From: lerch, lerch@wirtschaft.uni-kassel.de
Subject: Nostalgie
Date: Fri, 09 Apr 1999 09:32:47 GMT
Organization: Deja News - The Leader in Internet Discussion

Hallo zusammen,

hat da nicht neulich jemand so eine Nostalgie-Story aus der wilden 50er-Zeit
gepostet? Wie auch immer, durch den Kreidler-Thread wurden auch in mir
Erinnerungen wach an jene Zeit, gepraegt von mit 2-Takt-Gemisch
geschwaengerter Luft, mit denen ich Euch nun langweilen will...

Es war zu der Zeit, als man als holder Juengling von 16 Lenzen die Wahl hatte
zwischen einem Mokick (50 ccm, 40 Km/h, FS-Kl. 5) und einem Kleinkraftrad (50
ccm, 80 Km/h, FS-Kl. 4). Mokicks fuhren guenstig mit
Versicherungskennzeichen, Kleinkraftraeder hatten normale Kennzeichen,
kosteten Steuer und vor allem sehr sehr viel Versicherung. Wer nicht gerade
Sohn reicher Eltern war (Toechter auf Mopeds waren damals tatsaechlich noch
die Ausnahme), kaufte also in der Regel ein Mokick, brachte das restliche
Taschengeld zum Teile(schwarz)haendler seines Vertrauens und begann mit der
technischen Modifikation...

Der Markt war fest in der Hand von Kreidler, Zuendapp und Herkules, in
geringem Umfang gab es noch *Exoten* wie Puch, Garelli, KTM. Japaner
tuemmelten sich nur sehr vereinzelt in diesem Segment, ihre Stunde sollte
erst mit der Einfuehrung der 80 ccm Leichtkraftraeder kommen. Die Favoriten
der 50er Klasse hiessen vielmehr Kreidler RS, Zuendapp KS 50, Herkules Ultra,
Puch Monza,...

Eines Tages stand sie schliesslich da, mein ganzer Stolz: Eine nicht mehr
ganz neue, aber dennoch mit ihrem Chromtank in der Sonne blitzende Kreidler
RMC (das Mokick) mit Zylinder, Vergaser und Uebersetzung der RS (das
Kleinkraftrad). Ein Dreh am Zuendschlussel, Ein Tritt auf den Kickstarter,
und schon war der kernige Zweitakt-sound zu vernehmen. Eine wahre
Klangsymphonie dann bei etwa 10000 Umdrehungen, wenn der Motor seine max.
Leistung von knapp 6 PS entfaltete. Eine unbaendige, vom Mofa trotz
Luftfiltermodifikationen nicht gekannte Kraft, die beim Spiel mit der
Kupplung auch im zweiten Gang noch das Vorderrad steigen liess...

Von nun an waren wir untrennbar verbunden, bei Wind und Wetter, Sommer wie
Winter machten wir die Strassen unsicher. Beim taeglichen Weg zur Schule, bei
so manchem Rennen gegen die Zuendapp und Herkules der Klassenkameraden oder am
Wochenende auf grosser Tour. Ueberhaupt war das das Groesste, Sonntags zum
Edersee zu duesen, wo einen manchmal sogar die richtigen Motorradfahrer
gruessten. Innerlich vor Stolz schier zerplatzend, doch aeusserlich cool und
laessig erwiderte man den Gruss, spuerte im Ruecken das ehrfurchtsvolle
Erschauern der Sozia...

Doch wie so viele Geschichten aus jener sorgenfreien Zeit, endete auch diese
jaeh und ploetzlich: Eines Abends, es muss so gegen 23 Uhr gewesen sein, hielt
mich dieser gruen-weisse Passat an. Zwei nette Herren machten mir nach kurzer
Zeit unmissverstaendlich klar, dass ich am naechsten Morgen ein den Papieren
entsprechendes Fahrzeug vorzufuehren haette. Da hiess es handeln: Den original
Zylinder hatte ich noch, den Vergaser aber laengst verscherbelt. Da musste ich
wohl auf die eher semi-professionell umgestempelte Groessenangabe
vertrauen...Beim Schein einer Taschenlampe wurde der Rest noch in der Nacht
umgebaut, nur um am Morgen zu erleben, dass der diensthabende Ordnungshueter
gerade mal lange genug von seinem Pausenbrot ablaesst, um einen Blick durchs
Fenster zu werfen und mit einem gemurmelten "Wird schon stimmen" die
Maengelanzeige abzeichnet... :-(

Nostalgische Gruesse
Achim ;-)

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