From: Matthias Lieth, matthias.lieth@fernuni-hagen.de
Subject: Bericht: SHT am Fahrsicherheitszentrum Nürburgring (länglich)
Date: Mon, 29 Jun 1998 10:18:28 +0100
Organization: FernUniversität Hagen

Hi Leute,

übers Wochenende habe ich das Sicherheitstraining mitgemacht, das 
vom Fahrsicherheitszentrum am Nürburgring angeboten wird. Wen's 
interessiert, kann sich den Salmon weiter unten ja mal durchlesen.

Der Samstag Morgen beginnt mit ein bischen Theorie über die Physik
eines Motorrades, Kurven- und Blicktechnik sowie einem Video, in
dem die vorher besprochenen Dinge vorgeführt werden. Die Bilder 
sind nett unterlegt mit Grafiken, die die wesentlichen
Dinge verdeutlichen. Außerdem sind Modelle vorhanden, mit denen 
Kreiselkräfte und Lenkvorgänge am Mopped verdeutlicht werden.

Danach geht's in den Trialparcour. Schon in der Vorabinformation
wurde man gebeten, Handtuch und _leichte_ Schutzbekleidung 
mitzubringen, da dieser Teil des Trainings sehr anstrengend sei.
Wohl dem, der sich dran gehalten hat! Zuerst werden ein paar 
Runden auf Asphalt gefahren, um die kleinen Moppeds kennenzulernen.
Sehr enge Slamoms (sp?) und Kurven.
Ziel des Trialfahrens ist es zunächst, zu lernen, das Motorrad durch 
Gewichtsverlagerung zu lenken und zu stabilisieren. Dazu 
Gleichgewichtsübungen: auf der stehenden Maschine stehen und das
Ding mit dem Körper ausbalancieren. Danach ein paar Runden durch 
den Wald. So langsam fängt es an, Spaß zu machen. Schwierig wird es
wieder, als die ersten Hindernisse überquert werden sollen. Über 
einen Baumstumpf zu fahren ist leicht, aber die Maschine gerade 
dann anzuhalten und auszubalancieren, wenn das Hinterrad auf 
dem Stumpf ist... Auch das Fahren durch eine Regenrinne ist 
erstaunlich schwierig. Hier geht es tatsächlich nur, wenn man die
korrekte Blicktechnik anwendet. Diesen Effekt werden wir noch
öfter feststellen, vor allem bei größeren Hindernissen.

Nach knapp drei Stunden Trial steht man im eigenen Saft, Zeit für
die Mittagspause. Büffet für unverschämte 22,- DM... Hier ist 
Gelegenheit, den Dosentreibern auf auf den Schleuderflächen
zuzugucken. Viel gelache, das leiser wird, als unser Instruktor
darauf hinweist, daß wir morgen mit dem Motorrad auf diese Flächen
fahren.

Na ja, nach dem Essen fahren wir mit den eigenen Maschinen. Zehn 
Teilnehmer mit ganz unterschiedlichen Moppeds: GSX-R 750, V-Max,
CB500, CX750, 2xR1100RS, Freewind, ZZR-1100, beste Güllepumpe der
Welt und Pegaso; unser Instruktor Peter auf XJ600N. Zuerst mal Kreise 
fahren, Kreisdurchmesser vielleicht gute zehn Meter. Immer zwei
Maschinen gleichzeitig. Korrekte Blicktechnik und nach und nach fahren
alle saubere Kreise. Fast alle fahren ihre Reifen hier bis auf die 
Kante. Peter steht wie ein Dompteur im Kreis und gibt Tips.

Danach Slalom, ziemlich eng gesteckter Kurs. Das Mopped muß schon
ziemlich stark gedrückt werden, um sauber durchzufahren. Beim Versuch,
eine Pilone wieder aufzustellen, kippt die V-Max um. Der Fahrer prellt
sich die Schulter und fällt am nächsten Tag aus. Weil wir gerade so
richtig drin sind, werden Runden um den Trialparcour gefahren.
Affengeil. Nie gekannte Schräglagen auf einem prima gebauten Kurs.
Natürlich super Asphalt. Peter fährt hinter jedem mal her und weist 
auf Fehler hin.

Zum Abschluß des Tages erste Bremsübungen: erst nur Hinterrad 
(hier sehen die Sportler gaaaanz schlecht aus), dann nur Vorderrad. 
Allgemeine Müdigkeit macht sich breit, also Zeit für Feierabend.
Abends dann noch ein paar Runden mit denen, die von weiter weg 
angereist sind. Netten Bikertreff aufgesucht, lecker gegessen und
dummes Zeug geredet.

Am Sonntag morgen wird wieder Trial gefahren. Die Übungen, die gestern
noch arge Probleme machten, gelingen heute (meistens) auf Anhieb. 
Zeit, den Schwierigkeitsgrad zu steigern. Auf Betonschwellern fahren 
und steile Hügel rauf und runter. Nachdem es mich gestern schon auf
Asphalt hingehauen hat (allzuviel Schräglage verkraften die
Stollenreifen
nicht) stürze ich heute, weil ich beim Wheelen das Lenkrad verreisse.
Anderen passiert das auch; vor allem beim schwierigsten Hindernis, drei
zusammen gelegten Baumstämmen, Durchmesser etwa 80cm. Hier kommt es 
reihenweise zu Stürzen, insbesondere beim Runterfahren vom Hindernis.

Nach einer Kaffepause geht es mit den eigenen Maschinen weiter. 
Bremsen steht auf dem Programm, wieder erst nur hinten, dann nur vorne
und zum Schluß mit beiden. Danach Ausweichen vor der omminösen 
Autotür, kombiniert mit hartem Bremsen. 

Mittagessen. Den Dosen zugucken. Am Nachmittag steht uns das halbe 
Gelände zur Verfügung, so daß große Runden gefahren werden können.
Pro Runde etwa 600m mit 8 Kurven. Außerdem ein Hügel, über den blind
gefahren werden muß. Bei 80km/h leicht am Griff drehen, und ... nur
fliegen ist schöner. Man muß halt aufpassen, daß Peter nicht in der 
Nähe ist. Auf Sprünge reagiert er allergisch. 

Nächste Übung ist bremsen und ausweichen in Schräglage.

Zum Abschluß des Tages die Schleuderfläche. Wer wollte, durfte eine 
FJ1200 mit ABS (1. Generation) und Auslegern fahren. Zuerst nur hinten
bremsen - allen gelingt es, die Maschine auf der glatten Fläche zum 
Stehen zu bringen. Dann nur Vorderradbremse. Es rappelt ganz schön
im Lenker, wenn das ABS regelt. Nur einer kann die Maschine nicht halten
und ist auf die Hilfe der Ausleger angewiesen. Im dritten Turn wird
der Motor abgeschaltet und damit auch das ABS. Es gibt kein Halten mehr,
die Maschine rutscht bei der ersten Bremsbetätigung weg. Da hilft nur
noch
festklammern und warten, bis die Rutschpartie zu Ende ist. Da gibt's gar
keinen Zweifel mehr: für Otto-Normal-Fahrer ist ABS dringed
empfehlenswert.

Zum Abschluß des SHT Fragebogen ausfüllen und Urkunde mit Diplom :) 
entgegennehmen und den Rückmarsch nach Hause antreten.

Die Kosten: Zwei Tage am Wochenende: 450,- DM
            Zwei Tage unter der Woche: 400,- DM

Fazit: Das SHT ist prima als Einstieg geeignet, da die Grundlagen des
Moppedfahrens geübt werden. Alle Übungen werden im zweiten Gang
gefahren,
Bremsen bei Tempo 50. Auf dem kleinen Rundkurs waren wir mit etwa 60-70
an der schnellsten Stelle unterwegs, auf dem Großen kann man auf der 
Geraden auch mal schneller sein. Für höhere Geschwindigkeiten ist das 
Gelände zu klein, es soll in nächster Zeit aber ausgebaut werden. 

Nachteilig sind die Wartezeiten bei den Übungen, da immer nur einer 
fährt, vom Instruktor beobachtet wird und dann erklärt bekommt, was 
zu verbessern ist. Ansonsten hat es tierisch Spaß gemacht und bestimmt
dazu beigetragen, etwas sicherer unterwegs zu sein.

Bei nächster Gelegenheit werde ich mir ein paar Pilonen besorgen und 
Ausschau nach einem geeigneten Gelände halten, um die Übungen immer 
wieder aufzufrischen. Wer kennt da einen geeigneten Platz im Großraum
Hagen/Dortmund/Iserlohn/Lüdenscheid?

Gruß
  Matthias, auf R1100RS