From: Guido Neitzer, neitzer@apoll.cs.bonn.edu
Subject: Probleme mit Mitfahrern
Date: Sat, 04 May 1996 17:18:00 +0100
Organization: University of Bonn

Hi.

 Wir hatten hier vor einiger Zeit mal die Diskussion, was man einer
Mitfahrerin oder einem Mitfahrer erklären soll, damit man möglichst wenig
Probleme bekommt.

 Hauptintention war: schaue auf der Seite an mir vorbei, die zum
Kurveninneren geht. Also Linkskurve -> links vorbeischauen, Rechtskurve ->
rechts vorbeischauen.

 Das ist alles gut und schön und mag auch bei Mitfahrern gehen, die schon
häufiger hinten drauf gesessen haben, ich hatte damit letzten Donnerstag
etwas Probleme.

 Ich habe eine Freundin mitgenommen, für die es die zweite Fahrt auf dem
Soziusplatz eines Motorrades war. Beim ersten Mal muß sie ein ziemlich
traumatisches Erlebnis gehabt haben, jedenfalls hatte sie anfangs
furchtbare Angst. Ich habe ihr ein paar Sachen gesagt (nicht zuviel, damit
sie keine Angst haben muß, was zu vergessen und falsch zu machen) und zwar
folgendes:

- Halte Dich an MIR fest.

- Verhalte Dich wie ein Gepäckstück, also kein plötzliches
Gewichtsverlagern, o.ä.

- Schaue auf der kurveninneren Seite an mir vorbei.

 Nun hat das allerdings folgende Probleme aufgeworfen: Sie war anfangs SEHR
verkrampft, hat aber versucht, sich penibel an das zu halten, was ich
gesagt habe. Nun hat man auf der Transalp zu zweit gut Platz, hat aber auch
guten Kontakt zueinander, will sagen, man sitzt in nahezu gleicher Haltung,
mit großflächigem Körperkontakt aber nicht gedrängt. Dies bringt mit sich,
daß der Mitfahrer den Kopf auf einer Seite hält und wenn er/sie sich nicht
ein wenig nach hinten lehnt oder deutlich gerader hält, als der Fahrer,
sind die Helme ein wenig nebeneinander. Nimmt nun der hintere den Kopf auf
die andere Seite wegen einer Kurve kommt es unweigerlich zu einer
Gewichtsverlagerung, die man als Fahrer nur sehr schlecht einschätzen kann.

 Ich habe ihr nach ein paar Kurven gesagt, sie soll erst mal auf einer
Seite bleiben, bis sie sich richtig entspannen kann und sich wirklich wohl
fühlt. Das hatte zwar zur Folge, daß ICH Linkskurven nicht so sonderlich
angenehm fand, weil sie auf der rechten Seite vorbeischaute, aber auch
keine problematischen Verlagerungen mehr hatte -> deutlich sicherer zu
fahren.

 Nach ca. 60-70km und der ersten Tasse Kaffee zum Aufwärmen ging es ihr
richtig gut, sie hielt sich nicht mehr so krampfhaft fest, hatte Spaß an
Kurven gefunden und wollte immer weiter fahren. Hier habe ich nun gesagt,
sie sollte das mit dem Kopf noch mal versuchen und siehe da, durch die
mittlerweile eingetretene Entspannung hatten wir keine Probleme mehr und es
wurde immer besser.

 FAZIT: 

 Einem Anfänger, der zum ersten Mal mitfährt, oder Angst hat, werde ich
NICHT mehr direkt sagen, er soll an der kurveninneren Seite vorbeischauen.
Wenn derjenige verkrampft ist, kann das absolut überraschende und schwer zu
kontrollierende Haltungsänderungen mit sich bringen. Das sollte man imho
erst dann sagen, wenn der/diejenige sich hinten drauf wohlfühlt und
entspannen kann und solche Haltungsänderungen ohne großartige
Gewichtsverlagerung machen kann.

 Was sonst noch wichtig war: Miteinander reden! Das lenkt sie von ihrer
Angst ab und sie konnte direkt loswerden, wenn ihr was gefallen hat und
auch wenn nicht.

cug