From: Marcel Sieling, Marcel_Sieling@do.maus.ruhr.de
Subject: Sicherheitstraining
Date: Sun, 19 May 96 20:35:00 +0200
Organization: Maus Dortmund / Dortmund, Germany / +49-231-697214

Hi,

Gestern war ich bei einem ganztägigen Motorrad-Sicherheitstraining.

Das wichtigste für mich war die Tatsache, daß man sich da nochmal theoretisch
viele Dinge klar machen kann und besser versteht, warum dieses und jenes so
und so funktioniert und nicht anders. Wichtig ist, daß man das Gelernte
regelmäßig übt und vertieft, dazu gehören insbesondere Vollbremsungen und
Ausweichmanöver sowie das Langsamfahren und die verschiedenen
Kurventechniken. Was fehlte, war das Bremsen in Schräglage, aber das ist auch
eher 'was für Fortgeschrittene, dabei gibt's wohl auch schonmal Bruch in den
Kursen. ;-)

Folgende Punkte wurden durchgeführt:

  - Gleichgewichtsübungen auf dem Motorrad:
     - stehend fahren
     - dabei einarmig oder freihändig fahren
     - beide Beine auf eine Motorradseite ("Damensattel")
     - Auf der Sitzbank kniend fahren

  - Kurventechnik: Auf das kurveninnere Lenker-Ende drücken (Lenkimpuls), vor
    der Kurve etwas zur kurvenäußeren Seite einlenken (macht man ohnehin
    automatisch)

  - Ausweichen vor einem Hindernis (dabei auskuppeln und nicht bremsen!)
    Blickführung geradeaus, erst nach dem Auskuppeln das Ausweichmanöver
    einleiten!

  - Mittagessen. ;-)
 
  - Bremsung nur hinten mit blockiertem Hinterrad und dabei feststellen, daß
    ein blockiertes Hinterrad relativ leicht zu beherrschen ist, wenn man
    geradeaus fährt(!)
 
  - Vollbremsung: Auskuppeln, hinten voll bremsen, vorne an der Blockier-
    Grenze dosieren, Motto "hinten voll, vorne toll". ;-) Bei blockierenden
    Rädern sofort lösen und direkt wieder anziehen (nicht zu schnell, da beim
    Lösen das Vorderrad entlastet wird und nicht so hart wieder angebremst
    werden darf). Gegen Ende härter bremsen, vorne darf's auch kurz
    blockieren. Blickführung weit vorausschauend auch in der Bremsung. Nicht
    das Hindernis oder die Straße anstarren.
 
  - Vollbremsung mit Ausweichen (in der Praxis nur sinnvoll ab ca. 60 km/h,
    darunter ist eine Vollbremsung sicherer). Kuppeln, Vollbremsung wie oben
    zum Geschwindigkeit abbauen, Bremsen lösen und Maschine stabilisieren
    lassen, *erst dann* ohne Gas, Kupplung oder Bremse um das Hindernis 'rum.
    Blickführung zum Horizont und die Ausweichlücke fixierend. Nicht auf das
    Hindernis oder die Straße schauen!
 
  - Vollbremsung mit ABS bei 50 und 70 km/h, danach bei 70 km/h mit Sozius.
    Der Bremsweg verdoppelte sich fast von 50 nach 70, war aber mit und ohne
    Sozius (ca. 110 kg schwer) gleich lang (!).

  - wieder Kurvenfahren, jedoch diesmal auf der Kreisbahn, Verdeutlichung der
    Techniken *Drücken* (Maschine in die Kurve drücken, Oberkörper bleibt
    aufrecht), *Legen* (Maschine und körper bilden eine Linie) und *Hang-Off*
    (nur für Rennsport). Fahrer soll den eigenen Geschmack finden und so
    fahren. Mehr Bodenfreiheit beim Legen. Hang-Off nur auf der Rennstrecke,
    da man den direkten Kontakt zur Maschine verliert, wenn man's nicht
    richtig macht. Blickführung weit in die Kurve hinein. Füße oben auf die
    Fußrasten stellen, damit die Fußspitzen nicht aufsetzen.
 
  - Langsam geradeaus fahren (trialmäßiger Stehversuch). Blickführung auf den
    Horizont, nicht auf die Maschine und auf die Straße. Bremsung nur hinten
    und Fahren mit schleifender Kupplung. Beim Umkippen mit einem kurzen
    Gasstoß beim eingeschlagenen Rad die Kiste wieder unter den Schwerpunkt
    bringen.
 
  - Wenden und enge Kreise fahren. Der Wendekreis wird deutlich kleiner, wenn
    man die Kiste beim Wenden in eine Schräglage legt. (Eindrucksvolle
    Demonstration, bei der eine XJ900 erst senkrecht am Lenkanschlag um eine
    180 Grad-Kurve geführt wurde und anschließend stark zur Seite geneigt
    geführt einen um etwa 1,50m kleineren Wendekreis zeigte (!)) Übung des
    Wendens am Lenkanschlag in Schräglage mit schleifender Kupplung im ersten
    Gang und bei gleichzeitiger Bremsung mit der Hinterradbremse.
    Blickführung weit in die beabsichtigte Kurve hinein, nicht auf den Boden
    und auf die Maschine.

  - Theoretische Sicherheitsbelehrung über Klamotten und Ausrüstung etc.

Alles in allem ein recht interessanter Tag, der nur durch zwei Randumstände
getrübt wurde:

  - Ich mußte auf der EN500 von Britta fahren, weil meine Transalp in der
    Werkstatt steht... ;-)
 
  - Es hat vormittags in Strömen geregnet. Wobei der Regen ja eher gut ist,
    um einen Grenzbereich zu erfahren, aber ich fand ihn subjektiv
    unangenehm. ;-)

Ich kann nur jedem empfehlen, so ein Training 'mal zu machen. Es kostet
ca. 120.-DM und ist beim ADAC, bei der Verkehrswacht und beim ACE zu buchen.

take care - Marcello.