From: Sylvio Tabor, tabor@bordeaux.informatik.uni-kl.de
Subject: Re: Wo parke ich mein Motorrad ?
Date: 7 May 1997 17:16:00 GMT
Organization: University of Kaiserslautern (Germany)

In article <1997May5.122611@informatik.uni-kl.de>,
m_fechti@informatik.uni-kl.de (Marion Fechtig) writes:
> 
> Hallo an alle!
> Wo parke ich ???

Hm, aufgrund der ueberwaeltigen Reaktion
scheint dieses Thema hier niemanden zu
interessieren oder die Beantwortung der
Fragen ist sehr diffizil.
Da Motorradfahrer zutiefst vorschriftenglaeubig
sind, wird wohl letzteres der Fall sein. :-)

> 
> Nachdem ich jetzt eine Woche mit meiner neuen SLR unterwegs bin,
> stosse ich langsam auf praktische Probleme, die ich frueher schon hatte:
> 
> Wo parke ich ???
> 

> So weit ich weiss, darf man Motorraeder nicht auf dem Gehweg abstellen
> (hab ich frueher immer gemacht).
Dieses Verbot findet sich explizit so nicht in der Strassenverkehrs-
ordnung.
Ein Verbot leitet sich jedoch aus dem Gebot der StVO $12 Abs. 4 ab, 
wonach zum Parken rechte  Seitenstreifen, Parstreifen oder der 
rechte Fahrbahnrand zu benutzen ist.

Dieser Auffassung wird von der Rechtssprechung bei Autos auch
zugestimmt, Autos duerfen nicht einmal mit zwei Raedern auf
einem breiten Gehweg parken.

Fuer Fahrraeder (um mal damit zu beginnen) gilt das Gebot
des Parken am rechtem Fahrbahnrand nur eingeschraenkt:

Fussgaenger duerfen als Konsequenz aus StVO $25 Abs. 2 Fahrzeuge
auf dem Gehweg mit sich fuehren, sofern andere Fussgaenger
dadurch nicht erheblich behindert werden.

Das OLG Celle hat festgehalten, dass Fahrraeder dann nach dem
Schluss des Groesseren auf das Kleinere, auch auf dem
Gehweg abgestellt werden duerfen. [VRS 19,70]
Natuerlich muessen Fahrraeder dabei so abgestellt werden,
dass eine erhebliche Behinderung fuer Fussgaenger ausgeschlossen
sein muss.

Diese Auffassung laesst sich auf Kraftraeder uebertragen,
da auch sie von Fussgaengern auf dem Gehweg mitgefuehrt
werden duerfen, wenn auch das groessere Behinderungspotential
eine Motorrades im Einzelfall zu beruecksichtigen ist.

In der Praxis wird dies von vielen Staedten und Gemeinden so gehandhabt,
wird aber im Einzelfall auf die jeweilige Behoerde und Behinderung ankommen.
Eventuell solltest Du mal bei Deinem Ordnungsamt nachfragen.

Auf jeden Fall verboten ist es, den Gehweg zum Erreichen
des Abstellplatzes zu befahren. Das Fahrzeug muss
geschoben werden.


Des weiteren erlaubt die StVO an zwei Stellen das Parken
auf dem Gehweg explizit, einmal durch das Zeichen 
315 (Parken auf Gehwegen, StVO 42 (4)) oder wenn dies durch
Parkflaechenmarkierungen angegeben wird (StVO $41 (3) 7). 
Wenn das zulaessige Gesamtgewicht Deiner Muehle 2,8 t nicht
ueberschreitet, darfst Du dort auch auf dem Gehweg parken.
Was heisst darfst, Du musst sogar.
Wenn zum Beispiel das "Parken auf Gehwegen" - Schild
einen PKW zeigt, der nur zur Haelfte auf dem Gehweg,
mit der anderen Haelfte auf der Fahrbahn steht, so
darfst Du Dir mit dem Motorrad nicht aussuchen, ob Du Dich 
auf den Gehweg oder auf die Fahrbahn stellst, sondern Du 
musst den Gehweg nehmen. Dies ergibt sich zum einen 
aus StVO $ 12 (3) Nr. 8c,
zum anderen zielt das Erlauben des teilweisen
Gehwegparkens auf eine groesstmoegliche Freigabe
des fliessenden Verkehrs auf der Fahrbahn ab, nicht
auf eine groesstmoegliche Freigabe des Fussgaengerverkehrs
auf dem Gehweg.  

> Soll man sie dann auf der Strasse abstellen, so wie ein Auto?
Im Prinzip ja, dabei ist auch der Grundsatz zu beachten,
dass rechts zu parken ist. Man darf sein Motorrad also
nicht in verkehrter Richtung abstellen, weil es zum Beispiel
wegen einer eventuellen Strassenwoelbung in der richtigen
Richtung abgestellt, stets umfallen wuerde. 
Aus dem Gebot des platzparkenden Sparens ... aeh...
platzsparenden Parkens (StVO $ 12 (6)) laesst
sich jedoch ableiten, dass ein Fz. nicht unbedingt parallel
zur Fahrbahn abgestellt werden muss. Einem quer (im rechten
Winkel) abgestellten Motorrad nicht mehr zuordbare Fahrtrichtung 
sollte dem Fahrer nicht angelastet werden.
(Natuerlich darf das Motorrad dabei nicht behindernd in
den Fahrraum hineinragen)

Nicht (also auch nicht quer) genutzt werden sollten jedoch die zum 
besseren Ein- oder Ausfahren von Parkluecken freigelasssen
Luecken zwischen Parkmarkierungen (etwa an Parkuhren).

Zur Frage des Abstellens "wie ein Auto", ist bei Dunkelheit
folgendes zum Abstellen auf der Fahrbahn zu beruecksichtigen;

In StVO $ 17 Beleuchtung heisst es in Absatz 4:

  Fahrzeuge, die ohne Schwierigkeiten von der Fahrbahn entfernt 
  werden koennen, wie Kraftraeder, Fahrraeder [...]
  duerfen bei Dunkelheit dort nicht unbeleuchtet stehen
  gelassen werden.

Da in den Vorabbestimmungen der Begriff Dunkelheit gegen
die Erfordernisse der Sichtverhaeltnisse abgegrenzt wurde,
meint Dunkelheit die zwischen Abend- und Morgendaemmerung
liegende Zeitspanne. Die Dunkelheit wird nicht durch Mondlicht
oder Schaufensterbeleuchtung aufgehoben.

Kraftraeder muessen also nachts beleuchtet
abgestellt werden. Strittig ist, ob dies mit eigener
Beleuchtung zu erfolgen hat.
In Absatz (4) heisst es zwar, dass eigene Beleuchtung entbehrlich
ist, wenn die Strassenbeleuchtung das Fahrzeug auf ausreichende 
Entfernung deutlich sichtbar macht, obiger Satz ueber Kleinfahrzeuge
wird jedoch gerade als Einschraenkung dieses Satzes angesehen.
(Zum Beispiel Zweibruecken, VRS 48,298). In Jagusch [81, 17/35]
heisst es, solche Fahrzeuge "sind mit eigener Lichtquelle zu beleuchten".
Der Grund ist wohl, dass die Silhouette eines Motorrades durch 
Strassenbeleuchtung nicht auf ausreichende Entfernung deutlich 
sichtbar gemacht wird. 
Gelegentlich wird aber auch die Auffassung vertreten, dass 
eine Strassenbeleuchtung ausreichend sein kann.
Hier herrscht wohl noch einige Unklarheit, wer denn sein
Fahrzeug trotzdem bei Dunkelheit auf der Fahrbahn abstellen
will, sollte auf jeden Fall dafuer sorgen, dass sein
Motorrad kein unsichtbares Hindernis darstellt.

> Bei uns in KL gibt es Zonen, da gilt
> eingeschraenktes Halteverbot, Zusatz: Parken mit Parkschein erlaubt.
> Meistens sind auf der Strasse die Plaetze auch noch eingezeichnet. 
> Was mache ich da? Darf ich das Motorrad auf die eingezeichneten
> Plaetze stellen? 
Ja
Gegengebenfalls musst Du hinnehmen, dass sich zu Deiner
Maschine eine weitere gesellt.

> Muss ich einen Parkschein holen? 
Ja.
Dies leite ich zumindest daraus ab, dass Motorradfahrer
genau wie Autofahrer Parkscheiben und Parkuhren benutzen muessen und
Parscheinautomaten lediglich eine Art Sammelparkuhr darstellen.

OLG Koblenz, VRS 54, 302:

  Im Bereich eines Zonehalteverbots [mit Parkscheibenpflicht]
  ist auch bei einem Motorrad Parken nur erlaubt, wenn der 
  Fahrer des Motorrades an seinem Fahrzeug eine Parkscheibe betaetigt.

Aus der Begruendung:

  Die Pflicht zur Parkscheibenbenutzung gilt jeweils fuer
  alle Fahrzeuge mit Ausnahme "der Besonderen Fortbewegungsmittel"
  nach $ 24 StVO [Rollstuehle, Rodelschlitten, Kinderwagen, etc.]
  Die Parkscheibe soll das Parken moeglichst vielen Fahrzeugen, 
  nacheinander fuer kurze, zeitlich begrenzte Dauer ermoeglichen.
  Dies waere nicht gewaehrleistet, waeren hiervon Motorraeder
  generell und damit auch schwere Motorraeder im besonderen ausge-
  nommen.
  
  Das Motorraeder von der Pflicht zur Parkscheibenbenutzung
  ausgenommen sind, laesst sich aus dem Wortlaut, dass die
  Parkscheibe von aussen gut lesbar sein muss, nicht zwingend
  ableiten.

  Ein Motorradfahrer, der keine Parkscheibe mit sich fuehrt,
  darf im Parkscheiben-Zonenhalteverbot nicht parken.


Wie gesagt, das ist ist im Prinzip ohne Umstaende auf
Parkscheinautomaten uebertragbar, insbesondere, wo fuer
Parkscheinautomaten nicht nur eine Anbringung im Fahrzeug,
sondern auch *am* Fahrzeug im Gesetzestext vorgesehen ist
(StVo $ 13 (1)).

Es ist jedoch zu beachten, dass bei Parkscheinautomaten
in Zonenhalteverboten die Anordnungen der Automaten gelten.
Vielleicht einfach mal an einem Automaten nachsehen,
was er so anordnet.

>  Falls ja, wie bringe ich den am Motorrad unter, 
Auf jeden Fall gut lesbar. (StVo $ 13 (1))
Frueher war es wohl nur gut sichtbar, da
haettest Du den Parkschein vielleicht noch
hinter dem Schweinwerferglas verwahren koennen :-)

> ohne dass ihn der naechte Parker hinter mir sich holt?
Wie ich Dich kenne, wuerde das ein solcher naechster Parker
kaum ueberleben.

> Wir haben an einer Stelle auch Motorrad-Plaetze. Bin ich verpflichtet,
> dann darauf zu parken, wenn ich in die Stadt will (die sind halt nicht
> unbedingt da, wo ich hinwill)?
Noe.
Das Zusatzschild "Nur fuer Motorraeder" oder ein entsprechendes
Sinnbild bedeutet in erster Linie ein Verbot fuer andere Fahrzeuge,
es stellt kein Gebot fuer Motorraeder dar.
Streng genommen gilt jedoch im Bereich eines solchen P-Schildes
ein Parkverbot auf der Fahrbahn (insbesondere auch fuer Autos!),
in der Praxis duerfte dies bei Motorradparkplaetzen aber nur
eine untergeordnete Rolle spielen.

Es kann uebrigens sein, dass solche Motorrad-Parkplaetze innerhalb von
Zonenhalteverboten mit Parkscheinautomaten kostenfrei sind.
Waehrend Parkscheibenanordnungen in Zonenhalteverboten grundsaetzlich 
nicht nur fuer die Fahrbahn gelten, sondern auch fuer Parkplaetze
innerhalb solcher Zonen, so kann bei Parkscheinautomen-Zonen
die Anbringung eines Zusatzschildes "nur mit Parkschein" an
Parkplaetzen, also auch an Motorradparkplaetzen, erforderlich sein.
($ 42 StVO (4) Zeichen 314 und 315):
  Das Zusatzschild "nur mit Parkschein"
  kennzeichnet den Geltungsbereich von 
  Parkscheinautomaten.

 
> Mich wuerde vor allem die rechtliche Situation interessieren.
> Wo erwartet
> mich ein Strafzettel und wo duerfen mir die Politessen nichts anhaben?
Auch wenn ich versucht habe, rein rechtliche Antworten zu geben,
die bei aller Muehe trotzdem ohne Gewaehr und unverbindlich
erfolgten, so ist die rechtliche Situation schwer einzuordnen.
Die Strassenverkehrsordnung hat eine zu sehr auf das Auto abgerichtete
Schreibart, Kommentare interpretieren zum Teil widerspruechlich
und Gerichte entscheiden immer wieder neu.

Deswegen kann zusaetzlich zum Gesagten der Hinweis sicher nicht
verkehrt sein, einmal bei der Polizei oder dem Ordnungsamt
nachzufragen.
In Kaiserslautern wuerde ich zwar nicht unbedingt mit einer
sachlich fundierten Antwort rechnen, aber da die
Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten im Ermessen der jeweiligen
Behoerde liegt ($47 OWiG (1)), kann ein spaeteres Berufen auf eine
vorher erteilte Auskunft sicherlich sehr hilfreich sein.
Ein auf Falschauskunft beruhender Verbotsirrtum sollte
Dir nicht angelastet werden koennen. 

-- 
Sylvio