From: Klaus Vendt, caxkv@pki-nbg.philips.de
Subject: Einmal Sahara und zurück oder die Geschichte vom Schutzbrief
Date: 14 Mar 1996 14:45:31 GMT
Organization: Philips Communication Systems, Nuernberg, Germany


Alles begann mit der fixen Idee einmal mit dem Motorrad durch 
die Wüste zu fahren. Die Idee verfolgte mich seitdem ich Motorrad 
fahre und von Jahr zu Jahr hatte ich sie vor mir her geschoben. 
Einmal wurde sie verschoben weil ich keine Enduro hatte, das 
andere mal weil ich keine Mitfahrer fand. Letztendlich setzte 
ich mir das Limit! Bevor du 30 bist hast du es hinter dir! Und 
aufeinmal wurde es höchste Zeit, den im April lief mein Limit ab. 

Also buchte ich schnell entschlossen einen Platz bei einer orga-
nisierten Tour ( Fahrschule Jürgen Schulz, Drausnickstr. 30, 
91052 Erlangen; Tel.: 09131/501808) in Erlangen. Es war das 
erstemal in meinem Leben das ich einen organisierten Urlaub 
machen sollte. Meine Vorurteile gegen eine solche Reiseart waren 
erheblich und sollten sich im Laufe der Tour gänzlich ändern. 
Aber davon später. 
Die Reisebedingungen waren die folgenden:

- das Motorrad wurde von Erlangen aus mit dem LKW nach Djerba/
Tunesien gebracht
- die vermeintlichen Wüstenpiloten folgten ihren Maschinen eine 
Woche später mit dem Flugzeug
- eine Übernachtung im Luxushotel und dann der Umstieg auf das 
Zelt
- zehn Tage Schotterpisten und Sand (der gr. östl. Erg)
- ein Erholungstag im Luxushotel
- Rückflug
- der Rücktransport der Motorräder mit dem LKW

Und so brachen wir am 19.2.96 vom Flughafen Nürnberg nach Djerba 
in Tunesien auf. Als wir ankamen standen unserer Motorräder schon 
säuberlich aufgereiht am Hotel.

Am nächsten Tag sollte es dann los gehen. Für mich war allerdings 
schon nach 5 km die Tour fürs erste zu Ende. Meine BMW R 100 GS 
hatte einmal mehr ihre kleinen Macken (ach war mein alter Reis-
kocher doch zuverlässig!! ) und beglückte mich diesmal mit dem 
Totalausfall der Zündspule. Sie hatte es von jetzt auf gleich 
vorgezogen ihren Dienst zu quittieren. Kurzerhand brachten wir 
die Maschine zum Hotel zurück und nahmen Kontakt mit dem HDI auf, 
bei dem wir einen Auslandsschutzbrief abgeschlossen hatten. Jür-
gen Schulz leitete sofort alles notwendige ein und bekam 
versichert, daß das Ersatzteil in drei Tagen in Djerba im Hotel 
bereitliegen wird. Kurzerhand wurde die Route so umgestellt, daß 
er mich in drei Tagen nach Djerba bringen konnte, um dann mit 
dem frisch reparierten Motorrad wieder zu den anderen stoßen zu 
können. Bis dahin konnte ich die Tour im LKW mit fahren. Und da 
der LKW den Motorrädern auf Schritt und Tritt folgte (auch im 
Gelände), gestaltete sich das Erlebins LKW als sehr interessant. 
An dieser Stelle war ich schon recht froh, das ich nicht allein 
nach Afrika gefahren war.
Der so verkürzte erste Tag brachte uns dann doch noch bis hinter 
Chinine - weiß der Henker wie das Nest geschrieben wird - in die 
tunesischen Bergen. Dort fanden wir in einem traumhaften Tal 
einen Übernachtungsplatz der noch einen Vergleich sucht. Nun kam 
die Premiere von Jürgen und Alex - Alex unser Zweiradmechaniker, 
LKW Pilot und Koch - bezüglich der uns versprochenen Kochkünste. 
Die beiden stellten nicht nur an diesem, sondern auch an allen 
anderen Abenden unter Beweis, daß sie jedem Anspruch der Gruppe 
gerecht wurden.

Schon am zweiten Tag bat mir Horst an, als Sozius auf seiner BMW 
mitzufahren. Da konnte ich nicht wiederstehen und begab mich 
gleich für die nächsten zwei Tage auf die Rücksitzbank und machte 
nun einmal selber die Erfahrung des Sozius. Die folgenden zwei 
Tage schlängelten sich über Schotter durch die Berge bis hin nach 
Douz.

In Douz bezogen wir dann einen Campingplatz von dem aus wir wie-
der Kontakt mit dem HDI aufnahmen. Jürgen wollte eigentlich sich 
nur nochmal vergewissern, daß die Zündspule schon im Hotel lag, 
bevor wir uns auf den Weg machten. Und nun sollten wir uns noch 
schwer wundern über die Qualität des HDI Schutzbriefes. Den der 
Bearbeiter den Jürgen am Telefon hatte erklärte uns, daß die 
nächste billige Maschine ja sowieso erst nächste Woche fliegen 
würde. Na, da stutzt man doch nicht schlecht! Auf die Frage wann 
das Teil denn überhaupt ankommen könne, erhielten wir die Ant-
wort, daß vor Mittwoch nächste Woche nichts zu machen wäre. Na, 
danke lieber HDI, da ist mein Urlaub eigentlich schon fast zu 
Ende. Eins war klar, vom HDI konnten wir nichts mehr erwarten. 
Jürgen hat sofort in seiner Fahrschule angerufen und seine Sekre-
tärin gebeten bei verschiedenen BMW Händlern anzurufen und 
abzuklären wie lange es dauern würde, wenn wir die Spule mit 
einem Paketdienst nach Tunesien schaffen. Desweiteren sollte sie 
sich bei der Notrufnummer von BMW melden und dort fragen ob die 
Möglichkeit besteht uns von seiten BMW zu helfen. Leider ergab 
sich durch keine ihrer Bemühungen eine akzeptabel Lösung. Das 
Gespräch mit BMW allerdings, setzte der ganzen Geschichte noch 
die Krone auf. Man, und jetzt halten wir uns alle fest, lachte 
sie am Telefon aus. Ja, liebe Firma BMW, nicht nur das ihr den 
Qualitätsstandards der Japaner nicht entsprechen könnt; nein, 
ihr seit auch noch hochnäsig und arrogant. 

Nach diesen Aktionen stand für mich fest, daß ich in diesem 
Urlaub mein Moped nicht mehr zum laufen bringe. Ich zog es vor 
erstmal ein Bier in mich zu schütten und dann die Dusche aufzu-
suchen. Als ich wieder an mein Zelt kam, lag in meinem Schuh eine 
hagel-nagel-neue Zündspule. Ich dachte der Weihnachtsmann tritt 
mich. Jürgen hatte in meiner Abwesenheit in Douz eine Zündspule 
aufgetan. Er hat bis heute nicht verraten wo er sie her hatte 
aber wir vermuten das irgend ein Polizist wieder mit dem Kamel 
Streife fährt. Natürlich hatte das ganze ein paar Mark gekostet 
aber das war in dieser Situation völlig egal. Der Rest der 
Zündspulen-Story ist schnell erzählt. Wir haben am nächsten Tag 
mein Moped geholt und sind abends wieder zu den anderen gestoßen.

Mit dem 5 Tag und den teuflisch guten Funken meiner Spule ging 
es mit Mohamed, unserem arabischen Führer, drei Tage quer durch 
den Sand. Zusätzlich hatten wir noch Wegbegleiter bekommen, die 
wir in Douz auf dem Campingplatz getroffen hatten und die auch 
nach Ksah Gellane (auch hier weiß der Henker die Schreibweise 
nicht) wollten. Nach einem Gespräch mit Jürgen, der sich hier 
wie in seiner Westentasche auskennt, erkannten die zwei, daß eine 
Tour dorthin, mit Gepäck und ohne GPS, ein Himmelfahrtskommando 
ist. Kurzum, wir haben sie einfach mitgenommen.
Die erste Etappe bestand noch aus vielen ebenen Wüstenflächen 
und endete für die Übernachtung in einem Dünenfeld. Unser Zelt-
platz dort war herrlich zwischen Dünen gelegen und wir hatten 
die Möglichkeit von einer der uns umgebenden Sandberge den Son-
nenuntergang zu genießen. Diese Stimmung kann man kaum 
beschreiben. Es ist als wenn man in einer Unendlichkeit sitzt 
und seiner Winzigkeit gewahr wird. Das ganze wird dann noch mit 
dem Farbenzauber des Sonnenuntergangs gekrönt und raubt einem 
den letzten rationalen Nerv. Für mich war es auf jeden Fall ein 
wahnsinniges Erlebnis.
Der zweite Tag begann so sachte wie der erste aufgehört hatte. 
Das sollte sich aber schon vor der allmittäglichen Brotzeit 
ändern. Das erste große Dünenfeld lag vor uns. Wir holte alle 
nochmal Luft und erinnerten uns der Worte: "Denkt dran, wenn ihr 
über die Abrißkannte kommt, Hintern nach hinten und Gas.". Ich 
hatte Glück und fand Kamelspuren die durch das Feld führten und 
folgte ihnen. Für den der es noch nicht weiß! Diese Tiere finden 
hundertprozentig den sichersten und undramatischsten Weg durch 
die Sandhügel. Das Feld ließ ich ohne größere Probleme hinter 
mir und freute mich schon auf die noch kommenden. Nach der Mit-
tagspause ging es alsdann auch gleich mit Sand, der sich auf 
geisterhafte Weise zu Hügeln von 30-40 Meter höhe aufgetürmt 
hatte, weiter. Karl entwickelte sich immer mehr zu unserem 
Wüstenfloh. Er machte noch ein paar extra Runden, wenn die ande-
ren mit aufheben beschäftigt waren. Und trotzdem war er am Ende 
immer der erste. Ich hingegen fand an diesem Nachmittag meine 
persönlichen Grenzen was das Fahrerische und Körperliche angeht. 
Etwa zwei Kilometer vor unserem vermeintlichen Zeltplatz ging 
nichts mehr. Man kennt ja diese Situationen in denen man völlig 
fertig ist und sagt: " Ich kann nicht mehr. Keinen Meter weiter 
mehr.". Keine Angst, daß geht noch ein paarmal weiter aber 
irgendwann kommt der Moment da sagt man gar nichts mehr, denn es 
geht tatsächlich nichts mehr. Genau an diesem Punkt war ich ange-
kommen. Wolfgang, der mit mir unterwegs war, befand sich wohl 
auch irgendwo in diesem Stadium. Also nicht ganz allein! Jürgen 
kam zu uns und erklärte uns, daß es wirklich nur noch eine Kat-
zensprung bis zum dem Platz ist, wo wir übernachten wollten. 
Unter dem Schwur einer Runde Bier haben wir ihm dann geglaubt 
und setzten zum letzten Ritt an. Für mich stand nur noch die 
Richtung und die heiligen Worte fest: "A... nach hinten und Gas". 
So machte ich mich auf die letzten Meter und kam auch ohne wei-
teres Absteigen an das Ende des Dünenfeldes. Dieser Tag brachte 
mir eine Erfahrung über meine Grenzen, die ich in dieser Form 
noch nicht kannte. Der dritte Tag begann geruhsam mit einem Stück 
Pisted und endete ebenfalls mit einem Dünenfeld, das es in sich 
hatte. Die Dünen zwischen dem alten, verlassenen, französischen 
Fort und Ksah Gellane (..der Henker). Vom Fort aus war unser Ziel 
schon zu sehen und ich versuchte die beste Route ausfindig zu 
machen. Aber wie man es macht, macht man es falsch. Wir, Wolfgang 
und ich, entschieden uns für einen Weg der es ermöglichte eine 
beträchtliche Strecke durch die Dünentäler zu fahren und etwas 
mehr rechts lag. Der erste Kilometer ging uns dann auch locker 
und ohne Sturz von der Hand. Aber dann änderte der Sand seine 
Beschaffenheit dermaßen, daß wir alle 100 Meter feststeckten. 
Nach dem wir gemerkt hatten in welches Gebiet wir geraten waren, 
kam uns auch schon Karl der Wüstenfloh entgegen und berichtete 
uns von Mohamed, daß dieser meinte wir sollten auf garkeinen Fall 
hier fahren und sofort weiter nach links kommen. Ha! Leichter 
gesagt als ausgebuddelt. Letztendlich schafften wir es doch noch 
und kamen wohlauf in Ksah Gellane (der Henker zuckt mit den 
Schultern) an. Zu allem Überfluß hatte es an diesem Nachmittag 
auch noch geregnet. Man glaubte es kaum aber es hat in der Sand-
wüste geregnet. Ich war zwar total scharf darauf die Sandwüste 
kennen zu lernen, aber mit Regen hat ich sie mir nicht vorge-
stellt. Nun, man muß sich diesem Schauspiel nur bewußt  werden 
und man entdeckt die Einmaligkeit und verliert die Enttäuschung. 
Dafür haben wir nämlich die Wüste blühen sehen. Und diese Schau-
spiel ist unvorstellbar. Grenzenlos scheinende Flächen die mit 
blau-violetten-roten Blüten übersät sind und einen Duft verströ-
men der selbst beim Motorradfahren die Nase zum Helm raus treibt. 
Ein tolles Erlebnis!
Am Abend genossen wir dann die heißen Quellen von Ksah Gellane 
(das war die letzte Chance für den unwissenden Henker) und ent-
spannten uns von den letzten drei Tagen.

Am nächsten Tag ging es über die Piste in Richtung Schott Dsche-
rid. Wir machten Halt auf einem Campingplatz nahe der algerischen 
Grenze und bauten unsere noch nassen Zelte aufs neue auf. Das 
Wetter hatte sich gebessert und die Temperaturen kletterten über 
15°C.Den darauf folgenden Tag füllten wir mit einem Ausflug in 
die Bergoasen der Ausläufer des Atlas. Man findet dort eine Land-
schaft die atemberaubend ist. Karge Felsformationen die an die 
Bilder aus irgendwelchen Nationalparks aus Amerika erinnern und 
wie aus dem Nichts auftauchende Oasen. Grüne Flecken in einer 
bizarren Landschaft. Der Ausflug war alles in allem einer der 
absoluten Highlights der Tour.
Im Morgengrau sattelten wir wieder unsere Eisenkamele und star-
teten zu einer Tour rund um den Schott Dscherid. Die Piste 
führten uns am Rande des Salzsees entlang und näherte sich unsrem 
alten bekannten Ort Douz. Wer noch nie einen Salzsee gesehen hat 
ist beeindruckt. Ich weiß nicht so recht, wie man es beschreiben 
soll, aber es ist auf irgendeine Weise fantastisch. Dieses strah-
lende Weiß, dieser federnde Boden und die Gewißheit das man 
versinkt, wenn man vom Weg abkommt. Und so war der LKW auch schon 
mit einem Rad abgesoffen. Aber Alex meisterte auch diese Situa-
tion ohne einen Zweifel an seiner Person zulassen. Am Abend 
bezogen wir unser vorletztes, wildes Zeltgelage am Rande der 
Dünen und bekamen morgens die erste Bekanntschaft mit Skorpio-
nen. Tom hatte unter seinem Stiefel einen etwas frierenden 
Skorpion gefunden. Da sagten wir uns "Vorsicht ist die Mutter 
der Porzellankiste" und schüttelten alle unsere Stiefel bevor 
wir sie anzogen. An dieser Stelle muß ich ehrlich sein und beken-
nen, daß ich dies, trotz der Bestätigung durch Mohamed, der uns 
versicherte, daß bei dieser Schweinekälte kein Skorpion oder 
Schlangengetier die Nase raushalten würde, meine Stiefel immer 
kontrolliert hatte. Besser ist besser!
Von dieser Übernachtung aus starteten wir am Morgen über Garbes, 
wobei wir uns dort noch den sehr interessanten Gewürzmarkt 
anschauten, ans Meer, wo wir zum letzten mal unsere Zelte auf-
schlagen sollten und zum Schluß mit einem grandiosen 
Sonnenuntergang belohnt wurden.
Die letzten paar Meter bis zu unserem Hotel, wo wir uns das rest-
liche Wochenende erholen wollten, waren begleitet von immer 
besser werdendem Wetter. Letztendlich konnten wir die restlichen 
Tage zwischen Massage, Dampfbad und Sonne am Pool verbringen.

Die Tour war zu Ende und ich konnte auf zwei ereignisreiche 
Wochen, die mir persönlich sehr viel Spaß gemacht haben, zurück-
schauen. Zum einen war es eine super Gruppe die sich zu dieser 
Tour getroffen hatten und zum anderen eine geniale Reiseleitung 
durch Jürgen. Hier mußte ich meine Vorurteile gegenüber Pau-
schalreisen grundsätzlich überdenken und revidieren. Dabei bin 
ich zu dem Schluß gekommen, daß die Touren die Jürgen organi-
siert, weit weniger mit Pauschaltourismus zutun haben, als ich 
annahm. Denn eins ist gewiß, und wurde mir auch durch einen 
Bekannten bestätigt der einen Algerien Tour mit einem anderen 
Veranstalter gebucht hatte, daß ich mit meinem defekten Motorrad 
bei anderen Veranstaltern die zwei Wochen auf dem LKW zugebracht 
hätte. Von daher, nochmals Dank an Jürgen und sein 
Organisationstalent.

Das vorläufige Ende der Zündspulen-Tragödie sei auch noch kurz 
erwähnt. An unserem Abreisetag meldete sich doch tatsächlich 
noch der HDI und teilte uns mit, daß die Zündspule am Flughafen 
im Zoll läge und dort abgeholt werden müßte. Na, guten Morgen 
Herr HDI, wir wünschen wohl geruht zu haben. Interessant wird 
noch sein, was an Reaktion bzw. Rechnung von diesem allzu fähigen 
Versicherungshaus zu erwarten sein wird. Wir warten mit Spannung 
lieber HDI!


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Internet -> de.rec.motorrad
die Jungs vom Elefantentreffen
die Zeitschrift Tourenfahrer
die Zeitschrift Zweirad
div. Personen interesse angemeldet hatten

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