From: Uwe Jarczynski, rrr111@rrr.net
Subject: Nochmal Alpen
Date: Thu, 17 Oct 1996 16:14:06 GMT
Organization: denied

Hallo drm  !

Eigentlich wollte ich ja einen ausführlichen Bericht über meine
Alpentour Anfang Oktober schreiben. Da hier aber in letzter Zeit so
viele ausführliche Berichte zum Thema Alpen gepostet wurden, will ich
Euch nicht mit einer weiteren Aufzaehlung gefahrener Strassen und
Paesse langweilen.

Ein eher unangenehmes Erlebnis vom 2.Oktober muss ich aber doch noch
hier loswerden :-)

Nachdem ich mich morgens am Gardasee wegen heftigem Regen schon im
Zelt komplett (incl. Helm) anziehen musste und den ganzen Vormittag
durch mehr oder weniger kalten Regen in der Gegend Garda- Ledro-
Idrosee rumgefahren war, beschloss ich, im Norden der Alpen nach
besserem Wetter zu suchen. Irgendwann gegen 15 Uhr hab ich dann von
St. Leonhard den Jaufen in Angriff genommen.

Ab etwa 1800m ging der Regen dann langsam in Schnee ueber, der bei
heftigem Wind die Gegend schnell zu einer netten weissen Winter-
landschaft mutieren liess. Nach einiger Zeit fuhr ich dann ueber eine
duenne, aber geschlossene Schneedecke. Nicht weiter schlimm, wenn
nicht hinter einer Kurve eine Schneewehe gelauert haette, die meinen
Vorwärtsdrang beendete. Beim Anhalten hab ich die Kiste dann erst mal
auf die linke Seite gelegt, ist aber nichts kaputt gegangen. Bei der
Gelegenheit konnte ich mal wieder feststellen, dass das Aufheben einer
K 100 RS mit reichlich Gepaeck drauf besonders auf Schnee eine gute
Moeglichkeit ist, sich aufzuwaermen.

Als die Kiste wieder stand, hab ich mich erstmal umgeschaut,jedenfalls
soweit man schauen konnte. Und das war nicht weit, durch den fast
horizontal durch die Luft fliegenden Schnee war die Sichtweite auf 5 -
10 Meter beschraenkt.

Ich hab dann beschlossen, lieber umzudrehen und wieder zurueckzufahren
(beschlossen ist uebertrieben, bergauf gings fuer mich ja eh nicht
weiter). Das erste Stueck ging ganz gut, auch wenn der Metz ME 33
selbst als CompK im Schnee nur sehr mangelhafte Seitenfuehrungskrafte
aufbaut. Beim gaaanz vorsichtigen Verzögern vor einer Kurve hat mich
dann auch der Grip am Hinterrad verlassen, und wir haben (fast schon
stehend) einen schoenen Kreisel auf dem rechten Koffer gedreht, der
dadurch eine groessere Portion Duct-Tape vertragen konnte.

Waehrend ich die Kiste noch hochwuchte faellt mir auf, dass ich schon
seit einiger Zeit keine Dose mehr gesehen hatte - merkwuerdig. 
Ich bin dann erstmal zu Fuss um die Kurve gegangen, um zu sehen was
mich noch so alles erwarten koennte. Weil die Strasse an der Stelle
ziemlich steil und glatt war, habe ich dabei ausgiebig Gebrauch meiner
Protektoren gemacht.

Dummerweise hatte mich wohl der Schneeschauer bei der Auffahrt zum
Jaufen von hinten eingeholt, so dass die Strasse jetzt auch bergab
kilometerweit mit einer deftigen Neuschneedecke ueberzogen war.
Angesichts der Verkleidungspreise beschloss ich dann, das Motorrad
stehen zu lassen und mich zu Fuss zum naechsten Haus talwaerts
durchzuschlagen.

Unter kraefigen Fluechen bin ich etwa 20 Minuten durch den Sturm
gestapft, bevor ich zum ersten Mal wieder ein Motorgeraeusch hinter
mir hoerte - ein Jeep kam ueber den Pass ! Ich weiss zwar nicht, was
der Fahrer gedacht hat, als vor ihm aus dem Schneetreiben eine
behelmte, groesstenteils schneebedeckte Gestalt auftauchte, jedenfalls
hat er angehalten. Vielleicht dachte er auch, er koennte jetzt eine
Art Alpen-Yeti einfangen :-) Netterweise hat er mich sogar bis zu
einem Abschleppunternehmer in St.Leonhard gebracht.

Gegen einen kleinen Unkostenbeitrag von 295.000 Lire erklaerte der
Abschlepper sich bereit, mein Moped mit seinem allradgetriebenen
Kranwagen vom Jaufen zu holen. Also gleich wieder rauf auf den Berg
und rein in den Schnee. Nachdem wir unterwegs noch ein paar
querstehende Dosen aus dem Weg geraeumt hatten, kamen wir an die
Stelle, wo ich meine BMW vermutete. Die war inzwischen so zugeweht,
dass wir sie fast uebersehen haetten. Die Aktion, die BMW so
hinzustellen, dass sie an den Kran gehaengt werden konnte, hat wegen
der Wetter- und Boden verhaeltnisse auch noch mal ein paar Nerven
gekostet, aber irgendwann hats dann doch geklappt und wir sind
gemuetlich Richtung Tal gezockelt. 

Beim ersten offenen Gasthof haben wir zum aufwaermen erstmal einen
heftigen(!) Punsch genommen, der meine miese Stimmung nebenbei auch
noch deutlich beruhigen konnte.

Ende gut, Alles gut, um 19:15 war ich (um knapp 300 DM  aermer und
einen zerbroeselten Koffer reicher) wieder da, wo ich um 15:00 schon
mal war - in St. Leonhard.

Uwe

PS: Eigentlich muesste ich die diversen grossen Biere an dem Abend
    auch noch zu den Abschleppkosten rechnen :-)



-- 
Uwe Jarczynski                                       http://www.ruhr.de/home/uwe/

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