From: Florian Peter, flori@parkett-berlin.de
Subject: KTM - Beschlagnahme in der Zeitung (lang)
Date: Sun, 02 May 1999 17:34:46 GMT
Organization: Richter&Peter Parkett Berlin-Dubai-New York

Aloha !

Nachdem ich mit der Beschlagnahme-Geschichte bei einem Anwalt war,
fragte der mich, ob er darüber, mit anderem Namen natürlich, im
Tagesspiegel was schreiben könne. Mir wars Wurscht, soll er doch. Er
sagte mir dann später noch mal, dass er seiner Phantasie bei solchen
Artikeln freien Lauf lasse, nun, das tat er dann wohl auch.
Dieses Wochenende war der Artikel dann im Tagesspiegel (vom
30.4./1.5.) im "Mobil"-Teil, Seite M3. Hier isser nu, für alle, die
keine Tagesspiegelleser sind.

Überschriften:
Wenn die Brülltüte nicht auf taube Ohren stößt
Die Polizei darf bei Umbauverdacht Motorräder beschlagnahmen
Ein Widerspruch gegen die Beschlagnahme führt zu nichts

Unter bestimmten Voraussetzungen ist die Polizei berechtigt, ein
Kraltfahrzeug zu beschlagnahmen. Dies ist meist dann der Fall, wenn
der Polizist den Verdacht hat, daß das Fahrzeug nicht (mehr) den
Anforderungen des Straßenverkehrszulassungsrecht entspricht. Dazu der
folgende Fall.
Wilhelm Brause (ROTFL, Anm. d. Autors) langweilt sich. Seine VFR ist
zwar ein nahezu perfektes Motorrad, aber eben völlig seelenlos. Zum
Ausgleich dieser Monotonie schafft er sich eine 400er KTM an, ein
knackiges Motocrossmopped, das schon serienmäßig nur gerade so über
eine Betriebszulassung verfügt. Brause will den Geschmack von Freiheit
und Abenteuer jedoch pur und befreit die ,,Kati" von der Leistungs-
drosselung und sorgt für frischen Durchzug, indem er den
Luftfilterkasten modifiziert. Der Auspuff wird zur ,,Brülltüte", er
gestattet nach Brauses Eingriff den ungehinderten Einblick in den
Brennraum. Alles in allem: Brause hat nun ein Mopped, das lebt. Jeden-
falls hört man es kilometerweit atmen.
Es dauert nicht lange, bis die freundlichen Beamten in Zivil den auf
dem Hinterrad von Ampel zu Ampel sprintenden Brause anhalten und sich
den Motocrosser etwas genauer anschauen.  Brause staunt, wie schnell
der Polizist die fehlende  Lultfilterabdeckung  feststellt und darüber
hinaus auch noch meint, die im Kfz-Schein eingetragenen 27 PS seien ja
nun völlig untertrieben. ,,Und das Teil hier ist mit Sicherheit kein
SchaIIDAMPFER" Der Polizist hat also einen Verdacht.
Da aber der Verdacht nicht ausreicht, um einen Bußgeldbescheid oder
Schlimmeres zu erlassen, muß Gewißheit her. Die liefert in solchen
Fällen wie diesem ein unabhängiger Sachverständiger. Die Polizei ist
dazu aber auch noch mißtrauisch: Sie möchte möglichst vermeiden, daß
Brause den Originalzustand wiederherstellt, bevor der Sachverständige
sich das Mopped angeschaut hat. Die KTM wird also aus Gründen der
Beweissicherung beschlagnahmt.
Voraussetzung für die - rechtmäßige - Beschlagnahme ist unter anderem,
daß der Polizist zumindest den hinreichenden Verdacht hat, daß das
Krad eine (erhebliche) Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer oder für
die Umwelt darstellt. Bestätigt sich der Verdacht, ist die
Betriebserlaubnis erloschen!
Welche Anforderungen an den Verdacht zu stellen sind, hängt vom
Einzelfall ab. Aus naheliegenden Gründen reicht schon ein relativ
geringer Verdacht aus, wenn zum Beispiel die Bremsen betroffen sind.
Die Polizei  ist jedoch weder imstande noch verpflichtet, schon auf
der Straße den Verstoß ,,gerichtsfest" nachzuweisen. Dazu darf sie
sich der Hilfe eines Sachverständigen bedienen. Da dieser jedoch meist
nicht anwesend ist, wird ihm das verdächtige Motorrad erst ein paar
Tage später vorgeführt.
Und das ist, was den Moppedfahrer ammeisten schmerzt. Wünschenswert
ist, daß die Polizei mit ausreichendem technischen Gerät ausgestattet
wäre, etwa um exakt nachweisen zu können, daß der Schalldäm~
fer den Schall nicht ausreichend dämpft. Meist ist dies jedoch nicht
der Fall, so daß es auf die persönliche Geräuschempfindlichkeit des
Polizisten ankommt.
Wie sollte sich nun der Moppedfahrer bei der Beschlagnahme verhalten?
Um es gleich ganz deutlich zu sagen: Widerstand ist zwecklos!
Einzig Kooperation mit den Polizisten hilft, um möglichst schnell das
geliebte Stück aus dem Fängen der Ordnungshüter wieder zu
befreien. Gibt man den Zündschlüssel nicht heraus, wird eben ein
Techniker beauftragt, der zwei Wochen später den Motor für die
Leistungsmessung ans Laufen bringt. Widerspricht man der
Beschlagnahme, wird das Mopped  trotzdem mitgenommen und
vier Wochen später segnet ein Richter die Beschlagnahme
dann ab.
Unterstützt man hingegen - wenn auch zähneknirschend - die Beamten,
hat man das corpus delicti dann meist nach ein paar Tagen wieder
zurück.
Eine Variante könnte jedoch beispielsweise darin bestehen,
gegebenfalls den Polizisten dazu zu überreden, nicht das ganze
Motorrad zu beschlagnahmen, sondern ,,nur" den Racing-Schalldämpfer.
Dann kann man wenigstens mit dem Originaldämpfer weiterfahren.
Ratsam ist es aber auf jeden Fall, den Zustand des Motorrades vor der
Beschlagnahme möglichst genau festzuhalten, um nach der Rückgabe etwa
vorhandene Schäden reklamieren zu können.
Die Kosten für die Sicherstellung, Transport und Begutachtung werden
zusammen mit dem Bußgeldbescheid wegen Verstoßes gegen die StVZO (bis
zu 150 Mark und drei Punkte bei unzulässigem Auspuff) in Rechnung
gestellt, wenn der Verdacht des Polizisten bestätigt wird.
Gutachterkosten von bis zu 1000 Mark sind nicht so selten, aber
durchaus angreilbar: Allerdings erst mit einem Einspruch gegen den
Bußgeldbescheid. Und dagegen hilft generell eben nur eines:
gar nicht erst basteln.
CARSTEN R. HOENIG (Rechtsanwalt in Berlin)

OCR is übrigens ne feine Sache

FLORI - aka Wilhelm Brause
-- 
93er VFR 750 F  - 42 Mm
97er LC4-400SC - 10 Mm - beschlagnahmt-geklaut-entstempelt