From: Thomas Schade, toscha@gmx.net
Subject: Schande-Tours goes Korsika/Sardinien (ausführlich!)
Date: Sun, 04 Jul 1999 23:09:05 +0200
Organization: Schande-Tours, Ihr Spezialist fürMotorradabenteuer

Samstag, 19.06.99

Um 7:30 starten Marcus, mein Bruder, und ich zum ersten Treffpunkt der
im Vorfeld als 'Ostgoten' bekannt gewordenen Münchener Fraktion des
diesjährigen Schande-Tours Motorrad-Abenteuer-Urlaubs, der durch
Österreich, die Schweiz und Italien erst nach Korsika und dann nach
Sardinien führen soll.

Pünktlich um 8:30 geht es von Oberau im 4-Pulk, Dirk Demand, ein
Bekannter von Marsi, und Glen Reiff, Member of MMM, hatten sich
pünktlich eingefunden, weiter Richtung Fernpass, auf dem Dirk sich
erstmal ein wenig bergwarm fahren sollte. Danach durch's Engadin hoch
zum Albula und runter nach Tiefencastel, zum Treffpunkt mit den
'Westgoten', Jürgen Schubert, Thomas Hankiewicz, Andreas Portz, Claudia
Hoffert, Hannes Deeken. Irgendwo gibt es eine Zeitverschiebung, wir
waren wohl nicht ganz Just-in-Time aber auch nicht wirklich zu spät.

Das 9er-Pack macht sich Richtung Splügen auf den Weg nach Italien,
faszinierend welche Routen man auf der kurzen Anfahrt finden kann. Auf
der Südrampe dann Glens (Reiff) ritueller Umkipper im Stand, Mittagessen
und Planung der weiteren Route. Bei herrlichem Wetter verspricht schon
die Anfahrt ein Genuss zu werden. Der allerdings hält nur bis zum Ende
des Comer Sees an, bei der Durchquerung Mailands macht die massive
MMM-Farktion Werbung in eigener Sache, es gießt, wie es sich gehört.
Aber wie nach der Nacht der Tag kommt folgt auf Regen Sonnenschein und
ca. 100 km südlich von Mailand wird das Regenzeug wieder eingepackt, so
es denn überhaupt ausgepackt wurde.

Die Abendfähre nach Bastia ist out-of-reach, also wird bei Savona, dem
Fährhafen kampiert. So sehr leere Straßen, Fähren und Campingplätze das
Schöne an der Vorsaison sind, so sind noch nicht geöffnete Restaurants
und Geschäfte dortselbst von Nachteil. So müssen wir mit einer Tüte
Chips zufrieden sein.

Am nächsten Morgen werden Andreas und ich als Spähtrupp vorgeschickt, um
Tickets zu ordern, der rest wird Zelte abbauen und nachkommen. Pünktlich
sind wir beiden am Hafen in Savona und suchen über eine halbe Stunde das
Fährterminal, es gibt einfach keins. Mittlerweile hat uns das Hauptfeld
wieder eingeholt, war nicht so toll der Plan. Und überhaupt, wir haben
immer noch keine Tickets, mehr noch, wir wissen immer noch nicht, wo die
Fähren überhaupt starten. Andreas findet dann heraus, dass der Fährhafen
von Savona ca. 10 km westlich von Savona liegt; eine solche
Nebensächlichkeit muss natürlich nicht beschildert werden. Jedenfalls
gibt es noch Tickets, wenn auch die von uns geplante Expressfähre wegen
Maschinenschadens ausfällt und wir somit auf die doppelt so langsame
Normalfähre umbuchen müssen. Am frühen Nachmittag dann in Ils-Rousse
statt Bastia, kein echter Nachteil, da mit einer schöneren Anfahrt zur
geplanten Location an der Ostküste verbunden.

Korsika verspricht schon während der Anfahrt zum Campingplatz, wir
werden einen recht schönen bei Morini Plage finden, hohen Fahrspaß, die
Straßen sind kurvenreich aber gut asfaltiert. Am Campingplatz dann sogar
Sandstrand und, mit etwas Überwindung, auch eine brauchbare
Wassertemperatur.

Wir beschließen auf diesem Platz 2 Nächt zu bleiben und einen Tag freies
Fahren in Korsika einzulegen. Es finden sich so viele schöne Straßen,
dass sofort beschlossen hier nochmal hinzufahren. Eher enges Winkelwerk
wechselt sich auf kongeniale Weise mit schnellen Wechselkurven ab, die
Fahrer aller Typen von Motorrädern kommen auf ihre Kosten. Die Kette an
Marsis Transe allerdings nähert sich bedenklich dem Ende des
Einstellbereichs, so dass kurzfristig beschlossen wird, in Bastia den
Hondahändler aufzusuchen. Nicht nur dass er eine passende Kette auf
Lager hat, kompletter AFAM-Satz, zeigt sich hier ein Erfolg der vielen
Transen-Diebstähle(?), der Satz ist mit etwa 300 DM auch noch vertretbar
günstig, und wird für wenig Geld innerhalb einer Stunde auch noch
montiert.

Am nächsten Tag ist dann Verlegung nach Sardinien geplant, via
Fährverbindung Bonifacio - St. Teresa Gallura. Wir fahren auf wieder
herrlichen Sträßchen Richtung Westküste, an der wir dann bis Bonifacio
wollen. Hannes hat leider in einer engen Kehre einen Highsider als ihn
eine entgegenkommende Dose wohl überrascht. Er bleibt kurzfristig
regungslos unter dem Mopped liegen, großer Schreck, dann der Verdacht
auf Bänderriss, eine vorbeikommende F650-Treiberin informiert den
Notarzt, da an der Unfallstelle kein Netz verfügbar ist. Hannes
verkündet, recht leichtsinnig wie sich später herausstellen wird, 'Wenn
ich in diesem Monat noch wieder auf's Mopped steige dürft ihr mich Harry
nennen!'. Der Notarzt kommt nach ca. 45 Min., Hannes wird nach Ajaccio
ins Spital verbracht, wir könnenm dem Mobil auf der Landstraße leicht,
in der Stadt nicht mehr folgen, das Passieren einer roten Ampel direkt
neben einem Polizeiwagen verkeifen wir uns. Nach ca. 2 h ist Hannes
geröngt, außer einer Zerrung wird nichts festgestellt, Hannes steigt
wieder auf's Mopped, an dem nur der Kofferträger verbogen ist, und hat
einen neuen Nick. Wir beschließen, es ist mittlerweile 18h, noch so weit
Richtung Bonifacio zu fahren wie es Harrys Bein zulässt.
Irritierenderweise lässt sein Bein die Fahrt bis Bonifacio zu,
wohingegen ein Teil der anderen massiv abschwächelt und unterwegs
Quartier macht.

Am Vormittag sind wir im Hafen und werden sofort von einer deutschen
Motorradfahrerin angesprochen ob wir auch nach Sardinien wollen, woran
sie das nur erkannt hat. Sie selbst hatte mit ihrem Freund in .de
gebucht, nur um hier zu erfahren, dass die Fähre voll sei und sie erst
am Abend rüber kämen. Schaut also schlecht aus, aber es verkehren ja 2
Linien, frag ich mal bei der anderen. '9 personnes et 9 moto, pas des
problèmes!' war die Auskunft, wie bei der Reiseleitung ja auch gar nicht
anders zu erwarten war. Ungläubiges Staunen bei der Deutschen, ich buche
auch für sie 2 Tickets, die Vorgebuchten wirft sie weg.

Auf Sardinien schon gleich super Straßen, wir fahren an die Ostküste bei
Siniscola, von dort sind alle guten Moppedstrecken als Tagestour
erreichbar, was das ständige Verlegen spart. Der erste Campingplatz
(Cala Pineta) erweist sich als herbe Enttäuschung, fast nur leere,
relativ abgewrackt wirkende Wohnanhänger, später werden wir lernen, dass
das Mieten von Wohnanhängern auf Sardinien wohl der Regelfall ist. In
Sta. Lucia finden wir dann einen recht freundlichen Platz (Selema
Camping) direkt am großen Sandstrand der Bucht von La Caletta;
dummerweise wird der Zugang zum Strand um 23h verschlossen, aber auch
auf dem Platz finden sich einschlägige Locations.

Tags darauf die erste, noch kleinere Ausfahrt auf Sardinien, Richtung
Hinterland von Siniscola und Nuoro. Schon diese Fahrt zeigt, was
Sardinien alles an Moppedrevieren zu bieten hat, das macht Lust auf
mehr. Die Lust allerdings vergeht Dirk nachdem er die TDM850 highsided,
glücklicherweise bei geringer Geschwindigkeit, die Schäden sind gering,
er kommt mit blauen Flecken davon. Damit ist der Ehrgeiz der Stunttruppe
geweckt, Marcus versucht am Nachmittag den Sturz von Dirk zu toppen. Auf
einem Schotterweg kann er sich an einer Gabelung nicht sofort für eine
Richtung entschließen, als er dann sieht wo es langgeht ist es für eine
erfolgversprechende Richtungsänderung eigentlich schon zu spät. Er
leitet sie trotzdem ein, verliert etwas die Kontrolle über die Fuhre und
durchquert einen Graben, nur um am gegenüberliegenden Ende die Böschung
hoch zu fahren und einen in Fahrtrichtung stehenden Baum, nein, nicht
an- sondern hoch zu fahren! 6,0 in der B-Note verschaffen ihm die
Spitzenplatzierung. Die F650 landet auf dem Kopf, Lenker massiv
verbogen, Spiegel abgerissen, Hilfsrahmen verschoben, Verkleidung fast
ohne Schaden; Marcus kommt mit dem Schreck und einer gerissenen Naht an
der Alne-Hose davon; zum Glück kommt Wolfgang Saur nach, er wird
Ersatzteile mitbringen.

Marcus aber befreit sich aber vorerst vom Fahren, beim frühstücklichen
Kaffeekochen kippt er sich den Topf mit fast kochendem Wasser über den
Fuß, an Fahren ist bis zur Rückfahrt nicht zu denken.

Die nächste Tour erschließt wieder herrliche Sträßchen im Dreieck
Siniscola - Nuoro - Budduso.

Mit der ersten Tour Richtung Gennargentu-Massiv haben wir extra auf
Wolfgang gewartet, er 'muss', direkt von der Fähre kommend, auf die
große Tour. Wir fahren Dorgali - Tortoli - Lanussei - Seui - Seulo -
Aritzo - Tonara - Fonni - Mamoiada - Nuoro - Sta. Lucia. In Seulo zeigt
mir Andreas die schwarze Flagge, nicht ganz zu Unrecht. Die zu Beginn
des Urlaubs noch recht brauchbaren BT56 der Blade zeigen über eine Länge
von ca. 15 cm die normalerweise unter dem Gummi liegende Karkasse, das
erklärt einige Rutscher. Ich reduziere bei der Weiterfahrt das Tempo und
spiele in Gedanken meine Alternativen durch, 180er Hinterreifen sind auf
Sardinien eher selten, und wenn erhältlich sauteuer, ich werde wohl
einen bestellen müssen. Aber direkt am Ortseingang von Aritzo findet
sich ein Reifenhändler, natürlich hat der keinen 180er auf Lager. Er
findet aber in seinem Altreifenbestand einen 180er MTR02, mit
sagenhaftem kanpp 0,5 mm Restprofil! Unter Kopfschütteln wechselt er ihn
gegen den durchgescheuerten BT56, nicht ohne jedem vorbeikommenden
Bekannten die Geschichte von dem verrückten Deutschen zu erzählen.
Dummerweise wird dabei auch ein völlig zerfetztes Radlager am
Kettenblattträger diagnostiziert, das werde ich in Siniscola auf jeden
Fall wechseln müssen. Da der Ort zudem über ein nettes, und vor allem
geöffnetes, Restaurant sowie eine geöffnete Tankstelle verfügt erhält er
von uns die Bestnote: 3 gekreuzte Bremshebel.

Obwohl ich getan hatte was ich konnte, zeigt sich die Blade wegen der
Reifenwahl beleidigt, sie mag wohl keine Mischbereifung. Zum Ausdruck
bringt sie das als in einer recht zügig zu fahrenden Linkskurve,
allerdings auf frischem Asfalt, schlagartig das Vorderrad wegrutscht.
'Fehlbares Curvieren wird vercrasht...' Diese rüde Fehlbehandlung
quittiert die Blade mit einem 10 m, schier nicht enden wollendem, langen
Rutscher auf der linken Seite, währenddessen sie sich einiger Plaste
endledigt, um dann, nachdem der linke Sturzprotektor ein Widerlager
gefunden hatte, frei nach Archimedes in eine beeindruckende Rolle
anzusetzen, die in einem fulminaten Einschlag auf einem Schutthaufen
(sic!) endet. Ich selbst trudele neben dem Schutthaufen aus und finde
erstmal das Mopped garnicht; im Rahmen steckt eine Distel, so als wäre
sie dadurch gewachsen. Mir ist rein gar nichts passiert, zum Glück trage
ich auch bei den Temperaturen die komplette Alne, das Motorrad springt
auch sofort wieder an, Gabel und Rahmen haben nicht abbekommen, einziger
Defekt ist ein von oben angeschliffener Lichtschalter, der Rest ist
Kosmetik; die Sturzknubbel haben definitv größere Schäden verhindert.

Abends iat eine zweite Moppedgruppe auf dem Campingplatz eingetroffen.
Als sie den Hinterreifen der Blade sehen ist die erste Frage, wie lange
der schon drauf sei. Meine etwas lapidare Antwort 'Seit heute Mittag.'
wird mit fassungslosem Entgleisen der Gesichtszüge quittiert.

Bei mir ist am nächsten Tag Basteln angesagt, das Kennzeichen FFB
bekommt eine ganz neue Bedeutung: Fahren - Fliegen - Basteln. In
Siniscola bekomme ich ein passendes Lager, glücklicherweise verbaut
Honda Normlager, aber das alte Lager bekomme ich nicht ausgetrieben.
Eine FIAT-Vertretung wird von einem Meister mit deutscher Ausbildung
geführt, die Werkstatt super aufgeräumt, wunderbare Werkzeugkollektion.
Der Meister legt seinen ganzen fachlichen Ehrgeiz in die Reparatur des
Lagers, als erstes bringt er das von mir erworbene Lager zurück. 'Ne min
Jong, da mache mer geschlossene Lager rin, dann hält dat auch solang wie
dat Mopped!'. Er kennt die Blade nicht, sonst wäre er mit solchen
Aussagen vorsichtiger. Das geschlossene Lager muss bestellt werden, am
nächsten Tag wird er es mit Hingabe montieren und ganze 30 DM
Arbeitslohn verlangen, das Lager selbst hat 40 DM gekostet.

Am gleichen Tag noch starten Andreas, Hanki, Wolfgang, Hannes, Glen und
Marsi zur zweiten Gennargentu-Tour. Auf dieser Tour verliert Wolfgang
die Kontrolle über die Twin. Als er in einer Kurve auf Rollsplit kommt
rutscht ihm das Hinterrad weg, die Twin fliegt über eine Böschung und
Wolfgang landet unsanft neben einer Leitplanke. Da ihm der Rücken
schmerzt wird vorsichtshalber der Notarzt gerufen, der nach geschlagenen
2h ankommt. Ähnlich desaströs wird sich in der Folge auch das
Krankenhaus von Nuoro zeigen; Wolfgang aber kommt mit einer Prellung und
einer großen Fleischwunde an der Hand, wo der Held-Handschuh gerissen
war, davon.

Am Tag drauf muss die Twin mcguyvert werden. Der Lenker ist massiv
krumm, die Spiegel abgerissen, der Verkleidung geborsten, der
Hilfsrahmen verbogen, ebenso die linke Raste. Der Lenker wird mit einem
Gaskocher erhitzt und dann wieder gerade gebogen, einen Kupplungshebel
hat Wolfgang dabei. Ductape und Kabelbinder fixieren den Rahmen, auch
ein Spiegel, den Wolfgang ursprünglich für die F650 mitgebracht hatte,
wird angebaut.

Die letzten beiden Touren werden vom Restteam Andreas, Hanki und Glen
gefahren, im wesentlichen wieder rings um Nuoro; ich selbst fahre mit
Rücksicht auf meinen Hinterreifen, der mich ja noch 800 km zurücktragen
muss, nicht mehr mit.

Freitags dann Transfer nach Golfo Aranci, wo wir die Nachtfähre nach
Livorno nehmen. Sowohl Marcus wie Wolfgang mit seinem massiv geprellten
Rücken fühlen sich im Stande Motorrad zu fahren. Von Livorno aus sind es
noch 720 km nach München, bis Modena wird in 2 Gruppen gefahren, die
'Kranken' via Lattastrada, die anderen via die geniale SS12, die ich
auch meinem Hinterreifen zumute. Ab Verona geht es dann gemeinsam bis
Germering, wo der Urlaub beim Griechen, bloß keine Pizza mehr(!), seinen
Ausklang findet. 


Fazit

Es war ein toller Urlaub, Schande-Tours schon zum zweiten Mal mit
ähnlicher Bestzung waren wieder für jede Menge Action gut. Das Ganze
hätte mit weniger Stürzen mit Sicherheit noch mehr Spaß gemacht, keine
Frage. Korsika wie auch Sardinien sind tolle Moppedreviere, die mit
Sicherheit wieder mal Ziel eines Urlaubes werden. 


Toscha
Reiseleiter Schande-Tours


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