From: Dirk Straka, dirk@news.drb.insel.de
Subject: Re: Definition "heizen"
Date: Mon, 16 Sep 1996 12:45:56 GMT
Organization: Dr. Brunthaler IITech GmbH, Germany

Hi Dominic Tanner and all the rest of de.rec.motorrad!

Concerning "Definition "heizen"", you wrote (quoting me):

[...]
> >Dass aber das persoenliche Geschwindigkeitsniveau eines anderen
> >Fahrers auch in dieser Konstellation (zwei "erfahrerne" Fahrer) ein
> >voellig anderes sein kann (sprich: der andere Fahrer in der Lage ist,
> >die selbe Kurve mit 120 und dennoch sicherer zu fahren), das wird da
> >dann vollkommen ignoriert.
>
> Klar. Nur kann man in den Alpen halt kaum je sehen was da noch so
> rumsteht hinter der Kurve. Und je schneller man faehrt desto weniger
> Zeit hat man fuer eine Ausweichreaktion, und wenn man irgendwo was
> wirklich breites steht ist es halt dann zu Ende.

Anscheinend hab' ich noch nicht gut genug erklaert, was ich eigentlich
meine.  Ich versuch's nochmal:  Also, es ist (im Rahmen der physikali-
schen Moeglichkeiten) voellig egal, mit welchem absoluten Tempo jemand
um eine Ecke faehrt.  _Sein_ Risiko veraendert sich mit unterschiedli-
cher Geschwindigkeit, das ist unzweifelhaft.  Wobei es zwei Grenzen fuer
zu hohes Risiko gibt:  Eine untere (zu langsam fahren, Unterforderung)
und eine obere (zu schnell, Ueberforderung).  Aber wo diese Grenzen
liegen, dass ist von Fahrer zu Fahrer voellig verschieden.  Und daher
ist der Vergleich von Fahrer zu Fahrer, der staendig angefuehrt wird,
und insbesondere eine undiffernzierte Aussage ueber ein *absolutes* zu
hoehes Tempo fuer eine Situation einfach nicht zulaessig weil falsch.
Denn da, wo es fuer Dich (oder mich) zu Ende waere, ist es das fuer wen
anders u. U. noch lange nicht.

BTW:  Wir sind auch auf engen Paessen Postbussen begegnet.  Einem direkt
in der Kurve.  Passiert ist nix.  Nichtmal knapp war's.  Warum wohl?

> Da kannst du 1000 mal so gut fahren wie ich, wenn ich auf Sicht fahre
> und du faehrst wesentlich schneller hast du entweder einen Roentgen-
> blick oder gehst ein erheblich hoeheres Risiko ein. 

Das stimmt so nicht unbedingt, weil die Hoehe des Tempos nur dann in je-
dem Falle zu einem anderen Risikofaktor fuehrt, wenn die Betrachtung der
beiden Tempi bzgl. ein und desselben Fahrers erfolgt.  Sobald man Fahrer
A mit Tempo Va und Fahrer B mit Tempo Vb vergleichen will, muss man die
Fahrer und deren Faehigkeiten mit einbeziehen.  Und so kann sich erge-
ben, dass fuer ein und dieselbe Situation mit dem selben Risiko bei Va
80 und bei Vb 140 km/h 'rauskommt.  Hoehere Geschwindigkeit, aber der
selbe Risikofaktor.  Oder glaubst Du ernsthaft, dass z. B. Daehne mit
einer 8er Rundenzeit unsicherer ueber den Ring faehrt als Du mit einer
10er?  :-)

> Und als ich mit der Heizergruppe gefahren bin war mit die Geschwindig-
> keit deutlich zu hoch. Ich haette zwar auch nciht mithalten koennen
> wenn ich gewollt haette, aber ich glaube nciht dass ich noch einen Tag
> mit euch gefahren waere wenn ich es gekonnt haette.
> Vor allem die Tatsache dass ich die Strecken nicht gekannt habe hat
> mich tierisch gestoert. Einfach dem ersten hinterherbraten weil der
> schon mal hier war, und mit ihm sterben wenn er sich irgendwo falsch
> erinnert ? Das ist nicht mein Ding. 

Erinnert ist gut.  So gut, dass man die Strecken aus dem Gedaechtnis
haette fahren koennen, kannte die da keiner.  Und, ganz abgesehen davon,
oeffentliche Strecken am absoluten Limit weil aus dem Gedaechtnis zu
fahren ist eh' ein unkalkulierbares Risiko.  Weil sie sich taeglich,
nein, minuetlich veraendern und kein Streckenposten warnt ...  also
braucht man die noetige Sicherheitsreserve.  Und wenn die eigene obere
Grenze schon zu nahe ist, die Reserven also zu klein werden, dann darf
man das eben nicht fahren.

Aber abgesehen davon hast Du da eine Einstellung formuliert, die ich an-
derswo eben bitter vermisst habe:  Du schriebst die Geschwindigkeit sei
DIR zu hoch gewesen.  Das ist ganz was anderes als "die Geschwindigkeit
IST zu hoch" - denn so ist erstere Aussage valide.  Und von daher hast
Du, zwar auf nicht ganz korrekter Ausgangsbasis, aber dennoch die rich-
tige Entscheidung getroffen.  Denn Geschwindigkeiten, die MIR zu hoch
sind, wuerde ICH auch nicht fahren.  Aber ich wuerde eben niemandem sa-
gen:  "Wenn DU Geschwindigkeiten faehrst, die MIR zu hoch sind, dann
bist DU ein Idiot" - oder lebensmuede oder sonstwas.  Denn der einzige
Idiot waere ich, wenn ICH Geschwindigkeiten fahren wuerde, die MIR zu
hoch sind.

> >Und das ganze hat gar nichts mit Gesetzen oder deren Ueberschreitung
> >zu tun.  Ich suche mir halt einfach meine Geschwindigkeit.  Die Ge-
> >schwindigkeit, die ich meine, unter Beruecksichtung meiner ganz per-
> >soenlichen Randbedingungen verantworten zu koennen.  Unabhaengig da-
> >von, ob sie nun ueber oder unter dem gesetzlichen Limit ist.
> Ja, aber zu behaupten dass sei "sicher" ist gewagt. Sicher bist du in
> einem Atomschutzbunker ;-)

Ich weiss nicht, was das soll.  Du duerftest wissen, was ich meine.
Oder?

[...]
> Ich habe leider die Anlaesse fuer diese Zwistigkeiten nicht miterlebt,
> aber deine Art damit umzugehen erstaunt mich doch etwas. wie du schon
> erwaehnt hast : Nur weil du etwas als "sicher" empfindest muss es auf
> andere (vor allem schwaechere) Fahrer noch lange nicht so wirken.

Richtig.  Und dann gilt auch der Umkehrschluss:  Und nur weil es auf an-
dere riskant wirkt, muss es das noch lange nicht sein.  Oder?  Und genau
das sage ich die ganze Zeit ...  wir sind uns also einig?  :-)  Denn was
_mich_ eigentlich erstaunt und auch aergert ist, mit welcher Ignoranz
manche Leute genau das nicht erkennen und akzeptieren sondern ihre eige-
nen Ansichten und Massstaebe (und Grenzen) als Absolutum hinstellen und
alles andere als unmoeglich verurteilen.

-- 
Dirk                                                    sss#4/DoD#220361
                                                        YZF1000R ABK 1.6
Rasen ist out  -  Wiese ist in.                         27831 - counting