From: Thomas Schade, toscha@gmx.net
Subject: MMM goes Brno (etwas länger)
Date: Wed, 09 Jun 1999 01:30:03 +0200
Organization: Schande-Tours, Ihr Spezialist fürMotorradabenteuer

Mittwoch:

Pünktlich im Büro um den versprochenen Ducato abzuholen. "Ja, wie,
heute? Ich habe mir 03.07. aufgeschrieben?" Na toll, das stressfrei
geplante Ringwochende beginnt Mittwochnachmittag mit dem Stress einer
kurzfristig zu finden Piller/Tschauder-Facility. Um 18h steh ich mit
Dose mit Anhängerkupplung, aber ohen Anhänger, bei Andi. 5 bis 10
Telefonate später, einige davon auf der Strae, da dass Haus im Handy-Lee
steht, haben wir die Auswahl zwischen 3 Anhängern. Wir beschließen, das
Andi bei Schlaggo mitfahren wird, dessen Uhr geht so falsch wie die
seines Mailclients, so dass er um 18h noch zuhause ist obwohl er um 17h
starten wollte.

Ich schnappe mir den Anhänger und wuchte daheim die Blade hoch, sie
schafft das zum Glück aus eigener Kraft.

Bei strömendem Regen starte ich um 23h nach Brno. Irgendwann eine
Pennpause, der nächste Tag wird anspruchsvoll werden, da muss man
ausgeruht sein.

Donnerstag:

Um 8:30h Ankunft, abladen und die Blade fertig herrichten;
Rahmenschützer und Sturzprotektoren wollen noch befestigt werden.

Dann erstes freies Training. Obwohl Brno ein Rechtskurs ist fühle ich
mich gleich wohl. Mit Ausnahme einer Kurve, die ich bis zum Schluss
nicht 'verstehe', komme ich mit der Strecke zurecht.

Da beide Rasten massiv aufsetzen will ich es mit Hanging-Off versuchen.
Knieschleifer habe ich zwar dabei, aber es war kurzfristig niemand in
der Lage Filz an's Knie zu nähen. Als ich die Alne seinerzeits bestellte
konnte ich ja nicht ahnen, dass Knieschleifer nicht nur Poserzeugs sind
sondern ich sie irgendwann sogar vermissen werde. Na ja, Racetape hilft
beim fixieren, sieht 'ungewöhnlich' aus, aber mal schauen ob sie
überhaupt auf den Boden kommen.

Immer noch freies Training. Um vom Kurvenstudium nicht abgelenkt zu
werden fahre ich einige Runden nur im 4. Gang, Drehmo regelt. Gegen Ende
dann die Offenbarung, der linke Schleifer hat erkennbar aufgesetzt und
sogar am rechten ist bei genauem Hinschauen eine leichte
Oberflächenschädigung feststellbar.

Im Zeittraining dann eine 2:43:xx; damit bin ich nicht nur nicht Letzter
sondern stehe in der vorletzten Startreihe, Platz 40 IIRR, von insgesamt
46 Startern.

Abends werden jede Menge Tierkörperreste unter barbarischen Ritualen
angeschwärzt und verzehrt. Franz Sachs hat Freibier mitgebracht...

Freitag:

Es regnet etwas. Ich bin mir nicht sicher ob das meine Chancen
schmälert, wg. keine Regenreifen, oder steigert, wg. weil einige
vielleicht nicht starten werden und ich meinen
Allwettertourenfahrerbonus ausspielen kann.

Über Mittag geht MMM Essen, Trinken und anderes bunkern. Ein
nahegelegener Supermarkt wird geplündert, turmhoch beladenene
Einkaufswagen ergiessen sich in die Dose, 15 DM pp, unfassbar.

Nachmittags die ersten Rennen. 

Ich starte mit der Blade in Klasse 4 'Über 750 ccm, seriennah'. Schräg
links in der Reihe vor mir Rufus, Andi in der Reihe hinter mir. Rufus
hat sich eine geniale Taktik ausgedacht, anstatt sofort loszufahren wird
er einen tierischen Wheely machen und dabei fast das Mopped abwürgen,
sein Nachbar war darob dermaßen irritiert, dass er nach rechts rüberzog
und sich mir plötzlich eine Gasse in die Reihe vor mir öffnete. Die
lange Rechts Ende S/Z ist kurz nach dem Start immer ein wenig überfüllt,
insbesondere die Innenlinie. Ich suche mir eine freie Linie etwas weiter
außen, wo ich die balgenden Konkurrenten innen immer schön im Blick habe
und ca. 10 überholen kann. Hält natürlich nicht lange vor aber gut tat's
doch. 2 Runden später nähert sich die immer noch eng beieinander
liegende Kampfgruppe um die Plätze 30 - 45 der Links nach der
Gegengeraden. Vor mir bremst jemand abrupt schon bei 200 m, ich muss
nach links ausweichen und komme damit weit weg von der Ideallinie in
einem unanständig spitzen Winkel in die Kurve, was mich zwingt, die
Linie der rechts neben und hinter mir fahrenden geringfügig zu kreuzen.
Aber es geht nochmal gut, alle haben aufgepasst. Dann zieht sich das
Feld auseinander, ich selbst komme aber nicht in Bedrängnis und fahre
Platz 35 nach Hause; beste Rennrunde wieder eine 2:43:xx, schön ist die
Konstanz, die Zeiten differieren zwischen 2:45 und 2:43.

Mit meinem allerersten Rennen überhaupt bin ich soweit zufrieden, ich
habe aber das Gefühl, dass ich bessere Zeiten erreichen können muss.

Abends wieder Grillisieren, Ratschen etc. Ich komme mit einem Berliner
ins Gespräch, der im Rennen hinter mir ins Ziel kam. Sofort kommt von
ihm die Ansage ' Morgen brenn ich dich her!'. Nun ja, man wird sehen.

Samstag:

Wieder freies Training, bei idealen Wetterbedingung, irgendwann im Laufe
des Tages wird die Anzeige 'Air: 32 °C, Track 48 °C' lauten. 

Die Strecke liegt mir immer mehr, die Doppel-Rechts und die erste
Omega-Links gehen fast komplett am Knie; wie konnte ich jemals annehmen,
dass Kneepads nur was für Poser sind? Wie konnte ich überhaupt jemals
vorher Kurven fahren?

Ich beschließe, jetzt auch mal zu schalten, und nachdem mir die
versammelte Expertenschaft versichtert, dass ein Blade-Motor 5-stellige
Drehzahlen in der Lage ist auszuhalten, schalte ich erst zaghaft schon
bei 10' min-1 dann, immer mutiger, erst bei 11,5' min-1. Abgesehen vom
spürbaren Schub scheine ich auch schneller zu sein. Mutig geworden
verlege ich die Bremspunkte vom 200 m Schild zum und teilweise bis
hinter das 100 m Schild. Im Rennen wird das später zu Irritationen
führen. Ich weiß, dass ich schneller bin, ich weiß aber nicht wieviel.

Die Startaufstellung ist analog dem ersten Rennen. Rufus kommt besser
weg, aber ein Münchener 11er Gixxer verbröselt, so dass ich ausweichen
muss, in dem Augenblick zieht der Berliner mit seinem Gixxer vorbei. Das
kann ja lustig werden. 2 Runden beobachte ich ihn und weiß dann, dass
ich ihn praktisch in jeder Kurve auf der Bremse packen kann, ich weiß
dass meine Bremspunkte mindestens 50 m hinter seinen liegen. Eingangs
der 2. Omega-Links ist es dann soweit, zum ersten Mal in einem Rennen
den vor mir Liegenden klassisch ausgebremst, Racing kann so schön sein.

Auf Start/Ziel schiebt sich dann der Münchener Gixxer neben mich, vom
Leistungspotential müsste er mich überholen können, aber plötzlich ist
er weg. Ah ja, er bremst früher. Auf der Gegengeraden zieht er vorbei,
in der Links bin ich schon wieder vorn. Das geht 3 Runden so, auf der
Geraden beschleunigt er mich aus, dafür bremse ich ihn vor jeder Kurve
aus. Auf S/Z verliert er die Nerven und sticht ganz innen rechts an mir
vorbei, nur um dann die Rechts geradeaus zu verlassen, ca. nen halben
Meter vor meinem Vorderrad vorbei. Schade, das hätte noch ein schöner
Fight werden können.

Oder auch nicht. Im ersten Omega-Links stottert plötzlich der Motor, die
Öldruckkontrolle leuchtet auf, ich rolle an den Rand... Erste Gedanken
an einen Motorschaden kommen auf, aber es ist nur profaner Spritmangel.
Bis ich aber die Blade wieder am Laufen habe ist das Feld vorbei, für
die eine Runde gehe ich nicht wieder raus. Man wird sich merken müssen
am Ring immer mit geöffnetem Reservehahn zu fahren, die Reserve hätte
locker gereicht.

Aber ich kann mich nicht wirklich ärgern, ich hatte ein tolles Rennen,
mit zwei klasse Kämpfen, beide gewonnen und zwar durch eigene Kraft, was
will man mehr? Gute Zeiten natürlich, und tatsächlich wird der Einsatz
mit einer 2:36:03 belohnt. Ich bin höchst zufrieden.

Sonntag:

Nach den Rennen ist ein wenig die Luft raus, dennoch wird weiter frei
trainiert. Ich beschließe, die Blade aufzurüsten, sie benötigt unbedingt
einen anderen Umlenkhebel, um das Heck hochzusetzen damit die
Rastenschleiferei ein Ende hat. Nötig wird das weil ich beschließe, dass
das sicher nicht mein letztes Race-Event war; Brno, Rijeka, Most oder
was auch immer, ich komme wieder!


Toscha
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