Simmeringwechsel an der Paioli-Gabel der Yamaha TZR 125 R 4DL (SP)

Demontage

Zuerst müssen die Gabelrohre ausgebaut werden. Wenn das Motorrad noch fest auf dem Boden steht, werden zunächst alle festsitzenden Schrauben gelöst: ganz wichtig: die oberen Gabelverschlußschrauben (siehe unten), dann die Bremsattelschrauben, Radachse, Gabelklemmschrauben und Lenkerstummel.
Dann ist das Motorrad so aufzubocken, daß die Gabel frei beweglich ist (z.B. durch Unterbauen des Lenkkopfs oder des Motors bzw. durch aufhängen an einer (ausreichend massiven) Garagendecke.
Dann werden Bremssättel, Schutzblech und Rad entfernt, sämtliche Gabelklemmschrauben gelockert und die Stummel demontiert (bzw. gelockert, falls sie unter der Gabelbrücke sitzen). Nun kann jeder Gabelholm herausgezogen werden (hierzu eventuell mit einem Gummihammer leicht von oben auf die Gabelverschlußschrauben klopfen!).

Wie bereits gesagt, empfiehlt es sich, die Gabelverschlußschrauben bei noch eingebauter Gabel zu lockern. Da hier im Beispiel die Gabel bereits ausgebaut war, mußte dies auf der Werkbank geschehen. Da die Verschlußschrauben aus Alu bestehen, empfiehlt es sich nicht, einen Maulschlüssel zu verwenden, da zwischen Verschlußschraube und Maul meist so viel Spiel ist, daß der Maulschlüssel fast immer abrutscht und die Verschlußschraube unschön beschädigt. Also besser einen 6-Kant Ringschlüssel, oder eine 6-Kant-Nuß, die mit einem Baumwolltuch zur Vermeidung von Kratzern unterfüttert werden. Bei der normalen 4DL-Gabel kann man eine 17er-Nuß verwenden, die Verschlußschrauben der SP-Gabel hingegen benötigen eine recht große Schlüsselweite, die meist nicht Teil der Garagenaustattung ist: hier tut es auch ein guter Engländer, der, wie hier auf dem Bild zu sehen, mit einem Tuch unterlegt und möglichst fest, d.h. spielfrei, an die Verschlußschraube angeschraubt. wird
Ist die Schraube gelockert, stellt man das Gabelrohr senkrecht, damit das Gabelöl nicht über die Werkbank läuft, schraubt die Verschlußschraube vollständig heraus, kippt das Gabelrohr über einem Eimer aus und läßt es eine gute halbe Stunde auslaufen. Mit dem anderen Gabelrohr wird identisch verfahren.
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, daß eine der Verschlußschrauben über eine Stange mit dem Gabelrohr verbunden ist. Bei der SP-Gabel gilt dies sogar für beide Rohre.
Alter, dreckiger Gabelöl-Sabber... und sowas soll noch dämpfen???
Die Verschlußschrauben werden von den Einstellstangen gelöst: zunächst Kontermutter lösen, dann kann die Verschlußschraube abgeschraubt werden.
Danach wird die Plastik-Staubkappe am Standrohr vorsichtig abgezogen. Darunter befindet sich ein Sicherungsring, der recht einfach entfernt werden kann.
Jetzt können Stand- und Tauchrohr voneinander getrennt werden. Dazu hält man die Gabel am oberen Ende fest (anschrauben der Gabelbrücke hilft hier!) und reißt solange kräftig am unteren Tauchrohr, bis es aus dem Standrohr herauskommt.
Tauch- und Standrohr sind getrennt. Die obere Gleitbuchse wird vorsichtig etwas aufgespreizt und vom Tauchrohr gezogen, die untere Gleitbuchse, die Beilegscheibe und der Simmerring können dann einfach abgezogen werden.
Alle Teile werden pingelig gereinigt. Aufgrund unangenehmer Erfahrungen mit durch Reinigungsmitteldämpfe (Benzin) hervorgerufenen Schwindelanfällen benutze ich hier nur noch viel heißes Wasser und noch mehr Spülmittel. Hiermit werden Tauch- und Standrohr gründlich ausgespült und anschließend mehrere Tage zum Trocknen auf die Heizung gelegt.
Die beiden Gleitbuchsen werden auf Verschleiß überprüft: beide sind an den Gleitbereichen mit Teflon beschichtet: im Falle der oberen Buchse ist die Teflonschicht außen an der Buchse, im Falle der unteren innen. Eine verschlissene Teflonschicht erkennt man an daran, daß das unter dem Teflon liegende Metall zum Vorschein kommt, hier im Bild erkennt man auf der rechten Hälfte der Buchse die intakte, graue Teflonschicht, auf der linken Hälfte schimmert bereits das bronzene Metall durch. Diese Buchse muß unbedingt gegen eine neue gewechselt werden.
Natürlich werden jetzt auch ein Paar neue Simmerringe im Zubehör, oder Industriebedarf besorgt.
Wie auf dem Foto zu erkennen, ist bei beiden Gabelrohren die Chromschicht stark angegriffen: unter Gabelsimmerring und -staubschutzkappe eingeschlossener Schmutz und Steinchen haben lange, zum Glück aber nur oberflächliche Längsriefen im Chrom hinterlassen, die die neuen Simmerringe in kürzester Zeit wieder runinieren würden!
Mit einem Polierset für 10 Euro von Louis und einer Bohrschmaschine lassen sich die Kratzer in ca. 1 Stunde Arbeit vollständig herauspolieren. Nicht nur Simmerringe werden geschont, sondern auch fahrwerksverbessernd das Losbrechmoment der Gabel reduziert.

Zusammenbau

Die Gabel wird in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammengebaut.

Zum Eintreiben der neuen Simmerringe werden die alten an einer Stelle geöffnet (Beißzange oder Aufsägen), um sie als Eintreibhilfe zu verwenden und die neuen Simmerringe dabei zu schützen.
Anschließend wird das Tauchrohr und der untere Teil des Standrohres mit Gabelöl eingeölt und alle Ringe und Buchsen, der geöffnete Simmerring voran, wie auf dem Foto abgebildet auf das Tauchrohr gesteckt. Dann werden die Gleitbuchsen außen eingeölt.
Das Tauchrohr wird in das Standrohr eingeführt und die untere Gleitbuchse so weit wie möglich mit der Hand reingedrückt. Anschließ wird sie vorsichtig durch umlaufendes Klopfen auf die Beilegscheibe mit einem Plastikhammer und ggf. Zwischenkeilen bis zum Anschlag eingetrieben.
Widersteht die Gleitbuchse dem Versuch, so kann folgendes durchgeführt werden:
  • Anfasen des unteren äußeren Randes der Buchse zum besseren Einsetzen
  • Vorsichtiges Ausschleifen (400 Körnung) der Buchsenaufnahme des Standrohrs, insbesonderen wenn hier Grate vorhanden sind.
Jetzt wird der (eingeölte) Simmerring eingetrieben, in dem wir auf den darüberliegenden geöffneten umlaufend draufklopfen. Der neue Simmerring ist am Anschlag, wenn der Sicherungsring (siehe oben) eingeclipst werden kann.
Man kann nun den geöffneten, als Eintreibhilfe verwendeten Simmering aufbiegen und entfernen.
Vor dem Einschrauben der Verschlußschrauben wird das Gabelöl eingefüllt. Hierzu mißt man grob die für die jeweilige Gabelseite angegebene Menge ab und füllt sie langsam ein. Danach muß jedes Rohr (senkrecht halten!!) mindestens 20-30 mal langsam auseinander und wieder zusammen geschoben werden, damit eingeschlossene Luft aus den Dämpferkartuschen entweicht und jene vollständig mit Öl gefüllt werden.
Anschließend werden die Gabelrohre vollständig zusammengeschoben, senkrecht gegen eine Wand gestellt und das Ölniveau ausgemessen: hierzu wird ein (sauberer) Zollstock eingeführt, ein Meßpunkt am oberen Gabelrohrende genommen, der Zollstock wieder langsam herausgezogen und der Abstand zwischen dem Meßpunkt und dem Ölstrich abgelesen. Diese sog. Luftpolsterhöhe bzw. Gabelölstand wird nun durch Zugabe bzw. Entnahme (10ml-Einwegspritze mit aufgestecktem PVC-Schlauch) von Gabelöl auf den in der Tabelle 2 angegebenen Wert bzw. eine individuelle Wahl gebracht.
Eine Erhöhung des Ölniveaus um einen Zentimeter führt bereits zu einer merklichen Erhöhung der Endfederkraft der Gabel. Bei starken Bremsungen durchschlagende Gabeln kann man durch Verwendung viskoseren Öls (z.B. 20W) und durch Erhöhung des Ölniveaus um maximal 2-3 cm beikommen.

Tab. 1: Ersatzteile

Simmerringe
41x53x10 oder 41x53x10,5
ca. 6-10 Euro/Paar Motorrad Bach, Geiwitz, Götz, etc
Gabelöl 10W oder 15 W ca. 15-30 Euro/Liter Louis, Hein Gericke, Polo, etc
Gleitbuchsen Teflon ca. 40 Euro/Stk Yamaha

Tab. 2: Gabelölstände

TZR-Modell Grundmenge[1] Gabelölstand [2]
4FL 372 124
4DL 420 80
4DL-SP 420 80

[1] Grundmenge Gabelöl pro Holm in ml, die genaue Einstellung erfolgt über den Gabelölstand
[2] Gabelölstand gemessen von Oberkannte Gabelholm bis Ölniveau, Gabel zusammengeschoben und ohne Feder.


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