From: Luebbe Onken, lucky@holiday.go.sub.de
Subject: Reisebericht Suedtirol-Dolomiten 1/2
Date: 30 Aug 1995 13:04:00 +0200
Organization:

Hi Folks,

Nachdem hier (fast) alle ihre Urlaubsberichte ablassen, will auch ich  
nicht geizen und einen Beitrag zur Datenflut leisten. Wir haben uns mit  
zwei XTs eine Woche in Suedtirol und den Dolomiten rumgetrieben.  
Eigentlich sollten es 10 Tage werden, aber nachdem uns die Tiroler mit  
Regenguessen und Schneefall aus dem Land vertrieben haben sind wir dann  
vorzeitig nach Hause gefahren. :-(

1. Tag: Anfahrtag.
Nach ausgiebigem Ausschlafen und kurzer Diskussion mit meiner Freundin,  
was mit unserer letzten Urlaubswoche noch anzufangen ist (Kult(o)ur oder  
Bergtour) noch eine Karte von Suedtirol gekauft, die XTs gesattelt und  
gemuetlich ueber Schwarzwald und Donautal bis kurz hinter Tettnang an den  
Bodensee gegondelt.

2. Tag: Spasstag!
Vom Bodensee durchs Allgaeu bis Bad Toelz gefahren und dort im Alpamar  
(Spass- und Kurbad) nochmal so richtig im Wasser ausgetobt. Macht Laune!

3. Tag: Endlich Berge!
Von Bad Toelz aus am Achensee entlang ins Inntal. Das Tagesziel heisst  
Brenner. Wir sind im Inntal immer Nebenstraesschen gefahren. Anstelle der  
alten Brenner Nationalstrasse, wo man wegen der vielen Dosen sowieso nicht  
richtig fahren kann, sind wir die Strasse auf der gegenueberliegenden  
Talseite gefahren. Man hat von dort einen prima Blick ueber das Tal, es  
ist schmal und schoen kurvig und vor allem: es ist nichts los!
Hinterm Brenner sind wir dann auf die alten Mussolini Straesschen  
abgezweigt. Ich bin Pfingsten mit ein paar Freunden schon einmal  
dagewesen, wir mussten aber damals wegen der vielen Schneeverwehungen auf  
halber Hoehe aufgeben. Heute liegt kein Schnee und Angelika muss ihren  
ersten Schotterpisten-Haertetest ueberstehen. Mit dem Gas ist sie noch  
etwas zoegerlich (vor allem bergab) aber sie kommt ueberall sicher durch.  
Dafuer, dass sie erst seit Ostern den Fuehrerschein hat, faehrt sie mir  
bergauf - solange ich nicht heize - bald recht zuegig hinterher. Ich  
geniesse es dagegen, so richtig um die Spitzkehren rumzusauen und lache  
die ganze Zeit in mich rein, wenn ich mir vorstelle, dass Hardy dort mit  
der Ninja rumgeeiert ist :-)). Ich haette aber auch nicht schlecht  
geguckt, wenn er mir dort oben begegnet waere. An einem der vielen Bunker  
schlagen wir unser Zelt auf.

4. Tag: Endurotag.
Vom Berg runter nach Gossensass und auf der anderen Seite den Berg hoch.  
Dort ruft das sogenannte Schluesseljoch, welches bestenfalls als Fussweg  
in den Karten eingezeichnet ist. Bis zur Haelfte ist alles "ordentliche"  
Schotterpiste, also gut zu fahren. Auf der Pfingsttour mussten wir auch  
hier wegen Tiefschnees umdrehen. Heute macht nur der Bach, der sich die  
"Strasse" als Bett ausgesucht hat die Steine und Felsplatten extrem  
rutschig.
Nach dem Schottertraining gestern schlaegt sich Angelika hier recht  
tapfer. Nach einem Umfaller mangels Mut zum Gasgeben (Augen zu und durch)  
laesst sie dann doch lieber mich manche haarige Abschnitte fahren. Es sind  
recht lange Stuecke dabei, wo man nicht einmal ans Anhalten denken darf,  
weil man sonst fuenf Minuten an einem Stein hin und her schaukelt, bis die  
Reifen wieder fassen und die Fuhre in Gang kommt.

Anmerkung zu den Reifen: Der Metzeler Enduro 2 ist auf diesem groben,  
steinigen, felsigen, feuchten Untergrund schon oft ueberfordert. Er dreht  
staendig durch und schmiert leicht weg. Was grobstolligeres waere hier zu  
empfehlen.

Weiterhin sollte der Tankrucksack einen nicht daran (be)hindern, sich  
richtig auf die Fussrasten zu stellen. Ich musste mit meiner Kutsche  
deswegen des oefteren am Lenker haengend mit stark gebeugten Oberschenkeln  
fahren, was einigermassen in die Knochen geht. Mit Angelikas XT ohne  
Tankrucksack konnte ich mich dagegen an den steilen Stellen richtig nach  
vorne lehnen, was das Vorwaertskommen stark erleichterte.

Na ja, nach drei Stunden oben angekommen gabs erst mal ein erschoepftes  
Siegerlaecheln fuers Foto. Die Abfahrt auf der anderen Seite war dann  
vergleichsweise ein Kinderspiel. Recht steil, im oberen Teil nichts fuer  
Leute mit Hoehenangst, sehr grober, lockerer Schotter, ein paar dicke  
Felsbrocken und ab und zu tiefhaengende Aeste, sonst keine Probleme.

Nachdem wir unten im Pfitscher Tal angekommen sind, sind wir selbiges zur  
Erholung hoch und wieder runter gefahren, bevor wir in Sterzing gezeltet  
haben.

Ein paar Tage spaeter sagt Angelika mir, dass diese ganze Schotter- und  
ueber Stock- und Steinfahrerei ihr sehr viel mehr Vertrauen in das  
Motorrad und in ihr eigenes Fahrkoennen gegeben hat. Originalzitat: "Es  
faellt doch nicht so leicht um, wie ich immer gedacht habe."

5. Tag: Ab in die Dolomiten.
Von Sterzing aus sind wir ueber das Penser Joch in Richtung Bozen  
gefahren. Die Anfahrt ist sehr schoen und kurvig mit einigen tollen  
Ausblicken in das Tal. Das Penser Tal selbst kann da nicht ganz mithalten.  
Anstelle uns durch Bozen zu quaelen sind wir vorher links abgebogen und  
ueber ein wunderbar kurviges Paesschen (ueber Klobenstein) in das  
Nachbartal gefahren. Von dort aus durch das Eggental (im unteren Teil eine  
Schlucht) und ueber den Karerpass bis Canazei, wo wir aufgrund des kalten  
Dauerregens erst einmal das uebliche Nachmittagsmahl (Heisse Schokolade  
mit Apfelstrudel) zu uns nehmen mussten. Leider verhindern die  
tiefhaengenden Wolken erfolgreich dass wir die Berge bestaunen koennen,  
aber ab und zu taucht doch ein Dreitausender aus dem Grauschleier auf. Von  
Canazei aus ging es dann ueber den Passo di Fedaia, Caprile, Falcade,  
Passo di Valles bis zum Passo di Rolle. Alles landschaftlich sehr schoen,  
leider viele frische Oelflecke auf der nassen Fahrbahn, was mich trotz  
verhaltener Fahrweise ab und zu mal unfreiwillig zum Driften bringt. Am  
Passo Rolle beschlossen wir, im Hotel auf der Passhoehe zu uebernachten.  
Ordentlicher Standard, fuer zwei Personen incl. Abendessen und Fruehstueck  
knapp 140.- bezahlt.

Fortsetzung folgt

-Luebbe

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