht praktikabel. Ich muss allerdings gestehen, dass ich auf meiner
XR600R auch waehrend heftigster Gelaendeeinstaetze keine kaputten Kabel
oder durchvibrierte Lampen (Tip: im Gelaende die Beleuchtung
ausschalten.
Das soll nicht gegen 'Erwischtwerden' helfen, sondern das Lampenleben
ver-
laengern. Viele Lampen sind im heissen Zustand wesentlich empfindlicher
als im kalten...) zu beklagen. Moeglicherweise habe ich Glueck, evtl.
laeuft auch meine XR zu ruhig... ;))

> Um unterwegs die Funktion wiederherzustellen, brauche ich weder
> Quetschzange noch Lötkolben, solange ich einige Lüsterklemmen dabei habe.
> Die kann man zur Not auch nehmen, um einen Gaszug zu flicken...

Das stimmt. Eine (gute) Kombi-Quetschzange ('Kombi' heisst: Mit Seiten-
schneider, Quetscheinrichtung fuer unterschiedlichste Stecker, etc.) und
einen Satz Quetschverbinder/Steckschuhe und -zungen mitzunehmen halte
ich,
gelinde gesagt, fuer Overkill. Eine (oder mehrere) Luesterklemme(n)
sollten
behelfsmaessig gute Dienste leisten. Zu meiner Schande muss ich
gestehen,
dass ich weder Ersatzlampen, noch Bowdenzuege oder das Bordwerkzeug mit-
nehme (fuer 300-km-Touren in und um Muenchen, natuerlich), da das leicht
zugaengliche Hecktaeschchen meines Moppeds in Verbindung mit dem relativ
kompakten und praktischen Werkzeug irgendwie einen 'Mitnehmeffekt' bei
einigen Zeitgenossen ausloest und ich keinen Bock habe, alle 14 Tage
knapp DM 100,-- fuer neues Bordwerkzeug und Ersatzlampen auszugeben...

Hoffentlich bin ich jetzt niemandem in der d.r.m. auf die Fuesse ge-
treten. Die obigen Zeilen sind natuerlich nur MEINE Meinung und MEINE
persoenliche Erfahrung.

MACHT DOCH WAS IHR WOLLT !!          ;))

Bis dann,
auf diesem Rechner !


Volker [der leider heute Arbeiten muss und doch soooo gerne nach Lang-
        wied wollte... ;) ]