From: Alexander Weidt, demos@cs.tu-berlin.de
Subject: Alex und das Entenmonster
Date: 23 Jul 1997 15:26:46 GMT
Organization: Technical University of Berlin, Germany

gestern nachmittag bin ich die ducati monster (m900) probe gefahren.
sie ist ein relativ eigentuemlich gestyltes, verkleidungsfreies (bis
auf eine windschutzschale) motorrad mit stahlgitterrohrrahmen und v-2
motor.  sie heisst zwar monster und hat 250cc mehr hubraum, aber neben
meiner vfr sieht sie eher aus wie ein fahrrad mit hilfsmotor.  (siehe
auch: http://www.motorradonline.de/MRD/KAT/katalog.asp?ID=291)
 
als ich bei dem motorradhaendler in der barfussstrasse (im wedding)
wurde ich von den verkauefern freundlich gegruesst (der eine trug trotz
der bulligen hitze ein lages hemd mit veste und sogar ein schwarzes
halstuch; aber es scheint ja herumgesprochen zu haben, dass ducati
fahrer sehr leidensfaehig sind (was das genau heisst sollte ich spaeter
auch selber erfahren)...  ich habe also einige formulare ausfuellen
muessen meine papiere vorzeigen und allderweile eine standpauke ueber
mich ergehen lassen wie sehr vorsichtig ich mit dem mopped fahren
muesste da sie noch nicht richtig eingefahren ist (hatte gearde 242km
auf'm tacho) und ja nicht voll aufdrehen.  ``ja papa'' dachte ich und
freute mich schon insgeheim auf den angeblich durchzugsstarken motor.
gewarnt wurde ich auch, dass ich den motor nicht laufen zu lassen
waehrend die karre auf dem seitenstaender steht, da sonst das ganze oel
zu der einen seite runterlaufen wuerde und die oberen nocken trocken
laufen koennte (hat die keine oelpumpe?), und auch nebenbei, dass sie
einen wendekreis hat wie ein lkw.  nun gut.
 
wir gingen also raus zum monster und ich inspizierte sie erst mal nach
sturzschaeden aus der befuerchtung dass weil sie alle so nett
erschienen, sie jemandem suchten auf den sie einen transportschaden
oder aehnliches aufdruecken konnten, habe aber nichts gefunden.  der
haendler zauberte dann den schluessel hervor und liess sie an (auf dem
seitenstaender).  die italienerin fing nach anfaengliches rauespern
sich in das gespraech einzumischen und punktuierte ihre tief-sonoren
saetze mit zuendungsaussetzern und kleinere fehlzuendungen.  mir kam's
so vor als ob die beim zusammenbauen im motor einige schrauben lose
haben rumliegen lassen und die sich jetzt mit rasseln und scheppern zu
wort melden wollten.  nun ja die 19,400.- eier die sie fuer dieses
monstrum verlangen muss sich ja irgendwie auch gerechtfertigen denke
ich mir, wenn schon ein drehzahlmesser und soziusbank fehlen muss sie
wenigstens ordentlich scheppern.
 
ich besteige das monster und fuehle mich auf anhieb recht wohl auf der
straff gepolsterten sitzbank, wobei mir der knieschluss am tank als
nicht so ganz geglueckt erscheint.  ich sage rasch ein kleines gebet
und lege den ersten gang ein.  *krach*  erwiedert die rote italienerin
und ich interpretiere das als ein ``ok.. let's rock!''  ich versichere
mir das keine blechdosen im anmarsch sind und lasse vorsichtig die
kupplung kommen. *kluck*  scheisse.. wo ist hier nochmal der anlasser?
ich wette ducati hat ihn unter die sitzbank eingebaut.. ach nee.. ist
ja wohl dieser kleiner knopf .. *vrooom*  ok.. second try.  behutsam
gleite ich aus der parkluecke und schaffe trotz riesigem wendekreis den
bogen und marschiere im trab zur naechsten ampel als ich merke, dass
die seitenspiegel wohl nur zur schau da sind (wobei ich statt dem
verkehr einen wunderschoenen ausblick auf meine ellbogen gewinne).  an
der ampel bemerkt ein herranfahrender motorrad fahrer wie unsicher ich
wirke, ich erklaere ihm gleich, dass ich auf einer probefahrt bin und
er laechelnd die monstroesin begutachtet als es gruen wird und ich ihn
statt der ducati eine staubwolke zu betrachten gebe.  heh heh.
 
nun ergreift mich die dunkele seite der macht, als ich auf freier
strecke ein bischen forsch am gashan drehe und der v2 sofort pariert
indem er mit tiefem brummen willig seine 67 ps ans hinterhuf drueckt.
druecken tut es mich auf der sitzbank nach hinten ebenso wie die ganzen
muetter und kinder die sich vom schall der zwei endtoepfe an die
hauserwaende gepresst werden.  wow.  zwar nicht ganz so flick und
nachdruecklich im vorwaertstrieb wie der roter baer, aber dafuer hat
man nicht das gefuehl die schnellste naehmachine berlin's zu fahren.

aber nun offenbart es sich warum das ding monster heisst.  es ist
naemlich ein mischling uebelster sorte;  halb fahrrad, halb motorrad.
durch den breiten lenker und die aufrechte sitzposition zusammen mit
dem ziemlich niedrigen gewicht laesst sie sich superleicht in
schraeglage bringen wo sie dank der guten federelemente sich pudelwohl
fuehlt.  auch die bremsen lassen keine wuensche offen; gut dosierbar
und wirkungsvoll leisten sie perfekt ihre dienste.  leider trifft das
auf das getriebe eher weniger zu.  oefters musste ich mit
zwischenleerlauefen kaempfen sowie das rausspringen der gaenge bei
beherzigter beschleunigung.  an der ampel war's immer ein riesen kampf
gegen das monster sie zu ueberreden den leerlauf einzulegen--einen den
ich jedesmal verlor.  staendig zwischen dem ersten und dem zweiten gang
hin und her zu schlalten wobei das guene 'neutral' licht auf dem
amaturenbrett immer fuer hoechstens fuenf millisekunden erleuchtete.
als es dann einmal zu klappen scheinte liess ich behutsam die kupplung
loss und merkte wie das licht ausging und die kiste lossfahren
wollte...  (ich glaube so was nennt man character) enough said.
 
die fahrt schien schnell vorbei zu sein.  von dem motor war ich
ziemlich beeindruckt wobei ich nicht ganz den kniff raushatte wie man
mit dem ding ein wheelie ziehen konnte.  ich naeherte mich also der
barfussstrasse als ich ploetzlich merkte wie die leistung des motor's
nachliess und sie zeitweise auszusetzen pflegte.  was nun?!
schliesslich ging die karre ganz aus.  da stand ich nun ich armer tor
und fluchte auf ducati laut empor.  ich kam aber schnell auf die
ursache--fehlender sprit.  das gelbe laempchen leuchtete schon von vor
der abfahrt aber da der haendler meinte ich sollte nicht weiter als
100km fahren (ich hatte gearde mal 40 geschafft) bin ich davon
ausgegangen, dass genug sprit im fass war.  trugschluss.  aber
jedenfalls hat sich ducati fuer den design des tanks was ganz
raffiniertes einfallen lassen um zu verhindern, dass bei offenem
tankdeckel keine tauben reinscheissen und einen blech deckel vor die
oeffnung eingebaut.  in diesem fall unguenstig, da ich nicht genau
sehen konnte ob noch treibstoff drin war.  so kam ich in die
glueckliche lage zu sehen wie es ist wenn man in einer drueckenden
hitze in voller leder montur mit hoch schaftigen stiefeln und
rueckenprotektor eine ducati zur naechsten tankstelle schiebt...
natuerlich liess sich zu dieser gelegenheit der leerlauf auch nicht
einlegen, so dass ich die ganze zeit die etwas schwergehende kupplung
gezogen halten musste.
 
anyway, nach dem ich von der tankwaertin merkwuerdige blicke erntete
weil ich fuer genau 2,- bleifrei tankte habe ich einige minuten lang
blut geschwitzt (wasser schwitzte ich sowieso schon) da das monster
nicht gleich wieder anging und fuer die naechsten 100m ziemlich
stotterte und so gut wie keine leistung an den tag brachte.  als ich
schon innerlich beschlossen hatte dem verkauefer nichts davon zu sagen,
zog sie dann schon wieder richtig an und ich konnte tief durch atmen.
als ich sie dann wieder abgab (wobei beim versuch sie auf den
seitenstaender abzustellen sich als ziemlich erwies, da immer von einer
feder immer zurueckgeholt wird solange sie nicht auf dem boden steht)
war der haendler richtig froh seine monster heil wiederzusehen und war
doppelt beglueckt als ich was von wegen ''motor ist zwar ganz nett,
zieht aber nicht ganz so stark wie erhofft; vieleicht weil ich nur im
unteren drehzahl bereich gefahren bin'' brummelte.  ach ja, und fuer
den fehlenden sprit hat er sich auch nochmal entschuldigt.  leider,
entgegengesetzt zu den geruechten, gab's kein t-shirt vieleicht wuerden
sie mir einen nachschicken.  let's see.

best regards, alex
--
Too fast to live, too stupid to care.