From: Volker Bartheld, bartheld@afmp04.mppmu.mpg.de
Subject: Re: Krise!
Date: Fri, 14 Feb 1997 09:27:52 GMT
Organization: Max-Planck-Institut fuer Physik

Hi Raoul !

raoul@rrr.net (Raoul Donschachner) schrieb am Thu, 13 Feb 1997 13:35:43 +0100:

>Volker Bartheld  wrote:
>> Heike Schymiczeck wrote:
>> > [Kuss vom Transit]
>> Ausgang hast Du jedenfalls. Lass' den Transitfuzzi ordentlich bluten
>JA, mach die Sau fertig, in Deutschland leben nämlich nur total
>Superleute denen keine Fehler passieren, und wenn doch einer den
>Ansprüchen nicht genügt, macht ihn fetig, werft ihn aus dem Land, die
                                    ^^^^^ fettig ?!?     ;)
>Sau macht keinen Fehler mehr,nimm dir auch gleich einen Anwalt, weil
>Leute die ien Mopped umhauen sind ja nicht intelligent genug von Mensch
>zu Mensch zu sprechen, blafasel, kotz, rülps...

Hoppla. Mit dem falschen Fuss aufgestanden ?
Nur zur Klarstellung: Ich halte nichts von unnoetiger Geldverschwendung.
Ein Gutachter ist nicht erforderlich, wenn's ein Kostenvoranschlag der
Werkstatt auch tut. Der Anwalt ist unnoetig, wenn der / die Schdens-
verursacher klar sind. Die Polizei ist unnoetig, wenn keine Verdunk-
lungsgefahr / Fluchtgefahr oder Offizialdelikt vorliegen.

Es geht nicht darum, das Hoheit Volker mit ihrer XR nie niemals nicht
keine Fehler macht, sondern darum, auch fuer seine Fehler entsprechend
gerade zu stehen. Wertausgleich, Reparaturkosten und Porto gehoeren
neben einem Leihwagen/-motorrad (bzw. dem finanziellen Entgelt dafuer)
nun mal zu den Folgen des Unfalls.

Wuerdest Du, als Arbeitnehmer  krank geworden, zu Deinem Chef sagen:
"Neee, Du, lass' maaa. Ich will in meiner Krankenzeit freiwillig auf
Lohn verzichten !" ? Sicher, Raoul, das wuerdest Du.

Nebenbei: Derartige Reaktionen sind auf Gegenseitigkeit gewachsen.
Wenn jeder nur auf seinen Vorteil bedacht ist, hat's derjenige
extrem schwer, der sich irgendwelchen Jesusphantasien hingibt.

Nebenbei spreche ich aus Erfahrung. Von meiner letzten Dose habe ich
mich als Linksabbieger in einer Karlsfelder Kreuzung verabschieden
muessen. Nachdem der Gegenverkehr bei Rot angehalten hatte wurde ich
beim Abbiegen von einem LKW geknutscht, der es offensichtlich so eilig
hatte, dass ihn selbst einer rote Ampel nicht zum Bremsen bewegen
konnte. Von den ganzen 'Zeugen', die in ihren KFZs und zu Fuss herum-
standen, hatten sich alsbald 99% aus dem Staub gemacht, die anderen
sabberten etwas von 'Fuehrerscheinneulinge,... immer das selbe...' und
'...holt mal wer einen Krankenwagen...'. Ich hatte mir bei der Gelegen-
heit die rechte Schulter ausgekugelt, mein Beifahrer hatte etwas weniger
Glueck. Nachdem ihm die B-Saeule um etwa 50 cm 'entgegengekommen' war,
zeigten sich die Rippen seines Brustkorbs nachgiebig.

Unterm Strich musste ich meinen Spez'l selber rausziehen, den Sanka
holen. Zeugen gab's keine - ausser dem LKW-Fahrer, der selbstverstaendlich
nicht zu seinen Ungunsten aussagen wollte. Die Polizei fragte kurz, ob an
seinem Laster ein Schaden entstanden waere, darauf seine Antwort: "Nun ja,
Scheinwerfer muessten wohl eingestellt werden...". Mein DM 12'000,-- Golf
war Schrott (Banane, Rahmenschaden), mein Spez'l hatte einige gebrochene
Rippen und ich einige schmerzhafte Arztbesuche vor mir.

Nach einiger Zeit gab's Post vom Amtsgericht, ich haette mich wegen fahr-
laessiger Koerperverletzung und Verkehrsgefaehrdung zu verantworten (!).
Das Resultat waren einige Flensburger Punkte, die meinem damaligen Probe-
zeitfuererschein den Garaus machten. Erst im zweiten Anlauf konnte ich die
Verkehrsrichterung davon ueberzeugen, dass ich mit DM 11'000,-- schon genug
Strafe gezahlt haette. Die Punkte wurden erlassen, den Schein bekam ich
wieder, nur die DM 80,-- wegen 'Linksabbiegen, ohne entgegenkommendes Fahr-
zeug durchzulassen' blieben bestehen.

Ach ja: Zeugen, die ich per Zeitungsinserat suchte (zu diesem Zeitpunkt war
normaler Mittagsverkehr, an der Ampel standen zahlreiche Fussgaenger) traten
nicht in Erscheinung. Ich konnte weiterhin nicht beweisen, dass am Urteil was
faul war. Neben dem kleinen Schock hatte ich einige Jahre an den finanziellen
Folgen zu knabbern. Mit Auto war's ziemlich lange Essig (hatte ich mir vom
Munde abgespart) und zum Mopped reichte es erst letztes Jahr, da sich die
insgesamt entstandenen Schaeden (Anwalt, Gericht, Gutachter, Strafe, Klein-
kram) auf gut DM 15'000,-- subsummierten.

So, und jetzt erzaehl' mir bitte nichts von "Wir verzichten grosszuegig !".
In meiner Autofahrerkarriere hatte ich einige eingedrueckte Motorhauben,
zerschlagene Scheinwerfer, abgerissene Spiegel und verkratzte Tueren. Das
meinem Mopped noch nix zugestossen ist, grenz eigentlich an ein Wunder...
Ich bin also nicht gewillt, Nachsicht zu zeigen, Leuten gegenueber, denen
es offensichtlich an der noetigen Uebersicht im Strassenverkehr mangelt.
Ein kleiner Griff an die Geldboerse hat da schon immer Wunder gewirkt...

>Raoul, angewiedert

Darfst Du sein, wenn Du willst. Nur, bitte, verschliesse Deine Augen nicht
vor der Realitaet. Auch in Oesterreich fliegen / fahren nicht nur Engel
umeinander. Solltest Du an dem etwas forschen Ton des von Dir kritisierten
Postings Anstoss genommen haben... Ich dachte, in der d.r.m. wird Klar-
text gesprochen / geschrieben. Ich formuliere also etwas anders:

Liebe Heike, wahre die Dir vom Gesetzgeber gegebenen Moeglichkeiten, um
die Auslagen, die mit dem an Deinem Motorrad durch Fremdverursachen ent-
standenen Schaden verbunden sind, erstattet zu bekommen. Meine persoenliche
Anteilnahme sei Dir gewiss.

Besser ?

Ciao,
Volker [10 Jahre Auto, (fast) 2 Jahre Mopped, 200'000 / 15'000 km, un-
fallfrei (was selbstverursachte Unfaelle anbelangt)]

Volker Bartheld 
XR600R '94: "Ein Mann, ein Zylinder."