From: Tom Bihr, bihr@informatik.hu-berlin.de
Subject: Alpen: Kuh verwundet - geheilt
Date: Fri, 06 Sep 1996 13:31:06 GMT
Organization: Humboldt University Berlin

Hallo miteinander,

ich bin heil von der ADAC-Alpentour zurueck. Einen so erlebnisreichen Urlaub
hatte ich schon lange nicht mehr. Die Ereignisse im Telegramstil:

- Abreise verzoegert, da Diebe Drehzahlmesser und Uhr geklaut hatten
- 200 km wolkenbruchartige Regenfaelle im Dunkeln im Voralpenland
- Stilfser Joch bei ca. 15-20 cm Neuschnee
- Fast ersoffen beim Rafting auf dem bzw. im Inn
- Bei Abfahrt Gavia springt eine Mauer in den Weg
- Mit Ford Transit ueber den Bernina, Reparatur der BMW
- nach der letzten Uebernachtung in Bayern faellt die BMW beim Beladen auf den 
  frischen Ventildeckel.

Zuerst aber ein dickes Lob an den ADAC bzw. seinen Veranstalter Michael Bartz
(der sich ja als Nuerburgringveranstalter nicht so hervortun konnte). Die Tour
war bestens organisiert und die Unterstuetzung ausreichend. Transporter und ein
Ersatzmotorrad (spaeter sogar zwei) standen bereit. Unser Tourguide Georg war
sehr fit, engagiert und er kannte die Gegend. Ich habe Stellen gesehen, bin
Strecken gefahren und habe Ausblicke genossen, die ich allein wohl nie erreicht
haette. Und: Ich haette nie fuer moeglich gehalten, mit einer Gruppe von
insgesamt 8 Moppeds so flott durch die Gegend fahren zu koennen. 

Die ADAC-Alpentour bedeutet Fahren von einer festen Basis in Pfunds/Tirol aus,
wobei am Morgen und unterwegs Elemente des Sicherheitstrainings (vor allem
Bremsen, Kehren fahren, Wenden) vermittelt werden. Im Programm ist ein
Huettenabend und Rafting auf dem Inn. Dazu hat man natuerlich haufenweise Spass
mit den Gruppenmitgliedern an der Bar, in der Sauna, beim Video betrachten (bei
den Uebungen wurde gelegentlich gefilmt) und natuerlich in den Fahrpausen.
Kosten: 1100 DM

So lief der Urlaub ab:

Samstag: 
Schock. Instrumente weg. Polizei, Anzeige, Versicherung, Haendlerfrage: Ja,
Fahren geht auch ohne Instrumente, Abkleben der offenen Leitungen, Blinker geht
nicht, Sicherung ersetzen, zu Frank (Duttenhofer) und los. Ziel Ettal bei
Garmisch. Landstrasse bis Regensburg. Zahlreiche Umleitungen. ca. 19.00
Regensburg. Entscheidung Autobahn. Wir sind kaum drauf, faengt es fuerchterlich
an zu regnen. Es wird dunkel. Muenchen im Regen, Autobahn geht zu Ende. Die
letzten Kilometer bei stroemenden Regen (Sicht so um die 10 m) auf der
kehrenreichen Strasse nach Ettal. Ca. 21.00 in Ettal Hotel gefunden. Kueche ist
bereits zu. Kuchen muss reichen. :-(

Sonntag:
Hoechst gemuetlich durch das Lechtal, Flexenpass, Arlberg nach Pfunds.
Einchecken, Kennenlernen bei Abendbrot und anschliessender gemuetlicher Runde.

Montag:
Regen. Alle Teilnehmer fahren auf zu Bremsuebungen auf nichtoeffentliche
Strassenabschnitte. Anschliessend Rundfahrt auf Seitenstrassen rund um den
Reschensee. Nebel und Regen. Nachmittags Gruppenteilung und gruppenseparate
Rueckkehr nach Pfunds. Georg ist - freundlich umschrieben - nicht besonders
gluecklich ueber die Gruppenfahrweise und erlaeutert notwendige Regeln. Danach
faehrt es sich leichter. :-)

Dienstag:
Regen. Kurze Bremsuebungen. Reschenpass, Flueelapass. Die Sonne kommt raus.
Flueela runter freies Fahren. Ich komme so langsam in Form. Die Strasse ist auch
bestens ausgebaut. Unten bei Davos auf einem Parkplatz Wenden ueben. Dann weiter
Albula, durch`s Engadin zurueck. Gruppenfahren beginnt wirklich Spass zu machen.
Abends beginnt es zu regnen. Es regnet sehr stark die ganze Nacht hindurch.

Mittwoch:
In Anbetracht des Regens wird das Programm veraendert. Stilfser Joch wird auf
heute vorgezogen, um nachmittag zum Raften zu gehen. Ueber Reschenpass zum
Stilfser Joch. SCHNEE! Die letzten Kehren werden schwierig. Einparken oben ist
sehr schwierig. Die Auffahrt zur Ortlerhuette (3100 m) ist leider nicht
moeglich. Runter geht es ueber den Umbrail - ein wenig nasser Schotter macht
auch mal Spass. Zurueck zum Hotel und auf zum Raften. Durch den heftigen Regen
hat der Inn stark an Wasser zugelegt. Die Veranstalter weisen darauf hin, dass
die Strecke nicht komplett gefahren werden kann, weil sie zu gefaehrlich ist.
Zwischendurch werden die Flosse und wir per Bus ein Stueckchen bergab gefahren.
Anschliessend kommen mehrere Stromschnellen. Schon an der ersten kentern zwei
der drei Floesse. Und ploetzlich war das Rafting nicht mehr lustig. Ich werde
nach laengerer Tauchphase auftauchen und mich ziemlich weit entfernt vom Floss
wiederfinden. Um mich herum heftig tosendes Wasser. Es bereitet grosse Muehe,
wieder zum Floss zurueckzukommen. Der Bootsfuehrer versucht, das Teil wieder
umzudrehen. Gelingt nicht sofort. Einsteigen war dann auch recht muehsam.
Innwasser schmeckt sehr erdig. 
Am Abend gebe ich eine Runde aus, weil ich zum Stilfser Joch hoch die 50000 km
mit der BMW erreicht habe. Unfallfrei.

Donnerstag:
Schotter ist angesagt. Wir fahren Reschen, Umbrail, ueben ein wenig
Schotterbremsen. Suedrampe Stilfser Joch, Bormio, Dann Gaviapass. Wunderschoen.
Fuer die Abfahrt ist Schotter versprochen.
Frank verabschiedet sich zu seinem Hondahaendler in Imst, weil sein hinteres
Achslager mal wieder im Eimer ist. Wir fahren Gruppe. Als der Schotter beginnt,
gibt Georg ein Zeichen, dass ich als Freifahren interpretiere (war aber nur
Schotterwarnung). Tom will sich vergnuegen und faehrt vor. Ein paar Kehren
spaeter wirft sich dann eine Trockenschichtmauer in den Weg. Mein Kruemmer
uebernimmt die Steinmetzarbeiten und reisst einen ordentlichen Stein raus. Die
Maschine faellt. Rechter Ventildeckel hat einen Riss, Ventildeckelschutz ist
hin. Ich bleibe unverletzt. Die Berliner Fraktion der Alpentour hat also
innerhalb einer halben Stunde einen Totalausfall fabriziert. Ich rolle den Pass
runter in`s Tal. Dort wird per Handy ADAC-Mailand kontaktiert. Der sagt:
Abschleppen in naechste Werkstatt. Ich versuche, eine BMW-Werkstatt in der Naehe
ausfindig zu machen. Als ich zurueckkomme, ist der Abschleppwagen schon da und
mir wird mitgeteilt, dass eine Reparatur in Italien zu lange dauert und daher
das Mopped nach Deutschland rueckgefuehrt wird. Aha. Urlaub zu Ende. Mopped wird
zur Werkstatt gebracht und dort zwischengelagert. Als Beifahrere erlebe ich den
grandiosen Foppapass und die Suedrampe des Stilfser Jochs. Macht auch Spass.
Umbrail mit Alpenroesli ist auch nicht uebel. Naja. In der Unterkunft wird
beraten, was zu tun ist. Alternative zu Reiseende waere Teilebeschaffung aus
Deutschland und Selbstreparatur. Fax an ADAC Muenchen.

Freitag:
Halb neun Nachricht aus Muenchen: Die Teile kommen bis zum Abend. Da Franks
Mopped in Imst in der Werkstatt ist, fahren wir zusammen ueber den Reschen und
Bernina nach Italien im Ford-Transit. In I wird mein Mopped wieder eingesammelt
und ueber den Brenner geht es nach Oe, um Franks Fireblade zu holen. Allerdings
kommen wir kurz nach 18.00 in Imst an. Die Werkstatt ist schon zu. Mist.
Gegen 19.00 sind wir wieder in Imst. Schnell ein Sueppchen gegessen und Pullover
fuer den Huettenabend geholt. Da faehrt ein ADAC-Wagen vor und bringt die Teile.
Froehlicher Huettenabend.

Samstag:
Programm fuer den Tag ist Piller Hoehe und Kaunertalgletscherstrasse fuer den
Vormittag und dann freie Verfuegung fuer Einkaufe im Zollfreigebiet Samnaun. Wir
entscheiden, dass ich den Vormittag mit dem Ersatzmopped (Pegaso) fahre und am
Nachmittag dann schraube. Gute Entscheidung. Allerdings liegt mir das Mopped
ueberhaupt nicht. So ein Schaukeleimer. Haette doch lieber die Moto 6.5 nehmen
sollen. Das Schrauben dauert eine Stunde und war absolut unkompliziert. Dannach
noch mit Frank und einem weiteren Teilnehmer auf den Hoehenweg bei Reschen.
Traumhafte Aussicht von da oben. 

Sonntag:
Die ADAC-Tour ist vorueber. Ich moechten noch ein paar Tage anhaengen und
entschliesse mich mit Frank, in die Schweiz auf den Glasspass zu fahren. Dort
haben wir schon im letzten Jahr uebernachtet und uns sehr wohl gefuehlt. Das
Wetter ist sehr kalt. Auf dem Albula faellt Schneeregen. Von Thusis aus drehen
wir nachmittags noch eine kleine Runde durch Italien. Spluegenpass, Malojapass,
Julierpass. Italien ist deutlich waermer als Schweiz. Am Abend entscheide ich
mich, zusammen mit Frank am Mittwoch wieder daheim zu sein.

Montag:
Wir haben uns auf Verlegung des Quartiers nach Italien entschieden. Wir wollen
eigentlich nach Meran. Frank ist wegen einer Erkaeltung nicht besonders gut
drauf. Wir entschliessen uns, nach Bormio zu fahren. Dort checken wir uns ein.
Nach einer Pause geht es Frank besser und wir beschliessen, Gavia und Foppa doch
noch zu fahren. Diesmal geht es gut. Wir geniessen die phantastische Aussicht
auf der Suedrampe des Gavia, ich fahre sehr vorsichtig auf Schotter. :-) Foppa
hoch ist schon schoen und runter ist einfach super. Asphaltiert aber sehr schmal
und sehr viele Kehren.

Dienstag:
Rueckfahrt nach Bayern. Da Franks Maschine Gerausche von sich gibt, fahren wir
nochmal den Hondahaendler in Imst an. Dort ist allerdings nichts zu hoeren. Wir
fahren nach Bayern, Boebrach zwischen Passau und Landshut. Brauereigasthof Eck.
Sehr empfehlenswert.

Mittwoch:
Beim Beladen knallt die Maschine um und bleibt nicht auf dem Zylinder liegen,
sondern rollt ueber. MIST. Natuerlich ist die Maschine nach rechts auf den neuen
Ventildeckel gefallen. Kratzer. Blinkerglas hinten im Eimer. Egal. Jetzt nichts
wie nach hause. Der Weg fuehrt durch Tschechien und das Erzgebirge. Schoene
Strassen bei Karlsbad. Spaeter in den saechsischen Orten nervender
Berufsverkehr. Wir sind am Abend in Berlin. Der ganze Tag bot besten
Sonnenschein und gute Temperaturen. Wir passieren die Stadtgrenze und werden
ordentlich nassgespuelt. Als Abschluss. Sozusagen. :-)

War eine super Veranstaltung. Heute bekomme ich neue Instrumente und dann kann
es wieder weitergehen. :-) 

Gelernt habe ich, dass so ein ADAC-Euroschutzbrief recht nuetzlich sein kann.
Allerdings ist durch die Auslandsvertretung nicht so ordentlich. Waere nicht
Michael auf die Idee mit dem Teileschicken gekommen, haette ich eine nette
Zugfahrt nach Deutschland geniessen duerfen. Was ich auch gelernt habe: Ein
GSM-Handy ist hoechst praktisch. Zur naechsten Tour werde ich sowas dabei haben.
Egal wo man ist, man kann Hilfe rufen. Die Dinger funktionieren auf jedem Berg
und in jedem Tal. Sehr beeindruckend.

Gruss, Tom