From: Hans Boskau, boskau@gmx.de
Subject: Re: Werkstatt-Ärger
Date: Thu, 27 May 1999 18:22:51 +0200
Organization: Computing Centre, University of Frankfurt/Main, Germany, EU

Ich wuerde auf keinen FAll fuer DM 200,- klagen, auch nicht mit
Rechtsschutzversicherung.
Das mit dem "jetzt gehe ich eben zum Anwalt" bedeutet noch lange nicht, dass
man auch vor Gericht Recht bekommt. (musste ich schmerzvoll erfahren)

Es ist doch bekannt, dass gerade die Richter in der 1. Instanz haeufig
idiotische  Urteile faellen. (Ausnahmen bestaetigen die Regel) Wenn der
Streitwert unter DM 1.500,- liegt, kann man nicht mal in Berufung gehen.
Dann ist einfach Schluss, mag das Urteil noch so ungerecht sein. Dann kann
einem jeder x-beliebige Richter ein Urteil aufdruecken, das noch so
hahnebuechen ist, um den FAll einfach abzuwuergen.
Mein Cousin ist uebrigens selbst Richter und hat mir unter vier Augen
gesagt, dass es immer wieder solche Richter-Kollegen gibt, die einen FAll
einfach abwuergen, wenn es zu anstrengend wird. Da Richter unabhaengig sind,
haben sie nicht allzuviel zu befuerchten.
Man kann ihnen nicht mal eine Dienstaufsichtsbeschwerde reindruecken.

Habe letztes Jahr ebenfalls mit Rechtsschutzversicherung geklagt. Der Fall
war eigentlich glasklar, hatte Zeugen und alles war echt, und laut Gesetz
haette ich gewinnen muessen.
Der Richter war aber zu doof oder zu faul, um die technischen Sachverhalte
zu begreifen, ausserdem hatte er ueberhaupt keine Lust, sich in die Sache
reinzuarbeiten. Als ich ihm die technischen Zusammenhaenge erlaeutern
wollte, fuehlte er sich in seiner Ehre gekraenkt, da er sich doch nicht von
mir als Klaeger ueber Technik belehren lassen wollte. Er war sehr eitel und
haette der Zwillingsbruder von Sascha Hehn sein koennen.

Der Gegner hat vor Gericht gelogen, dass sich die Balken biegen, und
irgendeinen Wischi-Waschi-Kram erzaehlt, der sich technisch und juristisch
oberflaechlich betrachtet plausibel anhoerte,  bei Einarbeitung in die
Details aber absolut widerspruechlich war. Dem auf den Grund zu gehen,
haette fuer den Richter aber viel zu viel Einarbeitungsaufwand bedeutet,
zumal ihn der Gegner seitenweise mit Verwirrungen und Verdrehungen in seinen
Schriftsaetzen zugeschuettet hat.

Also, hat er einfach schnell ein Urteil gefaellt (ohne dass er Beweis
erhoben hat, d.h. meine Zeugen kamen ueberhaupt nicht zu Wort), die Klage
abgewiesen und den Streitwert einfach unter DM 1.500,- festgesetzt. Mein
Anwalt hat  noch  eine Streitwertbeschwerde eingereicht und versucht, den
FAll in die Revision zu bekommen, aber dort waren die Richter aehnlich
unwillig. Sie haben ihren Kollegen gedeckt und die Beschwerde der
Einfachheit halber abgewiesen, zumal auch sie sich offensichtlich nicht in
die technischen Einzelheiten reinfuchsen wollten.

Jetzt koennte ich noch eine Beschwerde beim Bundesgerichtshof wegen
mangelnden richterlichen Gehoers einreichen - sofern meine Rechtsschutz auch
dies noch bezahlen wuerde. (was ich bezweifle). Doch ist mir nach ueber
einem Jahr des Prozessierens mein Frieden lieber. Ich habe den Richter
angerufen und ihm gesagt, was fuer eine mieser, fauler und ungerechter Kerl
er ist, der die Urteile zusammenwuerfelt und geltendes Recht mit Fuessen
tritt. Habe ihm gewuenscht, dass ihm mal aehnliches passiert.
Doch den hat's offensichtlich wenig gejuckt;  mich hat nur gewundert, dass
er mir nicht eingehaengt hat.

Meine Rechtsschutz hat bezahlt und ich - habe mein Recht doch nicht
bekommen, dafuer aber jede  Menge Aerger gehabt.

Daher mein Tip: unbedingt versuchen, sich guetlich zu einigen. Man kann ja
mit Anwalt und Klage sowie Gutachterstreit bluffen, aber wegen rund DM
200,-- wuerde ich niemals  klagen. Man lasse sich auch nicht von Dritten zu
einer Klage anheizen, letztlich hat man selbst die Arbeit am Hals, wenn die
Gegenseite die absurdesten Dinge in ihren Schriftsaetzen behauptet.

Und noch ein Hinweis: Ein selbst eingeschalteter Gutachter wird vor Gericht
nicht anerkannt, da immer vermutet wird, dass es ein Parteigutachten war.
Diese Kosten zahlt daher i.d.R. auch keine Rechtsschutzversicherung. Wenn,
dann bestimmt das Gericht einen unabhaengigen Gutachter. Also vorsicht,
schnell eigenmaechtig zum Gutachter zu laufen - kann ziemlich teuer werden.

Habe ich mal in anderer Sache gemacht: Habe privat einen Gutachter
(oeffentlich vereidigt usw.) beauftragt. Auf Basis dieses Gutachtens habe
ich dann geklagt, doch das Gutachten wurde vor Gericht nicht anerkannt. Das
Gericht hat selbst einen Gutachter bestimmt - dieser hat dann dasselbe wie
mein Gutachter rausgefunden - ich habe nachher zwar gewonnen, bin aber -
trotz Rechtsschutz - auf den Kosten fuer den ersten, von mir beauftragten
Gutachter sitzengeblieben.

Viel Glueck, Hans

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Ralf Kleineisel  schrieb in im Newsbeitrag:
374D0A1C.B096CB9E@astro.uni-wuerzburg.de...
> SK wrote:
>
> > Wie groß genau ist denn eigentlich der Schaden (in DM)? Lohnt sich die
Mühe
> > überhaupt? Gebrauchte Limas kriegst Du teilweise für unter 200 DM, dafür
> > arbeitet kein Anwalt (weiß ich aus eigener, trauriger Erfahrung).
>
> Wenn er eine Rechtsschutz hat zahlt das entweder die oder der Gegner,
> wenn er verliert.
> Wenn mir einer 200 Mark zerstoert, hat er's zu ersetzen. Schoen, wenn
> das fuer dich die Muehe nicht wert ist, IMHO sollte die Werkstatt
> merken, dass sie mit den Kunden nicht alles machen kann. Leider ist
> der Kunde fuer viele Werkstaetten nur der zahlende Dumme.
>
> --
> Ralf Kleineisel - Astronomisches Institut - Universitaet Wuerzburg (__)
> http://www.astro.uni-wuerzburg.de/~kleineis/homepage.html      ____(oo)
> wd#42   rrr#247   wts#247    Honda CJ 250 T   BMW R 80 GS     /     \/
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>                                                               ^^   ^^